Seit Montag dieser Woche ist die fรผr den 17. bis 20. Mรคrz 2022 geplante Buchmesse Leipzig in den Fokus des รถffentlichen Interesses geraten, nur vielleicht anders, als von der Messegesellschaft erhofft. Seit einem LZ-Artikel zu den รœberlegungen des โ€žBรถrsenblattesโ€œ รผber gleich mehrere groรŸe Verlagshรคuser, die der Buchmesse 2022 ihre Standbeteiligung abgesagt haben, stand im Raum, dass es auch 2022 keine Buchmesse geben wird. Den Absagen von groรŸen Verlagen folgten Solidaritรคtserklรคrungen aus dem lokalen Verlagsumfeld. Doch nun ist es so weit: Die Messe gibt auf, die Bรผcherschau 2022 ist abgesagt. โ€žLeipzig liestโ€œ ebenfalls, gekaufte Tickets werden rรผckerstattet.

Drei Jahre ist es nun her, da fรผllte sich die groรŸe Kuppelhalle der Neuen Messe, flanierten junge Menschen in Manga-Kostรผmierungen รผbers Gelรคnde und schoben sich dichte Zuschauerstrรถme durch die verglasten รœbergangswege zwischen den Ausstellungshallen.Dann kam Corona und mit der Pandemie die Absagen. Auch 2022 spielt das Virus noch eine Rolle, sorgte im Vorfeld fรผr Verunsicherungen und dann fรผr die ersten Absagen groรŸer Verlage, darunter zuletzt Westermann, Carlsen, die Zeit, Cornelsen, Random House, Diogenes, Piper, Ullstein, Mรผnchner Verlagsgruppe und Reclam.

Da konnte man schon die Frage stellen, wer kommt รผberhaupt?

Bereits am gestrigen Dienstag war branchenintern von bis zu 70 Prozent Absagen die Rede, am Montag sagte das โ€žBรถrsenblattโ€œ die heutige Absage-Entscheidung als bereits definitiv sicher voraus. Offiziell wird behauptet, die Omikron-Welle verhindere, dass genรผgend Personal aufseiten der Verlage verfรผgbar sei, um die Buchmesse abzudecken.

Ehrlicher scheint die Erklรคrung, dass den grรถรŸeren Verlagen trotz 50-prozentiger Standmietenreduktion das Kostenrisiko zu hoch ist, da trotz Bestรคtigung durch Staatsministerin Petra Kรถpping (SPD), es gebe keine staatliche Corona-Begrenzung der zugelassenen Besucherzahlen, das Vertrauen in die Besucherzahlen fehlt.

Doch selbst diese Erklรคrung scheint nicht abschlieรŸend zu greifen: Immerhin wollen viele Verlage dennoch Autoren nach Leipzig zu โ€žLeipzig liestโ€œ senden, auch hier fallen Kosten fรผr die Verlage fรผr Saalmieten und Autor/-innen-Honorare an. Zumindest spart man sich so jedoch die Standmiete, Personal- und Aufbaukosten fรผr die eigenen Stรคnde auf dem Messegelรคnde.

Als problematisch galt und gilt die Entscheidung der Messeleitung um Oliver Zille, die Buchmesse nicht weiter ins Jahr 2022 hineinzuverlegen, um der Omikron-Welle aus dem Weg zu gehen. Oder frรผhzeitig auf eine Umorganisation des fรผr Leipzig als Stadt wichtigen Lesefestes โ€žLeipzig liestโ€œ zu setzen โ€“ Vorbilder gab und gibt es, wie beispielsweise das Honky-Tonk mit seinem Bรคndchen-System.

Angesichts solcher Entwicklungen halfen auch Solidaritรคtsadressen von den lokalen, kleineren Verlagen wie die in Leipzig ansรคssige Kurt Wolff Stiftung wenig.

Man halte an den โ€žPlรคnen fรผr die im Mรคrz stattfindende Leipziger Buchmesse festโ€œ, hieรŸ es noch gestern auf der Seite der Stiftung, auch wรผrde man mit einem โ€žeigenen Stand prรคsentโ€œ sein. Die geplanten Lesungen im โ€žWestflรผgelโ€œ wรผrden stattfinden.

Alles abgesagt

Nun sagt die Buchmesse-Leitung am heutigen 9. Februar 2022, wie vom โ€žBรถrsenblattโ€œ am Montag vorausgesagt, nach Rรผcksprache mit dem Beirat alles ab: Buchmesse, โ€žLeipzig liestโ€œ, die โ€žManga Comicโ€œ und die Antiquariatsmesse.

Die Kurzbegrรผndung lautet: โ€žZahlreiche Absagen von Aussteller/-innen innerhalb der vergangenen Tage fรผhrten dazu, dass die erwartete Qualitรคt und inhaltliche Breite einer solchen groรŸen Publikumsmesse nicht mehr gewรคhrleistet ist.โ€œ Die nรคchste โ€žLeipziger Buchmesseโ€œ soll nun vom 23 bis 26. Mรคrz 2023 stattfinden.

Angesichts des letztlichen Komplettversagens der Organisation in diesem Jahr eine eher fragliche Verkรผndung.

Nur die Preisverleihung bleibt

Offenbar hat man auch in den vergangenen Wochen und Monaten keine Anstrengungen unternommen, Alternativen wie ein rein digitales Format zu planen. Denn die Absage ist so vollstรคndig, dass nur der Preis der Buchmesse รผbrig geblieben ist. โ€žAufgrund der kurzen Vorlaufzeit wird in diesem Jahr kein digitales Alternativprogramm umgesetztโ€œ, so die kurze Erklรคrung zur verpassten Parallelplanung seit Oktober 2021, dem Zeitpunkt der Frankfurter Buchmesse.

In einer ersten offiziellen Mitteilung heiรŸt es weiter: โ€žDie Absage der Leipziger Buchmesse ist ein schwerer Schlag fรผr die Branche. Die Messe wรคre fรผr das Buch und alle, die dafรผr und davon leben, sehr wichtig gewesen. Jetzt fehlt den Verlagen und ihren Autor/-innen einmal mehr jene so langersehnte Bรผhneโ€œ, so Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Bรถrsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Vor allem ist die Absage ein schwerer Schlag fรผr Leipzig, vor allem, da die Messeleitung auch die Koordination von โ€žLeipzig liestโ€œ aufgegeben hat. Nach LZ-Informationen sind einige Veranstaltungsorte jedoch in der Zeit vom 17. bis 20. Mรคrz 2022 bereits mit Terminen durch Verlage und Buchhandelsketten belegt worden. Was nun aus diesen wird, ist derzeit offen.

Allein das Virus ist schuld?

Die einzige Erklรคrung ist und bleibt das Virus: โ€žDie letzten Tage haben gezeigt, dass sich viele Verlage durch die Unplanbarkeit der Omikron-Variante dennoch auรŸerstande sehen, eine feste Zusage zu geben. Wir danken all jenen Verlagen, die den Umstรคnden zum Trotz zur Messe gekommen wรคren und haben zugleich Verstรคndnis fรผr alle, die sich dagegen entschieden haben. Mein groรŸer Dank gilt auรŸerdem der Politik, die das Stattfinden der Messe mรถglich gemacht hรคtte sowie Oliver Zille und seinem engagierten Team. Wir teilen die Enttรคuschung aller Buchmenschen und freuen uns darauf, im Frรผhjahr 2023 endlich wieder in Leipzig zusammenzukommen.โ€œ

Ausgewรคhlte Preisverleihungen wie der Leipziger Buchpreis zur Europรคischen Verstรคndigung am 16. Mรคrz sowie der Preis der Leipziger Buchmesse am 17. Mรคrz finden statt und werden gestreamt. Auch hierzu hat man noch keine Terminierung gefunden, denn die Details wรผrden โ€žzeitnah bekannt gegebenโ€œ.

Die Eintrittskarten, welche Besucher bereits erworben haben, werden zur Stunde nicht erwรคhnt โ€“ doch es ist angesichts der vollstรคndigen Einstellung der Messe in diesem Jahr klar, dass man diese zurรผckgeben kann und sein Geld erhรคlt.

Was natรผrlich auch einen Blick auf die Folgen des bisherigen Ablaufes gestattet: Ein rund 30-kรถpfiges Team der Buchmesse wurde ein weiteres Jahr finanziert, dieses Mal ohne Ergebnis. Die Messe-Anteilseigner Freistaat Sachsen und Stadt Leipzig (50:50) blicken gemeinsam mit den Leipziger/-innen also auf ein Nullergebnis bei vollen Kosten.

Weitere Infos auf der Seite der Leipziger Buchmesse

Nachtrag d. Red.: Auf der Seite finden sich nun auch Hinweise zur Ticket-Rรผckerstattung. Da heiรŸt es โ€žAlle Kund/-innen, die ihr Ticket online รผber unseren Ticketshop erworben haben, erhalten selbstverstรคndlich ihr Geld zurรผck. Wichtig: Sie mรผssen sich dafรผr nicht aktiv an uns wenden. Wir sind gerade dabei, sรคmtliche Bestellungen zu stornieren, sodass alle Kund/-innen ihr Geld zurรผckerhalten. Wir bitten Sie hier um etwas Geduld. Fรผr Rรผckfragen wenden Sie sich bitte an tickets@leipziger-messe.deโ€œ

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