Ein kluger Unternehmer ist der Freistaat Sachsen nicht. Seine Staatsunternehmen schreiben rote Zahlen. Aus verschiedenen Gründen. Aber wenigstens bei zweien wird deutlich, wie fatal der Glaube der Regierung – insbesondere im Finanzministerium – ist, man könne den Klimawandel einfach ignorieren. Nicht nur der Flughafen Leipzig/Halle ist so ein fossiles Projekt, auch die Staatshäfen an der Elbe gehören dazu.
Und im Sächsischen Rechnungshof weiß man ziemlich genau, wer hier Staatsunternehmer spielt. Denn die „Betätigung des Freistaates Sachsen bei der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH und deren Tochterunternehmen Česko-Saske-Pristavy s. r. o. und Industriehafen Roßlau GmbH“ findet im Finanzministerium statt.Wie schizophren im Finanzministerium über den Wassertransport auf der Elbe gedacht wird, macht die Stellungnahme des Ministeriums zur Kritik des Rechnungshofes (im Jahresbericht ab Seite 187) deutlich.
Einerseits stellt man dort fest: „Darüber hinaus wird vom SMF darauf verwiesen, dass die Schifffahrtsbedingungen vom Wasserdargebot abhänge. Langfristige Auswertungen würden einen signifikanten Trend zu höheren Niedrigwasserabflüssen an der Elbe belegen. Dies sei durch die ausgleichende Wirkung der Stauanlagen und Talsperren im Oberlauf der Elbe und in deren Zuflüssen zu erklären“, was natürlich Unfug ist.
Das war einmal. In Zeiten, als es noch keine anhaltende Trockenheit in Mitteleuropa gab und die Elbe über Monate nicht mehr befahrbar war, weil von einem nötigen Wasserdargebot keine Rede sein konnte. Man hat das irgendwie auch mitbekommen im Dresdner Ministerium, dass der Klimawandel auch um Sachsen keinen Bogen gemacht hat: „Seit 1990 gäbe es jedoch eine Tendenz zu geringen Niedrigwasserabflüssen. Es werde davon ausgegangen, dass die veränderte Wasserbewirtschaftung u. a. durch Flutung der ehemaligen Braunkohletagebaugebiete im Elbeeinzugsgebiet tendenziell zu geringeren Niedrigwasserabflüssen führe.“
Und was folgert das Finanzministerium daraus? – „Für die künftige Ausrichtung des Flussraumes werde derzeit mit dem Bund sowie den beteiligten Bundesländern ein Gesamtkonzept Elbe erarbeitet, welches auf die Sicherstellung der dauerhaften Nutzung des Flusses ziele. Es werde angestrebt, den Verkehrsweg mit möglichst geringem Unterhaltungsaufwand und unter Ausschluss von weiteren Staustufen, der Schifffahrt stabile und zuverlässige Bedingungen zu gewährleisten.“
Ein Vorhaben, das auf ganzer Linie scheitern wird. Denn die Niedrigwasser haben wenig bis nichts mit Stauseen und Tagebauen zu tun, sondern sind Folge drastisch gesunkener Niederschläge im ganzen Elberaum. Das heißt: Eine wegen Niedrigwasser bedingte Einstellung der Schifffahrt wie in den letzten Jahren wird in der Zukunft immer häufiger passieren. Was gerade großen Massetransporten auf der Elbe die wirtschaftliche Grundlage entzieht.
Das Ergebnis, wie der Rechnungshof feststellt, ähnelt verblüffend den Wirtschaftsergebnissen der beiden sächsischen Flughäfen: „Die SBO ist auf absehbare Zeit auf Zuführungen des Freistaates angewiesen. Eine nachhaltige Verbesserung der betriebswirtschaftlichen Situation des Unternehmens konnte nicht erreicht werden.“
Das heißt: Der sächsische Steuerzahler hält mit seinen Steuergroschen zwei Unternehmen über Wasser, die ohne staatliche Zuschüsse nicht überlebensfähig wären. Wobei die Elbehäfen ja längst schon in der Umstrukturierung sind. Der Wasserfrachttransport ist eigentlich nur noch ein kostenintensives Anhängsel, das den Glauben am Leben erhält, man könnte mit Transporten auf der Elbe künftig noch einmal Geld verdienen. Die Häfen selbst sind eher zu Umschlagplätzen geworden, wo Güter von Lkw auf die Schiene und umgekehrt verladen werden.
Das wäre auch die einzig belastbare Zukunftsvision für die SBO, stellt der Meißner Landtagsabgeordnete Thomas Löser fest.
Die Sächsische Binnenhäfen Oberelbe GmbH sprach bei ihrer im vergangenen Jahr vorgestellten Bilanz für 2019 mit Blick auf den Güterumschlag tatsächlich von einem Rekordjahr. Mittlerweile wurde der Jahresabschluss 2019 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass der hohe Gesamtumschlag weniger auf den Güterumschlag von und auf Schiffe, sondern vielmehr auf erhebliche Steigerungsraten beim Güterumschlag von und auf Bahn und Lkw zurückzuführen ist.
„Die SBO hat 2019 mit einem Fehlbetrag von etwa 575.000 Euro das zweitschlechteste Finanzergebnis der vergangenen zehn Jahre erwirtschaftet“, kommentiert das Thomas Löser, in der Landtagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen für den Landkreis Meißen zuständiger Abgeordneter. „Seit 1992 ist der Fehlbetrag auf 16,5 Millionen Euro angewachsen. Das passt in meinen Augen nicht zu den Erfolgsmeldungen der SBO. Ein gesundes, wettbewerbsfähiges und zukunftsorientiertes Unternehmen sieht anders aus. Erfolg wird nicht nur über Umschlagmengen, sondern auch über erzielte Gewinne oder Verluste definiert. Denn für Letztere müssen im Falle eines Staatsbetriebes auch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler einspringen.“
Mit Blick auf die jetzt veröffentlichten Zahlen sieht Löser auch den geplanten Ausbau des Hafens in Riesa kritisch: „Das Jahr 2019 war aufgrund der geringen Befahrbarkeit der Elbe ein äußerst schlechtes Jahr für die Elbeschifffahrt. Der Anteil des Schiffsverkehrs am Gesamtumschlag der SBO lag bei gerade einmal 2,9 Prozent. Es war mit Blick auf die nahe Vergangenheit aber auch kein besonders ungewöhnliches Jahr. Schon 2018 lag der Anteil des Schiffsverkehrs am Güterumschlag der gesamten SBO bei nur 4,4 Prozent. Diese Entwicklung ist auch am Hafen Riesa deutlich spürbar. Im Risikobericht der Jahresrechnung wird deshalb auch eine entsprechende Warnung formuliert: ,Es besteht die Gefahr, dass sich diese Entwicklung wiederholt und damit eine dauerhafte Verknappung des Schiffsraumes auf der Elbe bewirkt.‘“
Denn natürlich motten Unternehmen, deren Schiffe sich nicht mehr rechnen, weil monatelang keine Schifffahrt möglich ist, ihre Schiffe irgendwann ein oder lassen sie gleich verschrotten, weil das auf der Elbe perspektivisch ein normaler Zustand sein wird. Die Elbe hört in weiten Teilen schlichtweg auf, ein verlässlicher Wassertransportweg zu sein.
„Angesichts der kritischen Zukunftsprognosen zur Schiffbarkeit der Elbe, den in den vergangenen Jahren eingefahren Verlusten und der eingesetzten Fördermittel ist es nur legitim, den geplanten Ausbau des Riesaer Hafens und die damit verbundenen Investitionen immer wieder kritisch zu hinterfragen“, sagt Löser.
„Zumal fertig sanierte Elbehäfen wie in Torgau oder Mühlberg kaum genutzt werden. Im Koalitionsvertrag (Abschnitt Elbe, Seite 54) ist zudem eindeutig festgehalten, dass Investitionen in Häfen auf ihre Wirtschaftlichkeit, ihre ökologischen Auswirkungen und mögliche Alternativen geprüft werden müssen. Der Koalitionsvertrag ist für uns Bündnisgrünen der Leitfaden für derart schwerwiegende Entscheidungen zur Zukunft Sachsens.”
Dumm nur, dass die Elbehäfen weder in einem grünen noch in einem SPD-Ministerium verantwortet werden, sondern – wie das gesamte sächsische „Tafelsilber“ – im CDU-verantwortenden Finanzministerium, wo man schon im Umgang mit der Staatlichen Porzellanmanufaktur gezeigt hat, dass man nicht wirklich viel weiß über Unternehmertum.
„Wir brauchen jetzt nicht nur eine offene Diskussion zur Erweiterung des Riesaer Hafens, sondern auch zur Zukunftsstrategie und weiteren wirtschaftlichen Ausrichtung der SBO insgesamt”, findet Löser. „Das hat in der Vergangenheit auch der Sächsische Rechnungshof angemahnt.“
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