Was sich bereits im Laufe des Tages anbahnte, wird durch eine Pressemitteilung der sรคchsischen Industrie- und Handelskammern zu den neuen Corona-MaรŸnahmen Gewissheit. Die Gastronomien und Tourismusunternehmen fรผhlen sich ungerecht behandelt, die โ€žVerhรคltnismรครŸigkeit ist nicht gewahrtโ€œ, so die IHK Leipzig, Dresden und Chemnitz in einer gemeinsamen Erklรคrung. Fรผr einen Monat sollen alle Kneipen, Bars und Restaurants, aber auch Freizeit,- Tourismus,- und Veranstaltungsstรคtten ab 2. November 2020 schlieรŸen. Erste Klageandrohungen dagegen waren bereits vereinzelt schon vor den Beschlรผssen vom heutigen 28. Oktober zu hรถren, die IHKs warnen nun vor steigenden Insolvenzzahlen.

โ€žMit groรŸem Erschrecken nehmen die sรคchsischen Industrie- und Handelskammern die Beschlรผsse aus den Verhandlungen zu den Covid-19-Einschrรคnkungen auf, die sehr kurzfristig gelten sollenโ€œ, heiรŸt es in der heutigen Erklรคrung. Man befรผrchte, dass gerade die SchlieรŸungen der Gastronomien und Freizeitmรถglichkeiten dazu fรผhren kรถnnen, dass sich noch stรคrker als bisher Feiern und Treffen in den privaten Bereich und da in geschlossene und schlecht kontrollierbare Rรคume verlagern.

Jene Feiern also, die auch das Robert-Koch-Institut (RKI) bisher als eine maรŸgebliche Gefahr fรผr das Infektionsgeschehen gesehen habe, weniger das Geschehen in Einrichtungen mit (eingehaltenen) Hygienekonzepten. Hinzu kamen zumindest in Leipzig in den letzten Tagen eher vermehrte Fรคlle in jenen Bereichen, wo viele Menschen zusammenleben (mรผssen), wie beispielsweise Seniorenheimen und Asylunterbringungen.

Eile gegen Stufenplan

Hans-Joachim Wunderlich, Hauptgeschรคftsfรผhrer der IHK Chemnitz und Sprecher der sรคchsischen IHKs, sieht das Pferd sozusagen von hinten aufgezรคumt: โ€žUm die wirtschaftlichen Auswirkungen zu begrenzen, mรผssen weitere Einschrรคnkungen zuallererst konsequent auf die bekannten Infektionsherde zielen. Erst bei mangelndem Erfolg dieser MaรŸnahmen kann รผber weitere wirtschaftliche Beschrรคnkungen und SchlieรŸungen diskutiert werden, welche vom Staat dann mรถglichst bรผrokratiearm kompensiert werden mรผssen.โ€œ.

Dem kann man jedoch auch einiges entgegenhalten. Die MaรŸnahmen der Bundesregierung und der Lรคnder weisen darauf hin, dass wohl Eile geboten ist. Der Katalog sieht eher aus wie ein Breitband-Antibiotikum statt eines Wadenwickels, es scheint keine Zeit mehr fรผr Stufenplรคne angesichts der steigenden Zahlen zu geben. Auch im Vergleich der weiteren MaรŸnahmen, welche die Menschen auf Kontakte in der Freizeit mit dem eigenen Hausstand zurรผckwerfen, sehen die SchlieรŸungen nicht zwingend unverhรคltnismรครŸig aus.

Und ob man wirklich jedem Gastronomen vertraut, blieb heute in der Pressekonferenz offen โ€“ doch nicht alle halten sich menschlich verstehbar immer und so mustergรผltig an die eigenen Hygienekonzepte, wie es in der Theorie vorgesehen ist. Ein MaรŸnahmenpaket des Bundes und der Lรคnder trifft hier also auch auf die Frage, ob auch beispielsweise Szenekneipen die schรคrferen Vorgaben รผberhaupt einhalten kรถnnten, wenn sie sich angesichts geschlossener Theater doch deutlicher fรผllen sollten.

Hinzu kommt die Unterstรผtzung, welche der Bund mit 10 Milliarden Euro fรผr Gastronomien, aber auch Soloselbststรคndige und die Eventbranche bereitstellt und bei der von dieser aktuellen SchlieรŸung betroffenen Unternehmen 75 Prozent des so entgangenen Umsatzes vom November 2019 erstattet bekommen sollen.

Angesichts der Tatsache, dass sich in Shutdown-Zeiten die Gรคste schon von sich aus rar machen, fรผr manchen Freizeitpark-, Gastronomie- oder Konzerthausbetreiber vielleicht sogar mehr, als er in einem โ€žCorona-Novemberโ€œ 2020 mit gedrittelten Gastzahlen laut eigenem Hygienekonzept und ausgestorbener Innenstรคdte wirklich umsetzen kรถnnte.

Langsame Erholung wird zerstรถrt, Substanz verbraucht

Richtig ist so oder so, dass der einmonatige Break nun vieles auch an im August bis September langsam zurรผckgekehrtem Vertrauen und Umsatz erst einmal wieder nimmt, wie auch die IHKs betonen. โ€žDen aktuell angekรผndigten Teil-Lockdown verkraften viele kontaktintensive Dienstleistungsbereiche angesichts anhaltender UmsatzeinbuรŸen nicht. So gab beispielsweise bereits im September โ€“ vor dem starken Anstieg der Infektionen in Sachsen โ€“ jedes siebente sรคchsische IHK-Unternehmen im Tourismus- und Gastronomiebereich trotz der staatlicher Unterstรผtzungsprogramme an, von einer Insolvenz bedroht zu sein.โ€œ

Obwohl auch sie einrรคumen mรผssen, dass auch da die MaรŸnahmen allein kaum schuld sein kรถnnen, wenn sie schreiben: โ€žDie im Frรผhjahr nach dem Ende des Lockdowns startende wirtschaftliche Erholung wurde bereits im 4. Quartal durch die steigenden Infektionszahlen abrupt ausgebremst.โ€œ

Weit schwieriger sind die Langzeitwirkungen in den einzelnen Unternehmen. Denn, so die IHKs abschlieรŸend: โ€žIn der Gesamtwirtschaft verzeichnet jedes fรผnfte Unternehmen Liquiditรคtsengpรคsse und jedes dritte einen Rรผckgang an Eigenkapital.โ€œ

Mit anderen Worten: Die Liquiditรคtsengpรคsse kรถnnen die 10 Milliarden Euro vielleicht lindern. Doch der Substanzverlust in den mittelstรคndischen Unternehmen wird die eigentliche Hypothek beim Neustart nach der Krise werden. Und dafรผr ist die Lรถsung offen, Kredite allein werden da nicht helfen.

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Es gibt 7 Kommentare

Also nach dem gestrigen massiven Wegschauen der Ordnungskrรคfte bezรผglich der Verstรถsse gegen die Corona-Schutzverordnung, kann eigentlich kein verantwortlicher sรคchsischer Politiker die SchlieรŸung irgendeiner Einrichtung wegen Infektionsschutz glaubhaft verkรผnden.

โ€œAber prekรคre Onlinemedien sind nun mal weder ein sozialer Treffpunktโ€ฆโ€ Na Sie mรผssen es ja wissen, so oft wie Sie hier kommentieren. ;0)

Aber SpaรŸ beiseite: Ich weiรŸ nicht wo Sie Jubelrufe sehen, und nicht alle โ€œstattlichen Eingriffeโ€ sind schlecht. Es gibt nun wirklich genug Kritikpunkte, aber auf die Eigenverantwortung und Rรผcksichtnahme der Menschen zu setzen hat ja schon beim letzten Mal nichts gebracht. Kindern sagt man da immer: wer nicht hรถren will muss fรผhlen.

Staatliche Eingriffe lรถsen bei sozialistischen Medien Jubelrufe aus.
Kรถnnte man nicht auch etwas von den von Scholz und Altmeier ausgelobten Beruhigunsggeldern abgreifen?
Aber prekรคre Onlinemedien sind nun mal weder ein sozialer Treffpunkt, noch irgendwie โ€œsystemrelevantโ€.
Die werden nicht gelockdowned, da sie niemanden wirklich interessieren. Auch die erhoffte GEZ fรผr Nicht-Staatsmedien wรผrde sicherlich woanders landen.
Ein Trauerspiel.

@Axel: Danke fรผr die Eindrรผcke. Das meinte ich mit der Einschrรคnkung, ob โ€“ unter sicher vielen Bemรผhten โ€“ nicht eben auch manche sind, die in der Theorie ein Hygienekonzept erstellt und es dann in der Praxis stark gelockert haben. Aber seien wir ehrlich: Stรผck um Stรผck haben wir alle wieder ein wenig โ€œlosgelassenโ€, weshalb ich aktuell der Meinung (die nicht in den Artikel gehรถrte ๐Ÿ˜‰ bin, dass es dann halt wieder kurzzeitig, aber mit dem โ€œbreiten Schwertโ€ sein muss.

Besser, als jetzt zuzuschauen, wohl allemal. Das Problem mit den privaten Feiern bleibt. Denn natรผrlich sind wir Menschen zuerst einmal soziale Wesen โ€ฆ

Vorab: Ich komme selber aus der Gastronomie, arbeite aber schon lรคnger nicht mehr dort und vielleicht ist mein Blick dadurch ein anderer.
Grundsรคtzlich kann man zu den heute verabschiedeten MaรŸnahmen seine eigenen Gedanken haben. Auch ich gehe nicht mit allen Punkten konform, meist aus logischen Grรผnden. Aber das ist ein anderes Thema.
Die Gastronomie hat es sicherlich mit am Schwersten gehabt und hat viel Zeit, Geld und Hirnschmalz in meist vernรผnftige Konzepte gesteckt. Aus meinen Erfahrungen der letzten 6 Monaten kรถnnen die Hotels (inkl. Frรผhstรผcksbuffet) am Wenigsten dafรผr, deshalb mรถchte ich hier nur verkรผrzt auf die reinen Restaurants/Bars eingehen und zum Rest kann ich aufgrund fehlender Besuche nichts sagen.
Ich musste das letzte Mal Ende Mai in einer Gaststรคtte รผberhaupt meine Kontaktdaten angeben. Nicht nur 1x wurde ich vom Personal โ€œangemachtโ€ doch meine Maske (auf dem Weg vom/zum Tisch od. Buffet) abzunehmen . . sowas โ€œbrรคuchte man hier nichtโ€. Das Personal lief teilweise mit Kinnwรคrmern, nutzlosen Faceshields oder komplett ohne Schutz rum. Manch Abstรคnde zw. den Tischen waren grenzwertig usw.. Ich rede hier von verschiedenen Bundeslรคndern und Lokalen unterschiedlichen Anspruchs.

Nicht nur 1x waren Gaststรคtten, Feiern in Restaurants und โ€“ wo bereits offen โ€“ auf Bars/Clubs Startpunkte von heftigen Ausbrรผchen. Was erwartet die IHK da denn??? Man wird sich sicherlich nicht von Seiten der Verantwortlichen auf Diskussionen einlassen, wer in der Gastro gut oder bรถse ist und somit heiรŸt es konsequent โ€œalle!โ€. Finde ich jetzt auch eher mit der groben Kelle ausgefรผhrt und die Konsequenzen kรถnnen wir uns wahrscheinlich noch gar nicht komplett vorstellen, aber was wรคre denn die Alternative gewesen? Es tut mir leid fรผr die vielen Mitarbeiter & Pรคchter die alles Mรถgliche getan und auf die H-Vorgaben geachtet haben, aber wie auch beim Rest der Bevรถlkerung tragen am Ende alle die Konsequenzen fรผr ein paar nicht-Interessierte.

Und klar, der GroรŸteil wird sich nun (unkontrollierbar) in private Wohnungen verlagernโ€ฆ.

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