Dass OBM Burkhard Jung sich am 5. Juli so vorsichtig ausdrückte, als es um mögliche Verträge mit der LEAG über das Jahr 2022 hinaus ging, hat auch damit zu tun, dass er nicht weiß, wie die LEAG, die den Block in Lippendorf betreibt, aus dem Leipzig seine Fernwärme bezieht, sich vereinbaren wird. Es ist auch die irrlichternde sächsische Kohlepolitik, die ihm hier Unsicherheiten beschert.
Denn die Staatsregierung spielt ja ein völlig anderes Spiel, hat überhaupt keine Pläne für den Ausstieg aus der Kohle und tut noch immer so, als würden sämtliche Kohlemeiler bis 2038 am Netz bleiben, also auch noch neue Kohlefelder erschlossen und weitere Dörfer abgebaggert. Und auf diesen Beistand greift auch die LEAG zurück, nicht nur wenn es um die Abbaggerpläne für das Lausitzdorf Mühlrose geht, sondern auch beim Kraftwerk Lippendorf. Dort gehört dem eigentlich in der Lausitz heimischen Bergbaukonzern der Block R. Der andere, Block S, gehört dem Energieriesen EnBW, der seinen Block freilich vorübergehend stillgelegt hat. Aus wirtschaftlichen Gründen.
Die Frage steht natürlich im Raum: Kann dasselbe auch dem LEAG-Block passieren, wenn Leipzig wie beschlossen im September 2022 seinen Fernwärmeliefervertrag kündigt?
Könnte passieren. Das deutete zumindest die Wortmeldung der LEAG nach dem Pressetermin vom 5. Juli an.
„Wir bedauern, dass die Leipziger Stadtwerke die langjährige zuverlässige Partnerschaft beenden will – trotz unserer Gesprächsbereitschaft und den Alternativ-Angeboten zur Fortführung der Fernwärmelieferung mit geringerem Kohleanteil“, sagte Hubertus Altmann, Vorstand für das Ressort Kraftwerke bei der LEAG, in einer ersten Reaktion am Freitag, 5. Juli. Und dann wählte er ganz große Worte: „Das ist weder ein Beitrag zum Klimaschutz noch zur Förderung von Wertschöpfungsträgern der Region.“
Da haben wahrscheinlich die LEAG-Sachverständigen völlig andere Vorstellungen vom Klimaschutz als selbst die deutsche Kohlekommission, von sachkundigen Wissenschaftlern ganz zu schweigen. Die sogar davon ausgehen, dass das Zeitfenster, in dem die Menschheit aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe aussteigen muss, tatsächlich nur noch fünf bis maximal neun Jahre beträgt.
Es ist ja nicht so, dass die LEAG angeboten hätte, statt des Kohlekraftwerks einen modernen alternativen Energiepark mit Wind, Solar und Wasserstoffspeicherung zu bauen. Man wollte doch lieber gern weiter in der Kohleverbrennung bleiben oder, wenn Leipzig partout ein Gaskraftwerk haben wollte, selbst eins bauen, und zwar in Lippendorf. Das war der LEAG-Vorschlag.
Der sich aber nicht mit dem Wunsch des Leipziger Stadtrats verträgt, die Stadt bei der Fernwärmeversorgung autark zu machen, also unabhängig von den großen Kraftwerksbetreibern.
Dass Jung freilich die Gespräche nicht abbrechen wolle, habe man sehr wohl gehört, gesteht die LEAG zu. Immerhin haben die Leipziger Stadtwerke erste Ideen skizziert, wie man den Standort Lippendorf durchaus nutzen könnte, um eine Lösung für die Verbrennung heizwertreicher Abfälle aus der Region zu finden. Mit der LEAG gemeinsam. Also „im Rahmen des Transformationsprozesses ihrer Wärmeversorgung eine weitere Kooperation mit der LEAG“, wie es der Kohlekonzern interpretiert.
„Wenn damit eine langfristige partnerschaftliche Kooperation gemeint ist, sind wir für Gespräche darüber offen und auch bereit, über eine Fernwärmelieferung über 2022 hinaus zu verhandeln“, formuliert das Hubertus Altmann. Dabei stehe die LEAG auch Technologieerweiterungen am Standort Lippendorf offen gegenüber, um eine schrittweise Überführung in eine Wärmeerzeugung aus verschiedenen, auch erneuerbaren Quellen zu ermöglichen. Darüber hinaus sei die LEAG bereit, in Kooperation mit den Stadtwerken Leipzig Projektentwicklungen zu unterschiedlichen Technologien durchzuführen, diese zur Investitionsreife zu führen und bei Vorliegen einer entsprechenden Wirtschaftlichkeit der Anlagen Projekte zu realisieren.
Man nimmt also das Gesprächsangebot von Burkhard Jung an.
Aber man zeigt auch gleich noch die Instrumente, denn solange Leipzig von den Fernwärmelieferungen aus Lippendorf abhängig ist, weil das eigene Gaskraftwerk noch nicht steht, hat die LEAG ein gewisses Druckpotenzial: Die LEAG stehe jedoch nicht als „Notnagel“ zur Verfügung, „um kurzfristig die Risiken eines Leipziger Alleingangs abzusichern, falls die Pläne der Stadt nicht aufgehen“, betont die Konzernschwester der MIBRAG, die für das Kraftwerk aus dem Tagebau Vereinigtes Schleenhain die Kohle liefert. Die LEAG jedenfalls werde „nicht die Fernwärmeauskopplung aus Lippendorf auf eigenes Risiko in Bereitschaft halten, ohne mit Leipzig konkrete Abnahmemengen zu vereinbaren.“
Eine Aussage, die eigentlich die Vermutung bestätigt, dass es vor allem der Leipziger Fernwärmeliefervertrag ist, der bislang den Betrieb von Lippendorf noch am Laufen hält. Der Vertrag bindet ja beide Seiten. Aber ab 2020 werden nach und nach die nächsten Kohlekraftwerksblöcke vom Netz gehen. Also für eine gewisse Übergangszeit in „Bereitschaft“. So wie jetzt schon ein Kraftwerksblock im LEAG-Kraftwerk Jänschwalde und das MIBRAG-Kraftwerk Buschhaus in Niedersachsen. Und die Wirtschaftlichkeit der Blöcke wird darüber entscheiden, welche die nächsten sein werden.
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