82.000 qualifizierte Arbeitskräfte werden 2025 in Sachsen fehlen, meldet die IHK zu Leipzig. Das Angebot an Arbeitskräften im Freistaat geht bis dahin um neun Prozent zurück. Das Durchschnittsalter aller Fachkräfte wird von heute 44,8 Jahre auf 45,7 Jahre steigen. Vor einem Jahr lag die Bedarfslücke bei 71.000. Aber es werden eigentlich ganz andere Probleme sichtbar. Zum Beispiel das Thema einer völlig vergeigten Demografie-Politik.
Den IHK-Fachkräftemonitor gibt es seit 2014. Auf Grundlage aktueller Daten ermittelt er die mittelfristige Entwicklung von Fachkräfteangebot und Fachkräftenachfrage in Sachsen. Die Werte schwanken, was natürlich auch mit den Ausbildungsjahrgängen zu tun hat und mit den Altersabgängen. In der Nachfragegrafik zu Sachsen sieht man, dass die Fachkräftelücke in den Jahren 2019/2020 tatsächlich am größten ist und die Lücke in den Folgejahren sogar kleiner wird.
Mit den stärksten Engpässen ist bei beruflich qualifiziertem Fachpersonal im kaufmännischen Bereich einschließlich der Dienstleistungs- und Gesundheitswirtschaft zu rechnen – allein hier werden 2025 gut 59.000 Fachkräfte fehlen, so die IHK. Bei Akademikern sowie beruflich Qualifizierten im technischen Bereich falle die Fachkräftelücke mit rund 12.000 beziehungsweise 11.000 fehlenden Arbeitskräften etwas geringer aus.
„Die Fachkräftesicherung ist und bleibt für die sächsischen Unternehmen eine der größten Herausforderungen. Die demografische Entwicklung setzt den Arbeitsmarkt nachhaltig unter Druck“, sagt dazu Kristian Kirpal, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig.
„Digitalisierung und zunehmende Automatisierung von Arbeitsprozessen werden hier nur bedingt Abhilfe schaffen. Gerade im betrieblichen Management und in Berufen, die im Dienst am Menschen stehen, können und sollen Maschinen und elektronische Systeme Fachkräfte nicht ersetzen. In entscheidenden Zukunftsfeldern entstehen – erst recht durch die Digitalisierung – sogar zusätzliche Fachkräftebedarfe. Hier dürfen unsere regionalen Unternehmen nicht ins Hintertreffen geraten. Wir brauchen eine konsequente Stärkung der dualen Ausbildung, aber auch mehr qualifizierte Zuwanderung aus dem Ausland. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz der Bundesregierung muss nun zügig im Bundestag verabschiedet werden und zu spürbaren Erleichterungen bei der Ausbildung und Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften führen.“
Das freilich ist erst einmal nur die Sicht der Wirtschaft insgesamt. Der Blick ins Detail lohnt sich. Denn wer allein den IHK-Bezirk Leipzig aufruft, sieht, dass es hier praktisch kaum eine Differenz zwischen Angebot und Nachfrage gibt. Hier wirkt sich die Tatsache aus, dass Leipzig nicht nur permanent Zuzug generiert, sondern auch einen hohen Anteil an jungen, gut qualifizierten Leuten hat. Die Arbeitskräftelücke taucht genau in jenen sächsischen Regionen auf, wo heute schon die Abwanderung am größten ist und die jungen Leute fehlen.
Ein Gegenrezept hat die Staatsregierung bis heute nicht.
Und das allergrößte ihrer Probleme fällt ihr jetzt erst richtig auf die Füße, denn alle Ministerien wissen seit über zehn Jahren, dass ab 2015 überproportional viele Staatsbedienstete in den Ruhestand gehen, dass man also hätte vorsorgen müssen. Man hat aber das Gegenteil gemacht und ab 2011 sogar Staatspersonal gekürzt – mit fatalen Folgen.
Und das hat auch zur Folge, dass ab 2015 das Angebot des Öffentlichen Dienstes an Arbeitsplätzen und das Reservoir an Nachwuchs immer weiter auseinanderklaffen. Heute liegt die Deckungslücke schon bei 15.000 Arbeitsplätzen im Öffentlichen Dienst, 2024 wird diese Deckungslücke 33.000 betragen. Das heißt: Das große Drama eines unter Personalmangel leidenden Staates kommt erst noch so richtig zum Tragen.
Und das ist immer noch ein Bereich, der leidlich gut bezahlt wird, viel schlimmer ist es in einem ganz anderen Elementarbereich, dem Gesundheits- und Sozialwesen, wo die Fachkräftelücke ebenfalls seit 2015 aufklafft, heute schon bei 11.000 unbesetzten Stellen liegt und 2025 um die 21.000 erreichen wird. Und das in einem Gesundheitssystem, in dem die Sparbandagen so straff angezogen sind, dass diese Berufsfelder für Ärzte und Ärztinnen, Schwestern und Pfleger immer unattraktiver werden.
Die Wirtschaft kann die Fachkräfteentwicklung in vielen Bereichen noch kompensieren. Für eine Politik, die jetzt seit über 20 Jahren versucht, mit radikalen neoliberalen Sparrezepten die Personalpolitik zu steuern, zeigen sich jetzt die fatalen Folgen dieser Entwicklung. Folgen, die sehr teuer werden, weil auch andere Bundesländer genau die gleichen falschen Rezepte angewandt haben und jetzt mit viel Geld ebenfalls um die fehlenden Fachkräfte im Wettbewerb stehen.
Der IHK-Fachkräftemonitor ist ein Projekt der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig, entwickelt und umgesetzt vom Wirtschaftsforschungsinstitut WifOR aus Darmstadt.
Gerade beim Führungspersonal rollt ein gewaltiges Problem auf Sachsen zu
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