Trecker sind nicht so schnell. Mit einem Viertelstรผndchen Verspรคtung rollten die angekรผndigten Traktoren aus Mitteldeutschland am Freitag, 18. Januar, um 11:50 Uhr auf den Augustusplatz. Leipzig ist eine Zwischenstation der zehn Bรคuerinnen und Bauern, die mit ihren Traktoren zur groรŸen Landwirtschaftsdemo nach Berlin am 19. Januar fahren. Und in Leipzig demonstrierten sie nicht nur gegen die Agrarpolitik des Bundes, sondern auch gegen die ignorante sรคchsische Landwirtschaftspolitik. Denn gegen Landgrabbing unternimmt Agrarminister Thomas Schmidt (CDU) nichts.

Seit Jahren kaufen Investoren massiv landwirtschaftliche Betriebe auch in Sachsen โ€“ unter klarer Umgehung der bestehenden Gesetzlichkeiten.

โ€žDoch nach wie vor schaut die Sรคchsische Landesregierung bewusst weg und weigert sich, diese Gesetzeslรผcke zu schlieรŸen โ€“ das kann nicht sein und untergrรคbt die Akzeptanz der Landwirtschaft in der Bevรถlkerungโ€œ, sagt Michael Grolm, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bรคuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland (AbL).

Landgrabbing, also die Inbesitznahme von Flรคchen durch Investoren, wird auch ein Thema auf der diesjรคhrigen โ€žWir haben es satt!โ€œ-Demo in Berlin am 19. Januar sein, bei der in den letzten Jahren Zehntausende ihren Unmut gegen die Agrarindustrie auf die StraรŸe getragen haben. โ€žUnd genau deshalb mache ich mich mit meinem Trecker auf den langen Weg nach Berlinโ€œ, sagt Danilo Braun aus Oberschรถna und fรผgt hinzu: โ€žWenn wir jetzt nichts tun, verbauen wir unseren Kindern und Enkeln die Chance auf eine bรคuerliche und selbstbestimmte Landwirtschaft. Dagegen wehre ich mich!โ€œ

Unterstรผtzung bekommen die Bauern von den Grรผnen.

Auch sie wรผnschen sich, dass von der GroรŸkundgebung am Samstag ein starkes Signal aus der Gesellschaft ausgeht โ€“ auch in Richtung Grรผne Woche und Bundeslandwirtschaftsministerin Klรถckner.

Muuuuht zur Verรคnderung. Foto: Ralf Julke
Muuuuht zur Verรคnderung. Foto: Ralf Julke

โ€žIch laufe mit, weil wir eine Landwirtschaft brauchen, die mit der Natur arbeitet und nicht gegen sie. Fรถrdergelder mรผssen endlich dahin flieรŸen, wo sie hingehรถren: Fรผr artgerechte Tierhaltung, fรผr Boden- und Gewรคsserschutzโ€œ, erklรคrt Anja Siegesmund, die fรผr die Grรผnen bei der Thรผringer Landtagswahl in diesem Jahr Spitzenkandidatin ist. Sie fordert ein Umdenken โ€“ auch in der Agrarpolitik des Bundes.

โ€žLandwirtschaft in Thรผringen soll eine gute Zukunft haben โ€“ fรผr bรคuerliche Betriebe und auch fรผr junge Menschen, die sich mit Landwirtschaft eine Existenz aufbauen wollen. Wir gehen auf die StraรŸe fรผr eine soziale und รถkologisch vernรผnftige Landwirtschaft, die auch das Tierwohl berรผcksichtigtโ€œ, erklรคrte sie.

Dieselben Probleme hat aber auch Sachsens Landwirtschaft, in der noch immer der Geist der Agrar-GroรŸbetriebe herrscht und in der der verantwortliche Staatsminister das โ€žLandgrabschenโ€œ der groรŸen Investmentfonds, die nicht mehr wissen, wohin mit ihrem Geld, schlicht ignoriert.

Bauern und Bรคuerinnen aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands haben sich am heutigen Freitag mit ihren Treckern auf den Weg nach Berlin gemacht. Gemeinsam mit vielen tausend Menschen wollen sie am Samstag in der Hauptstadt unter dem Titel โ€žWir haben es satt!โ€œ fรผr richtungsweise ร„nderungen in der deutschen und europรคischen Agrarpolitik demonstrieren.

Michael Grolm, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bรคuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland (AbL) und Berufsimker, erklรคrt zum diesjรคhrigen Protest: โ€žWir fordern von Bundesministerin Julia Klรถckner endlich klare Entscheidungen. Die allermeisten Bauern und Bรคuerinnen sind lรคngst bereit zu Verรคnderungen fรผr mehr Tierwohl und fรผr umwelt- und klimaschonenden Ackerbau. Aber solange Ministerin Klรถckner die politischen Rahmenbedingungen nicht รคndert, fehlt den Betrieben die Planungssicherheit.โ€œ

Besondere ร„nderungen fordert er in der Fรถrderpolitik, denn in diesem Jahr steht die Reform der EU-Agrarpolitik an.

โ€žWir wollen, dass sich die Fรถrderung nach unseren konkreten Leistungen fรผr Umwelt, Klima, Artenvielfalt und Tierschutz richtet. Das heutige System, in dem das Geld nach der GrรถรŸe der Betriebe verteilt wird, ist ungerecht und hilft uns nicht. Wir brauchen grundlegende ร„nderungen. Klรถckner muss Farbe bekennenโ€œ, so Grolm.

In Berlin werden die Treckerfahrer am Samstag, 19. Januar, ab 12:00 Uhr die jรคhrliche GroรŸdemonstration am Rande der Grรผnen Woche anfรผhren, die in diesem Jahr am Brandenburger Tor startet. Vorher machen die Bรคuerinnen und Bauern mit ihren Treckern um 10:30 Uhr Halt am Auswรคrtigen Amt. Dort รผbergeben sie ihre Forderungen an Ministerin Klรถckner sowie Vertreter einer internationalen Agrarministerkonferenz, die zu dem Zeitpunkt im Auswรคrtigen Amt stattfindet.

Die Demonstration wird von รผber 50 Organisationen aus Landwirtschaft, Verbraucher-, Umwelt- und Tierschutz, Entwicklungspolitik und Kirchen getragen, darunter auch die landwirtschaftlichen Organisationen Arbeitsgemeinschaft bรคuerliche Landwirtschaft (AbL), Bioland, Demeter, Naturland und Neuland.

Die Demonstration am 19. Januar in Berlin:

12 Uhr, Auftakt am Brandenburger Tor

12:30 Uhr, Start des Demonstrationszuges mit โ€žKochtopfkonzertโ€œ vor der Tagungsstรคtte der Agrarministerkonferenz

ab 14:30 Uhr, Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor

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