Legionen von Anfragen haben die Landtagsfraktionen schon gestellt zu den Wegen des Mülls in Sachsen, unregulärem Deponiebetrieb und brennenden Abfallbehandlungsanlagen. Eigentlich hätte Deutschland längst funktionierende Kreislaufsysteme haben müssen, die einen Müllim- und -export erst gar nicht notwendig machen. Aber das ist noch lange nicht so. Die Grünen wollen jetzt, dass Sachsen endlich alles selbst recycelt, was an Abfall anfällt.
Die Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag hat einen entsprechenden Antrag eingereicht, der am Mittwochabend, 26. September, auf der Tagesordnung der Landtagssitzung steht.
„Sachsen hat das Potential, vom Müllmagnet zum Zero-Waste-Pionier in Deutschland zu werden“, erklärt Volkmar Zschocke, abfallpolitischer Sprecher der Fraktion. Und er geht damit beiläufig auf die Tatsache ein, dass Sachsen seit Jahren auch gefährliche Abfälle aus anderen Bundesländern und EU-Mitgliedstaaten importiert und auf die eigenen überdimensionierten Deponien verbringt. Dahinter steckt noch das ganze alte Dilemma einer Wegwerfgesellschaft, in der sich die Erzeugung von viel Müll richtig lohnt, die Abfallvermeidung aber gar nicht.
Aber seit die Chinesen den Import der europäischen und amerikanischen Plastikabfälle gestoppt haben, weil sie mittlerweile selbst genug Plastikmüll produzieren, haben auch deutsche Unternehmen ein Problem: Wohin mit diesen Bergen von Sekundärrohstoffen? Denn noch immer hat Deutschland kein funktionierendes Wiederverwertungssystem. Der größte Teil aller weggeschmissenen Rohstoffe landet noch immer auf der Halde oder wird exportiert – und das oft in Länder, die eh schon unter gewaltiger Umweltverschmutzung leiden.
Wir externalisieren unseren Müll. Und denken dann, der wäre damit aus der Welt.
Ist er aber nicht. Um eine saubere Kreislaufwirtschaft zu etablieren, muss auch Sachsen endlich seine Kopf-in-den-Sand-Politik beim Abfall ändern.
„Dafür brauchen wir aber eine klare Zielstellung in der Abfallpolitik: Schluss mit Müll und das zu 100 Prozent. Die Stadt San Francisco in Kalifornien zeigt, wie viel sich in kurzer Zeit erreichen lässt: Dort werden nur noch zehn Prozent des Hausmülls deponiert und nichts mehr verbrannt. Das ist auch gut für die Wirtschaft: Recycling schafft zehnmal mehr Arbeitsplätze als eine Deponie oder eine Müllverbrennungsanlage“, benennt Volkmar Zschocke den Knackpunkt. Deutschland diskutiert lieber über den Wegfall von Arbeitsplätzen durch Roboter, statt die längst notwendigen Arbeitsplätze in der Recycling-Wirtschaft zu schaffen.
„Wir Grünen schlagen mit unserem Antrag vor, gemeinsam mit den sächsischen Kommunen, Zweckverbänden und der Recyclingwirtschaft eine Strategie für eine echte Kreislaufwirtschaft zu entwickeln“, erläutert Volkmar Zschocke. „Der Abfall soll in der Region verarbeitet und nicht durch halb Europa gefahren werden. Dass das realistisch ist, macht das Land Baden-Württemberg mit seiner Autarkieverordnung seit fast 20 Jahren vor.“
Und er sieht auch schon die Hauptakteure bei dieser Geschichte. Denn die Antworten auf die vielen Grünen-Anfragen zum Thema zeigen eben auch, dass etliche Halden in Sachsen nur entstehen, weil der Rest für private Unternehmen nicht genug Gewinn abwirft. Wenn die große Politik hier gemeint hatte, die Privatwirtschaft würde das Problem mit Freuden lösen, so zeigt die raue Wirklichkeit, dass das bis heute ein Märchen geblieben ist.
„Die Entsorgung von Siedlungsabfall gehört wieder vollständig in die kommunale Hand“, sieht Zschocke als einzig logischen Weg. „Nur so lässt sich die Rosinenpickerei im Abfallbereich vermeiden, bei dem sich private Systeme wie der Grüne Punkt die profitablen Wertstoffe sichern und den teuren Restabfall den Kommunen überlassen.“
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