„Die sächsische Konjunktur hat im Frühjahr 2018 saisonbedingt etwas an Schwung verloren“, meinen die drei sächsischen Industrie- und Handelskammern (IHK), nachdem sie jetzt die neueste Konjunkturumfrage ausgewertet haben. Ob die Konjunktur in Sachsen selbst wirklich an Schwung verliert, erfahren wir freilich erst in ein paar Monaten, wenn das Statistische Landesamt die aktuellen BIP-Zahlen herausgibt. Die IHKs fragen ja vor allem nach aktueller Auftragslage und Zukunftserwartungen.

Ergebnis: „Während die Einschätzungen der Unternehmen zur Geschäftslage zurückhaltender ausfallen, bleiben die Erwartungen für die kommenden 12 Monate auf Spitzenniveau. Trotz zunehmender handelspolitischer Unsicherheiten weicht die sächsische Wirtschaft somit nicht vom Wachstumskurs ab. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Konjunkturumfrage der sächsischen Industrie- und Handelskammern, an der sich 1.776 Unternehmen mit mehr als 85.000 Beschäftigten beteiligten.“

Deswegen ist das Ergebnis eben kein Konjunkturindex, sondern ein IHK-Geschäftsklimaindex, und der fällt leicht auf 136 Punkte und liegt damit nur knapp unter der Bestmarke von 138 Punkten zum Jahresbeginn 2018.

Womit man eigentlich nicht wirklich von einem Einbruch sprechen kann. Und in den unterschiedlichen Branchen sieht es sowieso auch unterschiedlich aus. Einmal mehr ist es die Industrie, die die heftigsten Zeigerausschläge zeigt. Denn ihr macht es zu schaffen, wenn in der internationalen Politik Leute wie Trump herumtrampeln und das globale Handelssystem infrage stellen, an dem die sächsische Exportwirtschaft nun einmal partizipiert. Aber noch ist die Stimmung zumeist positiv. Die Fließbänder laufen, die Baukräne drehen sich.

Das Befragungsergebnis:

Mit 63 Prozent beurteilt eine deutliche Mehrheit der Unternehmen ihre Geschäftslage mit gut. Zur Vorumfrage zum Jahresbeginn waren dies noch 67 Prozent. Gegenüber dem Frühjahr 2017 haben sich jedoch die Lagebeurteilungen in allen Wirtschaftsbereichen verbessert und unterstreichen damit die gute Konjunkturentwicklung der vergangenen 12 Monate.

Und dann im Detail: In der sächsischen Industrie kühlt sich die Stimmung etwas ab. Sowohl die Zufriedenheit der sächsischen Industriebetriebe mit ihren laufenden Geschäften, als auch die Prognosen der Unternehmen für die kommenden Monate gehen zurück. Ursächlich dafür ist eine rückläufige Dynamik bei der Auftragsorder aus dem Ausland in Kombination mit gedämpften Exporterwartungen.

Und die Gründe für den doch deutlichen Stimmungsrückgang: „Mit einem Lagesaldo von 60 Prozentpunkten sind die Unternehmen allerdings deutlich zufriedener als im Frühjahr 2017. Dies unterstreichen auch die positive Umsatz- und Ertragsentwicklung sowie die hohe Kapazitätsauslastung. Die Geschäftserwartungen sinken erstmals seit 2 Jahren. Der entsprechende Saldo fällt spürbar auf den Vorjahreswert von +17 Prozentpunkten.

Zu der starken Korrektur dürfte vor allem die Verunsicherung über das außen- und insbesondere handelspolitische Umfeld beigetragen haben. Die weiterhin expansiven Personal- und Investitionspläne stimmen jedoch zuversichtlich, dass die Industrie nur kurzfristig an Schwung verloren hat.“

Zumindest das hat Donald Trump also geschafft: Er hat die Besorgnis auch bei Sachsens Exportunternehmen geschürt.

Und das schlägt natürlich sofort auf die Branche durch, die in dieser globalisierten Handelswelt natürlich die ganzen Warentransporte deichselt: „Das sächsische Verkehrsgewerbe schaltet einen Gang zurück. Im ersten Quartal verzeichnet die Branche auftrags- und witterungsbedingt Rückgänge bei der aktuellen Lagebeurteilung. Mit einem Lagesaldo von +45 Prozentpunkten liegt das Ergebnis dennoch um 5 Prozentpunkte über dem Vorjahreswert. Die Nachfrage nach Transportkapazitäten und logistischen Dienstleistungen bleibt weiterhin hoch.“

Wobei der Einbruch in der Lageeinschätzung von 13 satten Punkten nicht wirklich durch die Geschäftsentwicklung begründet ist. Die IHK schreibt dazu: „Mit einem Lagesaldo von +45 Prozentpunkten liegt das Ergebnis immerhin um 5 Prozentpunkte über dem Vorjahreswert. Die hohen Auftragseingänge (Saldo +24 Prozentpunkte) lassen weiterhin gute Geschäfte erwarten. Mit einem Saldo von +11 Prozentpunkten zeigen die Prognosen weiterhin klar nach oben. Nur im Frühjahr 2017 gaben die Unternehmen noch bessere Prognosen ab.“

Was natürlich schizophren ist: Da verzeichnen die Logistiker ein Auftragsplus von 24 Prozent und die Stimmung kippt um13 Prozentpunkte in die Tiefe. Was ist da los?

Ach ja. Wir leben ja in Sachsen, wo eine seltsame Partei regiert, die seit 2010 beharrlich das Thema Personalmangel ignoriert. Und dieser Personalmangel macht sich nicht nur in spezialisierten Industrieberufen bemerkbar: „Großer Wermutstropfen bleibt die Personalsituation, denn vielfach gelingt es nicht, geeignete Fahrer zu finden. Dem geschuldet fällt die Beschäftigungsplanung deutlich zurückhaltender aus. Größte Geschäftsrisiken sind der Fachkräftemangel (74 %) und die wieder stark steigenden Kraftstoffpreise (64 %).“

Und wichtige Ausweichgleise für den Schienengüterverkehr hat die Bahn seit 1990 ja zurückgebaut. So schafft man, wenn man einem sparsamen Finanzminister zuarbeitet, Engpässe, die sogar der Wirtschaft die Luft zum Atmen nehmen. Denn wenn Fahrer fehlen, kann man das Ganze eben doch nicht so auf die Straße bringen, wie es die üblichen BWL-Lehrbücher erzählen.

Und der Rest der Wirtschaft, der eigentlich in Sachsen den Löwenanteil ausmacht, meldet gleichbleibend gute Geschäfte:

Bauwirtschaft: Die Nachfrage nach Bauleistungen hält an. Die Kapazitätsauslastung steigt weiter. Die aktuell wachsenden Auftragseingänge im Wirtschafts- und öffentlichen Bau lassen 2018 für das sächsische Baugewerbe erneut ein Rekordjahr erwarten.

Dienstleistung: Das sächsische Dienstleistungsgewerbe befindet sich auch im Frühjahr 2018 im Stimmungshoch. Sowohl die konsumorientierten als auch die unternehmensnahen Dienstleister können von der starken Binnennachfrage profitieren. So gehört das Dienstleistungsgewerbe auch 2018 zu den Wachstumstreibern der sächsischen Wirtschaft.

Einzelhandel: Der sächsische Einzelhandel verzeichnet nach dem Lagehoch zum Jahresbeginn den zweitbesten jemals gemessenen Wert. Mehr als die Hälfte der Einzelhändler bewerten ihre aktuellen Geschäfte mit gut, nur 5 Prozent sind unzufrieden. Die Branche profitiert weiterhin von der steigenden Kaufkraft und den günstigen Konsumentenkrediten. Sowohl der stationäre als auch der Online-Handel verzeichnen per saldo wachsende Umsätze.

Großhandel: Der sächsische Großhandel bestätigt die positiven Lageurteile der Vorumfrage. Der entsprechende Saldo bleibt mit +48 Prozentpunkten dank wachsender Umsätze auf dem hohen Niveau der Vorumfrage. Insbesondere die Händler von Maschinen und Anlagen sowie Baustoffen sind mit ihren aktuellen Geschäften zufrieden.

Und das Ganze mündet dann eigentlich in einen Appell.

Der wohl wieder nicht erhört wird, weil in der sächsischen Politik lauter Blümchenthemen dominieren, während man die wirklich brennenden Themen nicht mal wagt, mit Fingerspitzen anzupacken. Und mal ehrlich: Bei zurückgehenden Kriminalitätszahlen ist „Sicherheit“ ein Blümchenthema. Trotzdem meint Ministerpräsident Michael Kretschmer: „Für die sächsische Staatsregierung ist die innere Sicherheit ein zentrales Thema.“

Nein: Das zentrale Thema sollte Bildung sein.

Das Risikopotenzial aus Sicht der Unternehmen:

„Meistgenanntes Geschäftsrisiko ist mit aktuell 61 Prozent der ‚Fachkräftemangel‘, was vor allem auf die zunehmenden Probleme bei der Besetzung offener Stellen zurückzuführen ist. Es folgen die ‚Arbeitskosten‘ mit 49 Prozent und die ‚wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen‘ mit 33 Prozent. Insbesondere die steigende Bürokratie und Belastungen, bspw. durch die Datenschutzgrundverordnung oder die LKW-Mautausweitung auf Bundesstraßen, sowie drohende Dieselfahrverbote benennen Unternehmen dabei konkret als Risiken.“ (Womit wir noch einen Grund kennenlernen, der die Logistiker in Panik versetzt.) „International tätige Unternehmen befürchten vermehrt negative Folgen durch die zunehmend protektionistische weltweite Handelspolitik, insbesondere durch die der USA.“

Aber das sind bislang erst einmal alles nur Befürchtungen und Bauchgefühle.

Die Realität sieht die Unternehmen in Sachsen noch emsig investieren und Leute suchen.

„Die Investitionsplanungen der Unternehmen sind im Zuge der hohen Auslastung weiterhin expansiv. Mit 26 Prozent wollen deutlich mehr Unternehmen ihre Investitionen erhöhen als verringern (10 Prozent). In den meisten Unternehmen sind Ausgaben für notwendige Ersatzbeschaffungen vorgesehen. Darüber hinaus nehmen Investitionen für Kapazitätserweiterungen und Innovationen spürbar zu.“

Und daraus folgt: „Aufgrund der hohen Auslastung benötigen die Unternehmen weiterhin zusätzliches Personal. 23 Prozent wollen ihre Mitarbeiterzahl in diesem Jahr erhöhen, nur knapp jeder zehnte Betrieb plant, diese zu verringern. Mit dem weiteren Beschäftigungszuwachs werden sich jedoch die bereits vorhandenen Probleme bei Stellenbesetzungen nochmals verstärken.“

Womit auf der Hand liegt: Das Bildungssystem in Sachsen gehört dringend reformiert. Die Verschleuderung von 8 bis 14 Prozent Potenzial an jungen, klugen Menschen durch ein elitäres Dumpfbackensystem kann sich Sachsen gar nicht mehr leisten.

Und: Es braucht endlich ein richtiges Zuwanderungsgesetz.

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