Im Koalitionsvertrag der neuen Großen Koalition wurde das Thema Klimawandel zwar weichgekocht. Aber das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Austieg aus der Kohleverstromung viel früher kommt, als es Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) gegenüber der LVZ noch versuchte zu beziffern. Denn über die Existenz von Kraftwerken entscheidet ihre Rentabilität. Der Strukturwandel in Sachsen hämmert regelrecht an die Eingangspforte. Und der NABU warnt. Zu recht.
Dort hat man sehr wohl registriert, dass die neue Bundesregierung Milliardenbeträge zur Verfügung stellen will, um den Strukturwandel in den Kohleregionen zu unterstützen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer jedoch sprach von einem Ende der Braunkohleverstromung 2040 oder später und lehnt eine politische Beeinflussung ab.
“Dabei ist die Zeit reif, um mit großer Unterstützung des Bundes endlich Ideen für zukunftsfähige Kohleregionen zu entwickeln und umzusetzen, anstatt immer nur weiter zu machen wie bisher”, kommentiert der NABU Sachsen diese Widersprüche und begrüßt die Pläne der angehenden Bundesregierung, vorerst 1,5 Milliarden Euro aus den Steuergewinnen für den Strukturwandel in den Kohleregionen einzusetzen. Umso erstaunlicher ist es aus NABU-Sicht, dass Ministerpräsident Kretschmer trotzdem nicht handeln will.
Dieser hatte aktuell in der LVZ geäußert: „Wir lehnen jede politische Beeinflussung dieses Prozesses ab.“
Dabei ist der Braunkohlemarkt hochgradig politisch beeinflusst, sonst wäre die Braunkohle schon längst Geschichte, betont der NABU.
Eine Serie zu den Extra-Kosten der Kohleverstromung in Sachsen zum Nachlesen auf L-IZ.de
Eine Serie zu den Extra-Kosten der Kohleverstromung in Sachsen zum Nachlesen
„Es hilft nicht, den Kopf in den Sand zu stecken und zu warten, bis sich die Kohle von alleine erledigt“, erklärt Bernd Heinitz, Landesvorsitzender des NABU Sachsen. „Der Wandel wird sowieso kommen – und es ist besser, diesen aktiv zu gestalten. Denn schon jetzt kündigte die MIBRAG an, vor dem Hintergrund von Millionenverlusten in Größenordnungen Arbeitsplätze abbauen zu wollen. Die sonstige Wirtschaft ist da schon weiter: Erst Anfang November hatten 50 namhafte deutsche Unternehmen einen verlässlichen Fahrplan für den Ausstieg gefordert.“
Und die Kritik lässt Heinitz auch nicht außen vor: Wer sage, dass der Ausstieg (und der Braunkohlemarkt) politisch nicht beeinflusst werden soll, der müsse sich auch von den vielfältigen Kohlesubventionen – im weitesten Sinne: also auch vom Verzicht auf ausreichende Ausgleichsmaßnahmen, von der verpflichtenden Renaturierung, sowie den „Grundvergütungen“ für die Reservekraftwerke – verabschieden. Denn erst diese machen die Braunkohle im Augenblick für die Bergbaubetriebe halbwegs überlebensfähig (nicht rentabel).
„Ohne diese politische und ökonomische Förderung wäre die Braunkohle schon längst tot. Und ihr Erhalt hilft niemandem, weder der Regierung noch der Bevölkerung in den betroffenen Regionen – und natürlich erst recht nicht Klima und Umwelt!“, betont Heinitz. „Im Gegenteil: Hier ist dringend mehr Ehrlichkeit von der Politik gefordert. Und gerade jetzt, wo Mittel bereitgestellt werden, sollten lieber realistische Zukunftsvisionen entwickelt als überholte Strukturen verteidigt werden.“
Noch gar nicht betrachtet werden außerdem die zu zahlenden Folgekosten für die Gesellschaft. Jüngst erst hatte der Vattenfall-Nachfolger, der tschechische Industriekonzern EPH, verkündet, keine Haftung für die Folgen der Braunkohleförderung zu übernehmen. EPH-Manager Jan Špringl äußerte Mitte Dezember im Wirtschaftsmagazin Capital, EPH sei nur bereit, über eine Absicherung der Haftung zu reden, „wenn die Politik uns die Garantie gibt, dass sie die Rahmenbedingungen nicht ändert.“
“Das ist gelinde gesagt Erpressung – und unser Land sollte sich nicht von einem Unternehmen erpressen lassen, das wirtschaftlich strauchelt und ein Recht beansprucht, unsere sächsische Natur weiter zerstören zu dürfen”, so der NABU.
„Der Freistaat sollte sich jetzt klare Ziele für den Ausstieg setzen und nachhaltige Entwicklungsperspektiven für die Braunkohleregionen entwickeln, statt den Braunkohleunternehmen nach dem Mund zu reden und sie nicht einmal in ihre (gesetzliche) Pflicht zu nehmen”, fordert der NABU-Vorsitzende. “Statt die Kosten des Braunkohleabbaus politisch zu senken, müssen die Unternehmen verpflichtet werden, die tatsächlichen Kosten zu übernehmen – denn wenn die Braunkohle einen Marktpreis hat, wird die Politik sehen, dass sie sowieso nicht rentabel und tragbar und damit keine Zukunftsperspektive für unser Land ist.”
Keine Kommentare bisher