Sachsen steckt – wie die gesamte Bundesrepublik – in einer schon erstaunlich langen stabilen Konjunkturphase. Seit 2010 entwickeln sich alle Wirtschaftsdaten nach oben: BIP, Exportvolumen, Beschäftigung. Und auch die Stimmung der Geschäftsführer klettert und klettert in immer sonnigere Höhen. Was die sächsischen IHKs jetzt im Oktober abgefragt haben, grenzt schon an ein Dauerlächeln.
Insbesondere ihre aktuelle Lage beurteilen die Firmen so gut wie nie, melden die drei sächsischen Wirtschaftskammern zur jüngsten Umfrage bei 1.649 Unternehmen aus Industrie, Baugewerbe, Einzel- und Großhandel, Dienstleistungen und Verkehr mit mehr als 93.000 Beschäftigten. Und selbst die Auftragslage erfreut die Unternehmer: Die ebenfalls positiven Geschäftserwartungen versprechen auch in den kommenden Monaten eine schwungvolle konjunkturelle Entwicklung.
Der IHK-Geschäftsklimaindex, der die Einschätzung zur aktuellen Lage und den Erwartungen in den sächsischen Unternehmen gleichrangig berücksichtigt, steigt seit vier Jahren kontinuierlich und erreicht mit 134 Punkten zum wiederholten Male einen neuen Höchststand.
Mit 63 Prozent legt der Anteil der Unternehmen mit einer guten Geschäftslage nochmals kräftig zu, nur 6 Prozent der Unternehmen bewerten ihre Geschäfte mit „schlecht“.
Die Geschäftserwartungen stimmen ebenfalls zuversichtlich. Die Aussichten der Unternehmen sind zwar etwas weniger optimistisch als im Frühjahr, aber sie liegen in Summe über dem Vorjahresstand.
Kristian Kirpal, Präsident der IHK zu Leipzig im Namen der Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern im Freistaat Sachsen, in der Bewertung: „Die Situation der sächsischen Unternehmen hat sich gegenüber dem Vorjahresstand in allen Wirtschaftsbereichen zum Teil deutlich verbessert und unterstreicht einmal mehr die wirtschaftliche Breite des Aufschwungs. Diese Entwicklung gilt es zu festigen, vor allem mit Blick auf die bevorstehende Regierungsbildung in der Bundespolitik. Wir brauchen Stabilität und Verlässlichkeit. Wichtige Zukunftsfelder müssen weiter intensiv vorangetrieben werden. Dazu zählen unter anderem die Digitalisierung, Investitionen in die Mobilitäts- und Verkehrsinfrastruktur, der Abbau bürokratischer Hemmnisse, die verlässliche und preisgünstige Energieversorgung sowie Strategien für drohende oder bereits bestehende Fachkräfteengpässe.“
Die einzelnen Branchen im Blickpunkt
Die sächsische Industrie befindet sich weiter im Aufschwung. Seit Jahresbeginn hat sich die Stimmung in den Unternehmen aufgrund steigender Auftragseingänge aus dem In- und Ausland erheblich verbessert. Die Geschäftslage erreicht eine neue Bestmarke und auch die Erwartungen legen zu und stützen somit den eingeschlagenen Wachstumskurs. Lagesaldo: 58 Punkte im Plus.
Die Bauwirtschaft läuft ebenfalls auf Hochtouren. Viele Unternehmen arbeiten aufgrund hoher Auftragszuflüsse schon seit längerem an ihrer Kapazitätsgrenze. Die hohe Investitionsneigung im öffentlichen und privaten Sektor hält die Baukonjunktur auch zukünftig mit hoher Drehzahl am Laufen. Die aktuell schwächere Prognose ist ausschließlich saisonal bedingt. Lagesaldo: 74 Punkte im Plus.
Im Stimmungshoch befinden sich auch die Unternehmen im Dienstleistungsgewerbe. Die Dienstleister stützen sich auf eine anhaltend hohe bzw. steigende Nachfrage aus allen Teilen der Wirtschaft. Da auch die Geschäftsprognosen der Firmen nur knapp unter der bisherigen Bestmarke liegen, dürfte die Branche insgesamt weiter kräftig expandieren. Lagesaldo: 60 Punkte im Plus.
Der sächsische Einzelhandel befindet sich nunmehr seit etwa vier Jahren in einer Aufschwungphase. Auch 2017 profitierten die Unternehmen von der anhaltend guten Kauflaune der Verbraucher. Nicht zuletzt die gute Beschäftigungslage und der Blick auf das nahende Weihnachtsgeschäft stützen den in Summe zuversichtlichen Geschäftsausblick. Lagesaldo: 43 Punkte im Plus.
Ein Gewinner der lebhaften Konjunktur ist der Großhandel. Aufgrund kräftiger Umsatzzuwächse beurteilen die Großhändler ihre aktuelle Geschäftslage besser als je zuvor. Da die gesamtwirtschaftlichen Aussichten derzeit wachstumsorientiert sind, sehen die Unternehmen auch zukünftig gute Chancen, weiter moderat zu wachsen. Lagesaldo: 51 Punkte im Plus.
Im Verkehrsgewerbe stehen die Zeichen ebenfalls auf Wachstum. Die Geschäfte laufen hervorragend, so dass der aktuelle Lage-Saldo seinen erst zum Jahresbeginn erzielten Höchststand einstellt. Obwohl mit Blick auf die Wintermonate die Prognosen etwas nachgeben, bleiben die Erwartungen hoch. Lagesaldo: 48 Punkte im Plus.
Erklärung zum Lagesaldo: Die befragten Unternehmen können ihre Lage mit „gut“, „befriedigend“ oder „schlecht“ einschätzen. „Befriedigend“ ist quasi ein Solala, nicht gut, nicht schlecht, also wertfrei. In der Herbstumfrage gaben zum Beispiel 31 Prozent der Unternehmen ihre Lage als „befriedigend“ an, nur 6 Prozent als „schlecht“ und 63 Prozent als „gut“. Die 6 Prozent werden von den 63 Prozent abgezogen. Das Ergebnis ist ein Wert von 57 Prozent im positiven Bereich. Der Tiefpunkt war im Sommer 2009, als der Lagesaldo das letzte Mal mit 2 Prozentpunkten im Minus war. Seitdem ging es – mit einer Delle im Jahr 2013 – im Grunde ständig bergauf mit der Lageeinschätzung der befragten Unternehmen.
Unternehmen investieren und stellen weiter Personal ein
Die Investitionsplanungen der Unternehmen ziehen weiter an. Nach einer eher verhaltenen Investitionsneigung in den Vorjahren steigt die Investitionsbereitschaft 2017 stetig. Mit 26 Prozent will gut jede vierte Firma ihre Investitionsausgaben erhöhen und nur jede zehnte verringern.
Die Unternehmen reagieren auf den anhaltenden Konjunkturaufschwung und stocken ihr Personal nochmals auf. So plant nunmehr bereits jede vierte sächsische Firma, ihre Mitarbeiterzahl zu erhöhen. Nur 9 Prozent wollen diese reduzieren. Der Beschäftigungsaufbau in der gewerblichen Wirtschaft dürfte sich trotz schwindendem Personalangebot weiter fortsetzen.
Fachkräftemangel ist längst das Problem Nr. 1
Trotz vieler ungelöster Konflikte und wachsender politischer Spannungen entwickelt sich das globale Umfeld für den Welthandel derzeit recht günstig. So ist eine konjunkturelle Belebung in verschiedenen Wirtschaftsregionen weltweit festzustellen. Auch die sächsischen Unternehmen können über steigende Auslandsorder davon profitieren.
Seit dem Frühjahr 2017 ist der Fachkräftemangel der meistgenannte geschäftliche Risikofaktor der sächsischen Unternehmen. Mit 54 Prozent führt der Faktor auch aktuell das Risikoradar bereits mit deutlichem Abstand an, noch vor der Entwicklung der Arbeitskosten (46 Prozent). Auf den Rängen 3 und 4 folgen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (39 Prozent) und die Entwicklung der Inlandsnachfrage (37 Prozent). Nach der Bundestagswahl führen insbesondere die noch offenen wirtschaftspolitischen Schwerpunkte einer neuen Bundesregierung zur Verunsicherung.
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