Wie berechnet man eigentlich Konjunkturen? Wenn man noch gar nicht weiß, wie alles wird? Das Institut für Wirtschaftsforschung (IWH) in Halle zeigt jetzt wieder, wie sehr man auf einen winzigen Strauß von Zahlen fokussiert ist, die dann irgendwie – nachdem man sie durch den Computer gejagt hat – eine Art Plus oder Minus ergeben. In diesem Fall: Plus. Es sieht nach weiterem Wachstum aus.

Wobei das Wort natürlich in die Irre führt. Das tat es schon immer. Es suggeriert wachsende Warenströme, wachsende Fabriken, wachsende Produktionsumfänge usw.

Aber tatsächlich geht es nur um Geld. Denn auch die zugrunde gelegten Bruttoinlandsprodukte sind nur Geld – Umsatzgrößen eben.

„Das deutsche Bruttoinlandsprodukt dürfte nach vorliegender Prognose im Jahr 2017 wie schon im Vorjahr mit 1,9 % und im Jahr 2018 mit 2,0 % expandieren“, erklärt Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), dazu. Denn die Weltwirtschaft scheint – trotz allen politischen Gepolters – zu florieren. Entsprechend volle Auftragsbücher haben deutsche Unternehmen.

Im Sommer 2017 ist die konjunkturelle Dynamik in der Welt recht hoch, stellt das IWH fest. Die Produktion stieg im zweiten Quartal in den USA, China und Japan deutlich schneller als zu Jahresanfang, und im Euroraum legte das Bruttoinlandsprodukt noch etwas kräftiger als in den vergangenen Quartalen zu. Weil Preise und Löhne trotz der kräftigen Nachfrage nach wie vor zumeist nur moderat zulegen, dürfte die Geldpolitik die Konjunktur in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften auch im Jahr 2018 weiter stimulieren.

Bei Unternehmensbefragungen gemessene Stimmungsindikatoren deuten für das IWH darauf hin, dass die Weltkonjunktur in der zweiten Jahreshälfte 2017 kräftig bleiben, aber nicht noch weiter an Schwung gewinnen wird. Geopolitische Risiken könnten freilich die internationale Konjunktur belasten.

Die deutsche Wirtschaft ist nun schon seit dem Sommerhalbjahr 2013 im Aufschwung. Weil die Produktionskapazitäten wohl bereits etwas überausgelastet sind, steigen die Preise hierzulande etwas beschleunigt, versucht das IWH die Verbindung zur Preisentwicklung herzustellen.

Zudem habe der Euro seit Jahresbeginn deutlich aufgewertet, auch als Folge der guten wirtschaftlichen Entwicklung im Euroraum insgesamt. Auf Dauer werde die Verteuerung deutscher Produkte die Dynamik des Aufschwungs in Deutschland wieder verlangsamen und der Überauslastung entgegenwirken.

Das aber ist nur eine Vermutung, die davon ausgeht, dass wirklich nur eine Handvoll Parameter genügen, um solche Prozesse zu beschreiben. Aber regelmäßig stutzen auch die Konjunkturrechner.

Zum Beispiel, wenn es dann so speziell wird wie in Ostdeutschland, das nun auch im neuesten Bericht der Beauftragten der Bundesregierung irgendwie ganz armselig hinterherkleckert.

Aber im Detail passieren ganz andere Dinge: Allerdings habe die deutsche Konjunktur im ersten Halbjahr 2017 sogar noch etwas angezogen, stellt das IWH fest. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte nach vorliegender Prognose im Jahr 2017 wie schon im Vorjahr mit 1,9 % und im Jahr 2018 mit 2,0 % expandieren. Der Zuwachs der Produktion in Ostdeutschland dürfte (wie schon in den vergangenen drei Jahren) etwas über dem in Westdeutschland liegen.

2,2 Prozent BIP-Wachstum sagt das IWH für Ostdeutschland in diesem Jahr voraus – und was jüngst Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig für Sachsen verkündete, könnte sogar noch eine Schippe mehr bedeuten. Zitat aus der SMWA-Meldung: „Sachsens Außenhandel hat im ersten Halbjahr 2017 kräftig zugelegt: Die sächsischen Unternehmen exportierten von Januar bis Ende Juni 2017 Waren im Wert von über 20 Milliarden Euro, das sind 14 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.“

Aber wie geht das IWH beim Rechnen vor?

„Der Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts in Ostdeutschland (einschließlich Berlin) wird mit einem Prognosemodell vorhergesagt, in das die prognostizierte Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland insgesamt und unterjährige ostdeutschlandspezifische Indikatoren eingehen“, versucht das IWH die Ermittlung der speziellen ostdeutschen Zahlen zu erklären. „Insgesamt werden folgende ostdeutsche Indikatoren verwendet: der Auftragseingangs-, Produktions- und Umsatzindex des Verarbeitenden Gewerbes und die Arbeitslosenquote.“

Mehr nicht?

Das muss schiefgehen. Denn es blendet wichtige Faktoren einfach aus. Zum Beispiel den Staat. Denn einerseits betont das IWH: „Die öffentlichen Haushalte erzielen dabei weiter zunehmende Überschüsse.“ Aber es geht nie darauf ein, was der Staat mit diesem Geld macht. Ob er das Geld zum Beispiel „spart“ oder für Investitionen ausgibt. Und wer den Fokus allein so aufs Verarbeitende Gewerbe legt, bekommt auch nicht mit, was in der Dienstleistungsbranche (von Gesundheit bis Informationstechnologie) passiert.

Da ist dann ein richtig „berechneter“ Wachstumswert für Ost oder West eher ein Glückstreffer. Für den Osten, wo die Dienstleistung längst dominiert, schon lange. Aber wie soll Politik da ein Bild bekommen über die tatsächlichen Unterschiede, wenn selbst die Wirtschaftsinstitute immer nur einen kleinen Ausschnitt beleuchten und hochrechnen?

Die Frage wird wohl stehen bleiben bis zum nächsten Verwundern über die komische Entwicklung im Osten.

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