Dass sich die heutige Wirtschaftsentwicklung immer mehr auf wichtige Metropolkerne konzentriert, hat auch damit zu tun, dass die modernen neuen Arbeitsplätze zunehmend in Unternehmen der Kommunikationstechnologe entstehen. Produkte sind immer mehr digital, Unternehmen auf starke Datenleitungen angewiesen. Aber auch zur gesellschaftlichen Teilhabe gehört eine gute Datenverbindung. Doch da sieht es in Sachsen noch nicht so toll aus.
Findet jedenfalls Stephan Kühn, Bundestagsabgeordneter der Grünen aus Sachsen. In der Antwort auf die Kleine Anfrage „Ausbau der Breitbandversorgung in Sachsen“ der Grünen-Bundestagsfraktion (Drs. 18/13415) liefert die Bundesregierung detaillierte Angaben zur Breitbandversorgung von Kommunen und Haushalten in Sachsen.
„Gegenwärtig belegt Sachsen beim Breitbandausbau im Ländervergleich den drittletzten Platz in Deutschland. Die Überbrückung der digitalen Kluft zwischen Stadt und Land gelingt nicht“, stellt Stephan Kühn fest. „Sachsens ländlicher Raum wird von den Chancen des digitalen Wandels abgeschnitten. Während in sächsischen Städten immerhin 82 Prozent halbwegs zeitgemäße Internetanschlüsse mit 50 Mbit/s nutzen können, bleibt dies nur 18 Prozent der ländlichen Haushalte vorbehalten. Sachsen ist auf der digitalen Kriechspur – zunehmend zum Nachteil für die wirtschaftliche Entwicklung. Sachsen kommt seinem 100-Mbit/s-Fernziel kaum näher, bis 2025 eine flächendeckende Abdeckung mit 100-Mbit/s-Zugängen zu erreichen. Mit Blick auf die jetzige Abdeckung von 49 Prozent der Haushalte und die langsame Entwicklung erscheint dies unerreichbar.“
Bei der Breitbandförderung in Sachsen hat sich aus seiner Sicht eine Zweiklassen-Gesellschaft gebildet.
Auf der einen Seite Landkreise und Kommunen, die sich noch im Stadium der Analyse und Planung befinden und auf der anderen Landkreise und Kommunen, die bereits kräftig von der Förderung profitieren. Spitzenreiter sind die Landkreise Bautzen (120 Millionen Euro) und Görlitz (72 Millionen Euro). Nachzügler sind die Landkreise Sächsische Schweiz – Osterzgebirge (6 Millionen Euro) und Leipzig Land (800.000 Euro).
Eine zuweilen selbst gemachte Malaise. Denn unter diesen Nachzüglern finden sich viele Kommunen aus jenen Landkreisen, die sich gegen eine Koordinierung des Breitbandausbaus auf Kreisebene entschieden haben. Diese Landkreise überlassen den enormen bürokratischen Aufwand des Förderverfahrens ihren Kommunen. Dieser Fehler rächt sich jetzt, stellt Kühn fest.
„Sachsen braucht eine flächendeckende Glasfaser-Infrastruktur. Die kostspielige Ertüchtigung der veralteten Kupfernetze mittels Vectoring ist eine technologische Sackgasse. Anstatt gleich in Glasfaser zu investieren, werden in Sachsen weiter Fördermittel für eine Technik von gestern verbrannt. Breitbandausbau bedeutet für uns deswegen, nachhaltig zu handeln und jetzt in eine Infrastruktur zu investieren, die dem Industrieland Sachsen und seinen Unternehmen für Jahrzehnte Attraktivität und Standortvorteile im internationalen Wettbewerb sichert. Im OECD-Vergleich liegt Deutschland mit 7 Prozent beim Glasfaserausbau auf Platz 28 von 322“, so Stephan Kühn. „Wir brauchen einen ambitionierteren Ausbau: Unser Ziel ist es, bis 2021 drei Viertel aller Haushalte mit echten Glasfaseranschlüssen zu versorgen. Die restlichen Haushalte sollen bis dahin mit mindestens 50 Mbit/s online gehen können und allmählich auf Glasfaser umgerüstet werden. Deshalb wollen wir, dass der Bund zur Finanzierung des Glasfaserausbaus seine verbleibenden Anteile an der Deutschen Telekom AG veräußert, was ungefähr 10 Milliarden Euro an Investivmitteln einbringen wird. So kann der Glasfaserausbau beschleunigt werden.“
Aus seiner Sicht ist Sachsen gerade dabei, eine einmalige Chance zu vergeben. Denn wenn sich auch bei der Netzausstattung wieder alles auf die Metropolkerne konzentriert, werden die ländlichen Gemeinden weiter abgehängt.
„Der ländliche Raum, der durch demografische Entwicklung und Wegzug vor immensen Herausforderungen steht, kann von den Möglichkeiten der Digitalisierung erheblich profitieren“, meint Kühn. „Im ländlichen Raum werden viele innovative Dienste besonders zur Geltung kommen, beispielsweise in den Bereichen Telemedizin/E-Health, E-Learning und E-Government, aber auch beim Online-Einkauf und im Mobilitätsbereich. Ländliche Kommunen mit einer leistungsstarken digitalen Infrastruktur sind attraktive Wohnorte – gerade für junge Familien, aber auch für Selbstständige und Arbeitnehmer mit flexiblen Arbeitsmodellen.“
Ausgewählte Zahlen aus der Antwort der Bundesregierung:
– eine Breitbandversorgung ĂĽber leitungsgebundene Technologien mit 50 Mbit/s und mehr können 61 % der Haushalte in Sachsen in Anspruch nehmen
– Versorgungsspitzenreiter bei der leitungsgebundenen Infrastruktur ist Leipzig mit 87 %, gefolgt von Dresden mit 84 % und Chemnitz mit 76 % (50 Mbit/s)
– die Schlusslichter sind die Landkreise Mittelsachsen mit 37 %, gefolgt von Leipzig Land mit 39 % und Nordsachsen mit 41 % (50 Mbit/s leitungsgebunden)
– weiĂźe Flecken bei der leitungsgebundenen Breitbandversorgung: z. B. Bad Brambach und Johanngeorgenstadt
– flächendeckend versorgte Kommunen: z. B. Annaberg-Buchholz und Zschopau
– Glasfaser-Anschluss direkt bis in die Haushalte haben nur 7 % der Haushalte in Sachsen. Spitzenreiter Chemnitz mit 31 %, fĂĽnf Landkreise haben keinen Anschluss.
Die Antwort der Bundesregierung auf die GrĂĽnen-Anfrage.
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