Was ist da in Dresden am 15. September bei der Entscheidung zum Glyphosat-Antrag von Linken und Grünen tatsächlich passiert? Augenscheinlich sind die beiden Landtagsfraktionen wieder an der Wand abgeprallt, die Sachsens CDU rings um ihre Politik aufgebaut hat. Nur ja nichts regeln, nichts kontrollieren. Und dann, wenn die massiven Umweltschädigungen sichtbar werden, so tun, als hätte man daran nichts ändern können. Wie beim Thema Glyphosat.

Die Fraktionen von Linken und Grünen hatten in einem gemeinsamen Antrag (Drs 6/2666) die Staatsregierung aufgefordert, ihre Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Anwendung von Glyphosat (und Clomazone) in Sachsen zu verringern. Die Auswirkungen des Einsatzes von Unkrautvernichtungsmitteln sollen besser überwacht werden. Zahlreiche Sachverständige hatten ebenfalls Handlungsbedarf gesehen und Vorschläge wie eine Pestizidabgabe unterstützt. Dennoch stimmte die Landtagsmehrheit aus CDU und SPD in der Sitzung des Umweltausschusses am Freitag, 15. September, gegen den Antrag.

Und zwar aus ziemlich fadenscheinigen Gründen, wie der landwirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Andreas Heinz, es nach der Sitzung wieder formulierte: „Unsere Landwirte stehen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Pflanzenschutzmitteln. Ihnen grundsätzlich zu misstrauen, wie es zum Beispiel die Grünen und Linken im Landtag tun, ist unredlich! Der Wirkstoff Glyphosat ist und bleibt ein Bestandteil der nachhaltigen Landwirtschaft in Deutschland. Durch seinen Einsatz ist es gelungen, die Erträge zu steigern und die Betriebe damit wettbewerbsfähig zu führen. Außerdem ist er unersetzlich für eine erosionsarme Bodenbearbeitung. Die Entscheidung für oder gegen den Einsatz von Glyphosat muss situationsbezogen durch den Landwirt getroffen werden.“

So schnell wird ein fragwürdiges Herbizid zur Grundlage der „nachhaltigen Landwirtschaft“.

Und Sachsens CDU ist überzeugt, dass die industrielle Landwirtschaft in Sachsen tatsächlich nachhaltig ist. Trotz massiver Nitratverunreinigungen im Grundwasser, trotz Millionen Tonnen von Ackererde, die bei Starkregen von den Feldern gespült werden, trotz massiver Artenverluste und immer längerer Roter Listen von Tieren, die noch vor 20 Jahren in Sachsens Fluren vorkamen.

Glyphosat ist nur ein Beispiel für eine Landwirtschaftspolitik, die überhaupt nicht bereit ist umzusteuern.

„Die Koalition will nicht, dass beim Glyphosat-Einsatz genauer hingeschaut wird. Sie nimmt in Kauf, dass das Vernichtungsmittel nach wie vor zu häufig und unkontrolliert gespritzt wird. Damit setzt sie die Gesundheit von Anwohnern und Konsumenten auf Spiel“, kommentiert das Dr. Jana Pinka, umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion.

Auf der Landesebene kann der Einsatz von Glyphosat nicht verboten, jedoch genauer kontrolliert werden, woher die verbreitete Glyphosatbelastung der Bevölkerung kommt. Wenn man die Quellen kennt, kann man dort den Einsatz vermindern.

Pinka: „Wir wollen, dass der Freistaat alles in seiner Macht Stehende tut, um befürchtete Gefahren aufzuklären. Das hat nichts mit Panikmache zu tun, sondern mit der Verpflichtung des Staates, die Bevölkerung zu schützen. Heute hat sich gezeigt, dass die Regierungskoalition völlig unkritisch ist und den Untergang der heimischen Landwirtschaft an die Wand malt, sollte der Glyphosat-Einsatz eingeschränkt werden.“

„Wir haben in diesem Antrag bereits 2015 gefordert, den Einsatz des Pflanzengiftes Glyphosat einzuschränken und die Folgen genauer zu überwachen. Seitdem hat die Koalition weder in Sachsen noch in Berlin Handlungsbereitschaft gezeigt. Das hat die gesellschaftliche Diskussion zu weitergehenden Forderungen nach einem Ende des Glyphosat-Einsatzes weiter befeuert. Es ist höchste Zeit für den Freistaat, hier Handlungswillen im Interesse sowohl des Umwelt- und Verbraucherschutzes als auch der Landwirtschaft zu zeigen. Mit der Ablehnung unseres Antrages wird dagegen das Signal gesetzt, unbeirrt weiter wie bisher agieren zu wollen“, kritisiert Dr. Gerd Lippold, stellvertretendes Mitglied der Grünen-Fraktion im Umweltausschuss.

Auch in sächsischen Gewässern kann Glyphosat und dessen Abbauprodukt AMPA inzwischen nachgewiesen werden. Der grüne Landtagsabgeordnete Wolfram Günther ließ die Belastung von 17 ausgewählten Gewässern in Sachsen durch das Umweltinstitut Leipzig e.V. nach zwölf in der konventionellen Landwirtschaft häufig eingesetzten Pestiziden bzw. deren Abbauprodukten untersuchen. In zwölf der 17 Gewässer und damit besonders häufig wurde Glyphosat sowie dessen Abbauprodukt AMPA nachgewiesen.

Aber trotz der Betonwand, gegen die sie am Freitag wieder geprallt sind, wollen Linke und Grüne im Landtag nicht locker lassen: In einer Kleinen Anfrage will die Landtagsabgeordnete der Linken, Kathrin Kagelmann, unter anderem wissen, wie viele Verstöße gegen welche Anwendungsbestimmungen glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel seit 2014 bis heute festgestellt wurden, welche Konsequenzen dies jeweils für den Anwender hatte und inwiefern Plausibilitätsprüfungen mittlerweile durchgeführt werden.

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