Auf einmal geschehen Zeichen und Wunder. In Sachsen, diesem stillen Autoland im Süden vom Osten von Deutschland. Seit fünf Jahren versucht man, irgendwie zum Elektro-Vorreiterland zu werden. Doch überall klemmte es, tat sich nicht viel. Nur in Leipzig baute BWM eine ordentliche Fertigungsstrecke für Elektroautos auf. Und dann schien die Zukunft doch wieder dem Diesel zu gehören. Bis zum Diesel-Knall.

Die Diesel-Affäre erschütterte ja bekanntlich besonders den VW-Konzern, der bis heute scheinbar allein im Auge des Sturms steht, obwohl etliche Nachprüfungen zeigen, dass die Mehrzahl der Dieselautobauer getrickst hat. Mit regierungsamtlichem Wegschauen. Noch immer versucht eine rückgratlose Bundesregierung die Affäre kleinzudampfen, denn sie steckt mittendrin. Ohne die stillschweigende Schützenhilfe der Politik hätte die Trickserei bei den Abgasen seit 2007 nicht stattfinden können.

Tatsächlich hat der Boom der scheinbar so sauberen Dieselfahrzeuge eine Entwicklung blockiert, die die deutsche Politik all die Jahre wie ein buntes Fähnchen vor sich her trug: den Umstieg auf Elektroantriebe im Straßenverkehr.

Dass die notwendigen Technologien für E-Mobility eigentlich lägst existieren, das wird just jetzt deutlich, zwei Jahre nach Auffliegen der Diesel-Affäre und nach mehreren Manager-Wechseln bei VW. Vielleicht gehört das zwingend dazu. Das erste, was in der sächsischen Autoproduktion seinen Exitus erlebte, war die Produktion des unsinnigen Prestige-Wagens Phaeton, auf dessen Herstellung im königlichen Dresden die sächsische Regierung immer so stolz war.

Inzwischen gehen ja bei vielen sächsischen Autofahrern, die auf den Diesel-Hype aufgesprungen sind und glaubten, nun ein wunderbar sauberes Auto zu haben, die Ängste um. Um die drehte sich dann eine Landtagsanfrage der AfD-Abgeordneten Andrea Kersten.

Aber wenn schon nach den Auswirkungen auf den VW-Produktionsstandort Sachsen gefragt wird, dann wird im Jahr 2017 sichtbar, dass VW tatsächlich dabei ist, den Kurs zu wechseln.

„Durch den Abgasskandal der Volkswagen AG kam es als erste Reaktion zu Investitionskürzungen von ca. 5 Milliarden Euro bis 2019“, teilte Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) auf die Landtagsanfrage hin mit. „Eine Folge für Sachsen war die Einstellung der Phaeton-Produktion in Dresden und Zwickau. Die freigesetzten Kapazitäten wurden bei der strategischen Neuausrichtung des Volkswagenkonzerns genutzt, um die sächsischen Standorte für neue Mobilitäts- und Antriebskonzepte der Zukunft zu nutzen. Seit April wird in Sachsen der neue E-Golf für den europäischen Markt gefertigt.“

Womit erstmals auch benannt wurde, wie die alten Technologien tatsächlich die neuen seit zehn Jahren blockiert haben.

Und nicht nur der E-Golf wird jetzt in Dresden gebaut.

Am Freitag, 5. Mai, kündigte VW auf seiner Bilanzpressekonferenz an, dass das E-Auto-Programm des Konzerns deutlich ausgebaut wird: „Weiter kraftvoll vorantreiben wird Volkswagen auch seine E-Offensive. Das langfristige Ziel ist klar: Bis 2025 will Volkswagen Weltmarktführer in der Elektromobilität werden und 1 Million Elektroautos pro Jahr verkaufen. Kernelement dieser Strategie wird die neue I.D.-Familie sein. Sie wird zunächst aus vier Modellen bestehen und ab 2020 auf den Markt kommen. Als erstes Elektroauto wird der I.D. im Werk Zwickau gefertigt.“

Jüngst erst hat VW ja den ID Crozz vorgestellt.

In Zwickau aber will man künftig den ID Neo bauen.

Worüber sich am Freitag Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) schon einmal freute: „Ich freue mich sehr, dass Volkswagen-Markenvorstand Herbert Diess heute bekanntgegeben hat, dass das erste komplett neu-konzipierte Elektro-Auto der ID Neo, ein Sachse wird. Dies ist eine tolle Nachricht für alle Mitarbeiter von VW in Zwickau, ein klares Bekenntnis des Volkswagenkonzerns zum Standort Sachsen. Denn Elektromobilität, verbunden mit einer zunehmenden Automatisierung von Fahrfunktionen, ist die Zukunft der Mobilität. Mit dieser Wahl zeigt sich für mich ein großes Vertrauen in die Leistungsfähigkeit unserer Zuliefererindustrie im Umfeld. Mit dem ID Neo bricht VW in diese Zukunft auf – der Wagen soll bis zu 600 Kilometern eine Reichweite besitzen, welche ein Elektroauto für den Massenmarkt attraktiv machen wird. In Sachsen wurde nicht nur das Automobil erfunden, VW baut in Sachsen tatsächlich die Zukunft. Das Werk in Zwickau ist Vorreiter und Taktgeber der neuen E-Offensive des VW-Konzerns, denn der Freistaat hat beim Thema Elektromobilität seine Hausaufgaben gemacht.“

Der Hinweis auf die „Leistungsfähigkeit unserer Zuliefererindustrie“ ist wichtig. Denn wo die Zulieferer für moderne E-Autos sind, da siedeln sich auch die Autobauer an.

Einer davon hat ja schon vor wenigen Tagen für Furore gesorgt und den Druck auf die deutschen Autobauer noch einmal erhöht: Beijing WKW Automotive habe angekündigt, in Rothenburg/Oberlausitz ein Fahrzeugwerk für Premium-Elektroautos zu errichten, teilte das Wirtschaftsministerium mit. „Diese Nachricht ist ein großes Hoffnungszeichen für eine Region, die sich im Umbruch befindet“, sagte dazu Martin Dulig am 3. Mai. „Wir werden den Investor gern unterstützen, damit die Ankündigung zu einem Automobilwerk führen wird. Sachsen ist schon heute Automobilland und wir wollen dies auch in Zukunft bleiben. Die angekündigte Investition wird den Automobilstandort Sachsen wunderbar ergänzen. Die Ankündigung der Investoren spricht für dessen Stärke und Innovationskraft.“

Landtagsanfrage zu „VW Abgasskandal bei Dieselfahrzeugen“. Drs. 8920

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