Der Blick auf die Energiewende ändert sich, wenn Bürger die Möglichkeit haben, selbst Anteile an Energieanlagen zu erwerben. Bei Solaranlagen ist das jetzt schon möglich. Auch in Leipzig gibt es Bürgersolaranlagen. Bei klassischen Großkraftwerken ist es praktisch unmöglich. Aber wie sieht es bei Windkraftanlagen aus? Sachsens Linke möchte, dass die Sachsen auch die Chance haben, sich an lukrativen Windenergieanlagen zu beteiligen.
Dafür hat die Linksfraktion im Landtag jetzt einen Gesetzesantrag eingereicht, der genau das möglich machen soll. Zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs erklärt Marco Böhme, Sprecher für Klimaschutz, Energie und Mobilität der Linken: „Es ist paradox, dass Windenergieanlagen im strukturschwachen Ostdeutschland große Ablehnung entgegenschlägt, obwohl hier Milliardeninvestitionen getätigt werden könnten.“
Doch anders als die Konservativen im Land sieht er in der Ablehnung ganz andere Gründe als alle die überdrehten Gefahrenszenarien. Denn natürlich entsteht zu den Windparks keine persönliche Beziehung, wenn die Betroffenen mit den Anlagen nichts zu tun haben und auch nicht finanziell beteiligt sind. Es ist quasi die „eigene“ Landschaft, die da mit Windrädern zugebaut wird – und es sind „wildfremde“ Leute, die den Gewinn davon haben. Auch so kann Unmut entstehen.
So ist aus Böhmes Sicht ein wichtiger Grund für die Ablehnung: „Die Leute haben nichts davon, denn die erwirtschafteten Erträge fließen in die Taschen von wenigen, die in der Regel woanders wohnen. Umsätze und Steuern fließen ab, aber die Windräder bleiben. Wir sagen: Die Energiewende gehört in Bürger*innenhand! Wenn im Freistaat neue Windenergieanlagen gebaut werden, sollen ortsansässige Bürgerinnen und Bürger sowie die Kommunen die Möglichkeit erhalten, sich daran zu beteiligen. Wir orientieren uns an dänischem Recht, wo Menschen, die in der Nähe von Windenergieanlagen wohnen, entschädigt werden. Vorbild ist auch Mecklenburg-Vorpommern, wo CDU und SPD mit Unterstützung von Linken und Grünen eine Beteiligung an Windenergieanlagen ermöglicht haben.“
Aber in Sachsen tut man sich schwer, die Bürger als Teilhaber oder gar Investoren zu denken. Schon gar, wenn es um wirtschaftliche Teilhabe geht.
Es ist schon erstaunlich, wie altbacken sächsische Politik wirkt, wenn man den Blickwinkel nur ein klein wenig ändert.
„Natürlich können sich schon heute überall Bürgerinnen und Bürger zusammenschließen und ein Bürgerwindrad finanzieren“, stellt Böhme fest. Kommt dann aber schnell zum Aber: „Unter den 800 Anlagen in Sachsen gibt es aber nur zwei, an denen sich Bürger finanziell beteiligen konnten. Den Bürgerinnen und Bürgern ist es bisher in der Regel grundsätzlich nicht möglich, Miteigentümer einer von einem privaten Investor geplanten Anlage zu werden. Das wollen wir ändern. Wir wollen jeden Investor verpflichten, mindestens 20 Prozent seines Investitionsvolumens zum Kauf anzubieten, und zwar je zur Hälfte der ortsansässigen Bevölkerung und den betreffenden Gemeinden. So wollen wir den Stromsektor zumindest teilweise in die öffentliche Hand zurückführen. Das ist aktive Bürgerbeteiligung und schon lange überfällig!“
Und auch an anderer Stelle soll die Befremdung abgebaut werden. Die Hitschfeld-Studien aus Leipzig haben es ja oft genug belegt: Die Akzeptanz von großen Projekten erhöht sich deutlich, wenn die Bürger frühzeitig informiert werden und das ganze Projekt auch transparent ist. Wenn sie auch noch verlässlich in die Vorplanungen einbezogen werden, entsteht gar nicht erst der Frust, den viele Großprojekte verursachen, die den Leuten einfach vor die Nase gesetzt werden.
„Auch bei der Anlagenplanung sollen die Anwohnerinnen und Anwohner stärker mitreden dürfen“, betont Böhme. „Investoren sollen mit einer öffentlichen Veranstaltung über ihre Pläne informieren müssen. Repräsentative Planungszellen, die per Zufalls-Stichprobe aus der Bevölkerung besetzt werden, sollen Bürgergutachten zur Eignung eines Standortes erstellen. Dieses Gutachten soll in die politische Entscheidungsfindung im Planungsverband einfließen.“
Sachsen hängt auch bei diesem Thema um Jahrzehnte hinterher.
„Der Wind gehört allen“, sagt Böhme. „Deshalb sollen auch die Bevölkerung und die Kommunen von Windkraft-Renditen profitieren dürfen!“
Der Gesetzentwurf der Linken. Drs. 9197
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