Die IG BCE war natürlich begeistert, als die LEAG am Donnerstag, 30.März, verkündete, noch „25 bis 30 Jahre“ Kohle in der Lausitz abbauen zu wollen. Die Lausitz Energie Bergbau AG (LEG) verkaufte das Ganze als „Lausitzer Revierkonzept“. Auch Wirtschaftsminister Martin Dulig begrüßte das Konzept. Dabei ist es überhaupt kein planungssicheres Konzept.
Dass nichts in diesem Konzept wirklich eine planbare Grundlage hat, musste selbst Dr. Helmar Rendez, Vorstandsvorsitzender der LEAG, am Donnerstag, 30. März, anmerken, auch wenn Gewerkschaft und Wirtschaftsministerium so etwas konsequent überhören.
„Dabei mussten wir als Unternehmen in besonderem Maß die bestehenden und abzusehenden regulatorischen Eingriffe der Europa- und Bundespolitik in die Energiewirtschaft und den Strommarkt berücksichtigen“, formulierte es Rendez im bekannten, vorwurfsvollen Tonfall. „Wir müssen feststellen, dass seitens der Bundespolitik offensichtlich der Wille besteht, Deutschlands Klimaziele im Wesentlichen auf dem Rücken der Braunkohle zu erreichen. Dadurch werden nicht nur die langfristigen Planungen infrage gestellt, sondern es wird, wie mit der Sicherheitsbereitschaft, inzwischen sogar der Eingriff in genehmigte Bestandsanlagen gerechtfertigt. Gleichzeitig haben die langanhaltenden Dunkelflauten der vergangenen Wochen gezeigt, wie wichtig eine verlässliche, preisgünstige und heimische Stromerzeugung für die Versorgungssicherheit und damit auch für den Wohlstand in Deutschland ist.“
Eigentlich eine ziemlich dreiste Aussage, denn auch die LEAG profitiert davon, wenn ihre Kraftwerke an der vereinbarten und finanziell unterstützten Verschiebung in die Kapazitätsreserve teilhaben. Und für ein komplettes Kraftwerk hat Rendez tatsächlich schon die Komplettabschaltung angekündigt: „Das Unternehmen plane, den Tagebau Jänschwalde bis voraussichtlich 2023 planmäßig zu Ende führen“, teilte die LEAG mit. „Das Kraftwerk Jänschwalde soll dann noch für einen Zeitraum von 8 bis 10 Jahren mit Kohle aus dem Süden des Reviers betrieben werden, um damit auch der Struktur- und Standortentwicklung einen längeren Planungshorizont zu geben.“
Spätestens 2033 geht also Jänschwalde komplett vom Netz.
Was gerade beim Tagebau Jänschwalde bedeutet, dass es keine Tagebauerweiterungen mehr geben wird. Die Kohle wird schlicht nicht mehr gebraucht.
Aber auch die Industriegewerkschaft BCE singt das Jammerlied von der Politik, die die Braunkohlekonzerne ärgert.
Die Entscheidung, bereits genehmigte Optionen zur Fortführung der Tagebaue zunächst nicht in vollem Umfang zu nutzen, sei angesichts der durch die Energiewende verursachten Fehlentwicklungen und Unsicherheiten in der Branche nachvollziehbar, erklärte Petra Reinbold-Knape, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG BCE und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende bei LEAG Bergbau. Allerdings „erwarte die IG BCE, dass die LEAG spätestens 2020 auch über die Fortführung des Tagebaus Welzow Süd II entscheidet, denn dies hat Auswirkungen auf die Lebensplanung vieler Menschen in der Lausitz. Reinbold-Knape erneuerte in dem Zusammenhang die Forderung der IG BCE an die Bundesregierung, ein schlüssiges Konzept zur Neuausrichtung der Energiewende vorzulegen, in dem die Braunkohle als hocheffiziente und subventionsfreie Brückentechnologie ein integraler Bestandteil sein müsse.“
Unübersehbar ignoriert die Gewerkschafterin, dass die Rahmenbedingungen für den Treibstoff Kohle längst durch den Markt gesetzt werden und der Strompreis an der Börse bestimmt, ob diese „Brückentechnologie“ überhaupt noch wettbewerbsfähig ist.
Dass sie auch noch „subventionsfrei“ sei, gehört zur Lebenslüge der IG BCE.
Die L-IZ-Serie zu diesem Thema können Sie hier nachlesen.
„Die Reviere brauchen sichere und verlässliche Rahmenbedingungen“, sagte Reinbold-Knape noch, und freute sich gar, dass mit dem LEAG-Revierkonzept nicht nur der jahrelange Investitionsstopp der Vattenfall-Ära ende, auf dessen Grundlage lasse sich nun auch die Beschäftigungsentwicklung langfristig und nachhaltig planen. Betriebsbedingte Kündigungen sind bei der LEAG bis 2020 ausgeschlossen.
Eigentlich eine Jahreszahl, die die Gewerkschafter alarmieren sollte. Auch wenn es in der Mitteilung der LEAG so klingt: „Das Lausitzer Revierkonzept hat keine direkten Auswirkungen auf die Beschäftigtenzahl bei der LEAG. Der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2020, den der Eigentümer im vergangenen Jahr erklärt hatte, und die tariflichen Einigungen dazu haben Bestand.“
Das sind nur drei Jahre Ruhe. In Boxberg geht dann schon der erste Block vom Netz. Und ob Jänschwalde dann noch mit allen Blöcken fährt, ist eher zweifelhaft. Denn genug Argumente, dann auf Politik und Energiewende zu schimpfen, wenn der Strompreis eine rentable Bewirtschaftung der Kohlemeiler nicht mehr zulässt, hat Rendez ja geliefert.
Das Gegenteil dessen, was Wirtschaftsminister Martin Dulig in dem Papier entdeckt hat, tritt ein: keine Planungssicherheit, schon gar nicht bis 2040.
Es ist nur eine Beruhigungspille, in der den Sachsen und Brandenburgern ganz beiläufig mitgeteilt wird, welche Projekte man in der Lausitz ganz bestimmt nicht mehr forcieren wird. Da haben sich Minister und Gewerkschaft regelrecht von Worten einlullen lassen. Aber die Kritik gibt’s aus der Opposition noch deutlicher. Samt der Forderung, endlich Pläne zum Strukturwandel in der Lausitz einzuleiten.
Dazu kommen wir gleich.
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