Eigentlich gehört Ackerland in Bauernhand. Aber in den letzten Jahren sind landwirtschaftliche Flächen – auch in Sachsen – zunehmend zum Spekulationsobjekt geworden. Die Hektarpreise sind explodiert und sorgen vor allem für eines: Dass sich Bauern Landerwerb kaum noch leisten können. Der Landtagsabgeordnete der Grünen, Wolfram Günther, schlägt Alarm.

Die besorgniserregenden Zahlen erhielt der landwirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion durch die Antwort von Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt (CDU) auf seine Kleine Anfrage zur Entwicklung der Bodenpreise in Sachsen.

Preise binnen sieben Jahren verdoppelt

Im Jahr 2008 lag nach den Erhebungen des Statistischen Landesamtes der in Sachsen für Flächen der landwirtschaftlichen Nutzung bezahlte Betrag im landesweiten Durchschnitt bei 5.037 Euro je Hektar. Der höchste Betrag, der damals in Sachsen gezahlt wurde, lag bei 6.209 Euro je Hektar für eine Fläche im Landkreis Meißen. Seitdem sind die Bodenpreise Jahr für Jahr kontinuierlich gestiegen.

Im Jahr 2015 (die Zahlen für 2016 sind noch nicht verfügbar) lagen die Durchschnittspreise bereits bei 10.871 Euro je Hektar. Im Landkreis Leipzig wurde mit 15.489 Euro je Hektar der höchste und im Erzgebirgskreis mit 6.551 Euro je Hektar der niedrigste Kaufpreis für eine Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung in einem Landkreis erzielt. Damit haben sich die Durchschnittspreise innerhalb von nur sieben Jahren verdoppelt. Selbst die zu erzielenden niedrigsten Preise übersteigen mittlerweile den damaligen Höchstpreis. Diesem allgemeinen Anstieg der Kaufpreise folgt mit der Verzögerung der mehrjährigen Laufzeiten der Verträge der Anstieg der Pachtpreise.

„Dieser rasante Anstieg der Bodenpreise ist für die Landwirtschaft dramatisch und absolut besorgniserregend“, meint Günther. „Das Geld fließt immer stärker von denen, die das Land bewirtschaften zu den Landeigentümern. Das verschärft die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, denen die Betriebe bereits durch die sich aktuell häufenden Preiskrisen für ihre Produkte ausgesetzt sind. Erinnert sei nur an die gerade durchgestandene Milchpreiskrise.“

Betriebsgründungen werden unbezahlbar

„Da unsere sächsischen Landwirtschaftsbetriebe weit überwiegend auf Pachtflächen wirtschaften, entziehen steigende Pachtpreise ihnen notwendiges Kapital. Bei Neuverpachtungen steigt der Wettbewerbsdruck, dem gerade kleinere Betriebe nicht werden standhalten können“, benennt Günther die Folgen. „Durch die hohen Kauf- und Pachtpreise wird es für Neueinrichter und Junglandwirte immer weniger möglich, überhaupt einen Betrieb zu gründen. Auch Ökolandbaubetriebe, die wegen der wachsenden Nachfrage im Biobereich erweitern wollen, sind vielfach nicht in der Lage, diese hohen Bodenpreise zu bezahlen. Das behindert den dringend notwendigen und politisch gewollten Ausbau dieser Branche.“

Das Land-Grabbing, mit dem sich riesige Fonds den Zugriff auf Landwirtschaftsflächen sichern, zerstört die Arbeitsgrundlage der Bauern.

Eine nicht mit industriellen Methoden arbeitende Landwirtschaft wird praktisch unmöglich.

„Damit spüren wir jetzt auch in Sachsen die Auswirkungen der als Land-Grabbing bezeichneten global zu beobachtenden Zunahme der Bodenspekulation von Kapitalanlegern, die die Landpreise weltweit in die Höhe treibt. Obwohl sich nach derzeitigem Kenntnisstand der Flächenverkauf an außerlandwirtschaftliche Investoren in Sachsen selbst noch in Grenzen hält, muss jetzt alles dafür getan werden, dass dies bei uns auch so bleibt“, zieht Günther sein Fazit. Aber auch beim Thema Landerwerb tut Sachsens Regierung gern so, als ginge sie das eher nichts an. Regiert nicht der Markt?

„Immer noch gibt es Regulierungslücken im Bodenrecht auf Landesebene. Zu deren Schließung hatte die von der Agrarministerkonferenz (AMK) eingesetzte ‚Bund-Länder-Arbeitsgruppe Bodenmarktpolitik‘ bereits 2015 konkrete Vorschläge gemacht – etwa zu etlichen Anpassungen im Detail im Grundstücksverkehrsrecht und im Landpachtrecht. Selbst Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt (CSU) bemängelt, dass bis heute keiner der Vorschläge in einem Bundesland umgesetzt worden sei“, benennt Wolfram Günther die auffällige Untätigkeit der Landesregierung. Kümmert sich dort keiner drum oder nimmt man die Warnzeichen einfach nicht ernst?

„Auch in Sachsen muss endlich gehandelt werden“, fordert Günther und verweist auf einen von den Grünen im Herbst vorgelegten Antrag zum Erwerb von Flächen durch den Freistaat von der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) zur Förderung des ökologischen Landbaus sowie der Neueinrichtung von Betrieben. Der aber wieder mit der Mehrheit von CDU und SPD abgelehnt wurde.

Eine weitere Maßnahme, die vom Landtagsabgeordneten der Grünen gefordert wird, ist die Einführung einer Pachtpreisbremse in der Landwirtschaft, wie sie in Niedersachsen vom dortigen grünen Agrarminister Christian Meyer erst kürzlich in einem Gesetzentwurf vorgelegt wurde.

Subventionen kommen nicht den Bauern zugute, sondern den Landbesitzern

Einen weiteren Grund für den rapiden Anstieg der Preise sieht Günther in einer falschen Agrarpolitik.

„Subventionen werden mit der Gießkanne als reine Hektarprämie verteilt. Sie werden vielfach nur über entsprechend erhöhte Pachtpreise an die Bodenbesitzer durchgereicht. Sie landen damit regelmäßig nicht beim Landwirt, sondern erhöhen vielmehr die Bodenpreise und setzen so zudem weitere Anreize für Bodenspekulation“, stellte der Abgeordnete der Grünen fest und erneuert seine Anfang Januar mit seinen Kollegen aus anderen Grünen-Fraktionen in einem gemeinsamen Papier erhobene Forderung nach einem Paradigmenwechsel in der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik.

Das Papier zielt auf eine Förderung mit echter Lenkungswirkung, die gezielt Anreize setzt für mehr Ökologie, Landschaftspflege und Tierwohl; zugleich bäuerliche Strukturen stärkt und vor allem als Mehreinnahme tatsächlich im Betrieb bleiben soll.

Antwort von Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt (CDU) auf die Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Wolfram Günther „Entwicklung der Pacht- und Kaufpreise für landwirtschaftliche Nutzfläche in Sachsen“ (Drs. 6/7064).

In eigener Sache: Lokaler Journalismus in Leipzig sucht Unterstützer

https://www.l-iz.de/bildung/medien/2017/01/in-eigener-sache-wir-knacken-gemeinsam-die-250-kaufen-den-melder-frei-154108

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar