Sichern Sie endlich die Rückstellungen für die Rekultivierung der Tagebaue! So kann man die Wortmeldung von Dr. Jana Pinka eigentlich zusammenfassen, mit der sie die sächsische Staatregierung auffordert, sich im Fall des Kohlekonzerns LEAG nicht mehr wegzuducken und zu riskieren, dass der Kohletagebau in Sachsen ohne jegliche finanzielle Rücklage zu Ende geht. Denn der jüngste Greenpeace-Bericht gibt zu denken.

Am Donnerstag, 26. Januar, hat Greenpeace bislang interne Unterlagen zum Vattenfall-Verkauf vorgestellt. Teilweise hat die Umweltschutzorganisation schon im „Schwarzbuch EPH“ darauf Bezug genommen. Interne Akten aus Brandenburg zeigen, wie blauäugig die dortige Politik mit dem tschechischen Neueinsteiger LEAG in der Lausitz umgeht, möglicherweise hoffend, die großmundigen Gewinnversprechungen bis 2040 könnten der Realität entsprechen, der Kohlebergbau noch Jahre gewinnträchtig so weitergehen.

Was nicht nur Greenpeace bezweifelt. Von leichtgläubigen Politikern und skrupellosen Finanzinvestoren schreibt Greenpeace in seiner neuesten Nachricht zum Thema. Betitelt: „Verschwörung der Narren“.

„Im jüngst erschienenen ‚Schwarzbuch EPH – Bilanz nach 100 Tagen LEAG (ein Update)‘ von Greenpeace wird ausgeführt: ‚die 1,7 Milliarden Euro Barmittel, die Vattenfall dem Käufer für die Rekultivierung mitgegeben hat, [sind] womöglich nicht mehr vorhanden […]. Unmittelbar nach der Übernahme von Vattenfall sind Gesellschafter der EPH mit Milliardenbeträgen ausgezahlt worden.‘ Wenn das ‚Tafelsilber‘ der Übernahme tatsächlich weg wäre, wäre das ein unglaublicher Skandal – und zeigt, dass die Landesregierungen es mit einem Gegenüber zu tun haben, der x-mal schneller ist als sie und außerhalb des Regelkreises agiert, den die Landesregierungen kontrollieren (können). In einem Spiel würde so etwas als unfairer Regelverstoß geahndet“, sagt Dr. Jana Pinka, Sprecherin für Umweltpolitik und Ressourcenwirtschaft der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, dazu.

Warnungen gab es genug. Auch das Angebot von Greenpeace, die Braunkohlesparte von Vattenfall selbst zu übernehmen und über eine Stiftung planmäßig abzuwickeln. Es ist schon erstaunlich, dass der schwedische Staatskonzern diesen Bieter schon frühzeitig einfach aus dem Rennen warf und am Ende nur noch mit dem Bieter verhandelte, der schon 2014 auf der Matte stand: EPH, der Muttergesellschaft der jetzigen LEAG.

Die Landesregierungen sind bei diesen Entwicklungen doppelt im Hintertreffen, stellt Pinka fest. „Sie sind weder schnell noch mächtig genug, um die international verstrickten Transaktionen zu verfolgen, zu stoppen oder rückabzuwickeln, und sie sind gezwungen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, weil sie sich nun einmal öffentlich festgelegt haben, dass der neue Eigner die Arbeitsplätze bis in eine unbekannte Zukunft hinein sichern werde. Wir fordern deshalb den sächsischen Wirtschaftsminister Dulig auf, Sicherheitsleistungen für die bestehenden Braunkohletagebaue zu erheben, die wie eine Kaution zu hinterlegen sind, und damit das Risiko für die Steuerzahler zu verringern.“

Den Antrag hat die Linksfraktion schon im Oktober gestellt, nachdem der Übergang der Kraftwerke und Tagebaue von Vattenfall zu LEAG vollzogen war.

Wird die LEAG überhaupt ein belastbares Renaturierungsprogramm vorlegen? Jana Pinka hat da so ihre Zweifel.

Im gültigen Hauptbetriebsplan für den Tagebau Nochten ist unter anderem festgelegt, dass durch den Bergbautreibenden bis zum 31. Januar 2017 „ein Konzept zur erforderlichen Vorsorge der Wiedernutzbarmachung und der Ewigkeitslasten vorzulegen und nachvollziehbar zu erläutern“ ist, bis zum 31. Mai jeden Jahres eine Übersicht über die bilanzierten Rückstellungen des Bergbautreibenden zu übergeben und dabei „in geeigneter Form nachvollziehbar aufzuschlüsseln“ sind, außerdem wird die Möglichkeit der Erhebung von Sicherheitsleistungen zur Deckung der Kosten, die den Steuerzahlern bei Ausfall oder Zahlungsunfähigkeit der Bergbautreibenden entstehen könnten, breit diskutiert.

Nur die beiden verantwortlichen Regierungen in Dresden und Potsdam ducken sich weg, verlassen sich augenscheinlich darauf, dass die Sache schon irgendwie gutgehen werde. Was aber höchst unsicher ist, wenn der Hauptgrund für Vattenfall, seine Braunkohlesparte abzustoßen, sichtlich schon in den seit zwei Jahren verzeichneten Millionenverlusten bestand. Und da immer mehr erneuerbarer Strom in die Netze drückt, ist mit einem steigenden Strompreis und damit wieder Gewinnspannen für Kohlestrom eigentlich nicht zu rechnen.

Kleine Anfrage von Jana Pinka (Die Linke) „Sicherheitsleistungen und Rückstellungen in Braunkohletagebauen“ vom 24.01.2017, Parlaments-Drucksache 6/8215.

Antrag „Braunkohle-Verkaufsverhandlungen: Sächsische Interessen wahren, Perspektiven für die Lausitz eröffnen, Folgekosten begrenzen“, Drucksache 6/3955 vom Januar 2016.

Antrag der Linksfraktion zur Anordnung von Sicherheitsleistungen für die Tagebaue. Drs. 6694

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