Den 29. Dezember nutzte Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig (SPD), um noch einmal seinen ganzen Frust rauszulassen über ein Bundesverkehrsministerium und ein Bundeskabinett, die wichtige sächsische Schienenprojekte auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertrösten. Der verabschiedete Bundesverkehrswegeplan war für Dulig eine herbe Enttäuschung.
Anfang August dieses Jahres wurde der Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) vom Bundeskabinett beschlossen und im November vom Bundestag bestätigt. Eigentlich ein Moment, von dem Sachsens Verkehrsminister erwartet hätte, dass die angemeldeten Schienenprojekte endlich ernst genommen werden. Denn das Rückgrat des künftigen Verkehrs in Sachsen werden Schienenwege sein.
Doch das zuständige Bundesministerium glänzte mit Tatenlosigkeit.
Zu den wichtigen sächsischen Schienenprojekten liegen – trotz vorliegender Ausbaugesetze – immer noch keine finalen Entscheidungen des Bundes vor. Dies betrifft die Neubaustrecke Dresden – Prag sowie die Elektrifizierungsvorhaben Dresden – Görlitz – Grenze D/PL und Leipzig – Chemnitz. Der Freistaat hatte alle sächsischen Vorhaben bereits 2013 angemeldet.
Hohe Bedeutung für den Freistaat Sachsen hat die Neubaustrecke Dresden – Prag. Mit geschätzten 4 Milliarden Euro ist sie zwar vergleichsweise aufwendig. Aber damit würde Sachsen auch eine leistungsstarke Gütertransportstrecke in das industriell starke tschechische Revier bekommen. Schon heute sind die logistischen Verbindungen zwischen beiden Ländern eng – beschränken sich aber stark auf den Lkw-Verkehr.
Langfristig sind leistungsstarke Schienenverbindungen aber deutlich rentabler.
Nachdem das Ausbauvorhaben Dresden – Berlin durch die gemeinsamen Bemühungen nun entscheidend vorangekommen ist und mit der Umsetzungsphase begonnen wurde, sei es nur konsequent, in der Fortsetzung dieser Verbindung auch den Engpass zwischen Dresden und Ústí nad Labem anzugehen und so die transeuropäische Trasse auszubauen, betont der Verkehrsminister. Dass das ein langfristiges Projekt wird und dementsprechend aufwendig, ist ihm bewusst.
„Gerade wegen der langen Planungs- und Umsetzungszeiten müssen wir die nächsten Schritte jetzt gehen und wollen nach einer Aufnahme in den Vordringlichen Bedarf des BVWP sowohl den erforderlichen Staatsvertrag mit der Tschechischen Republik abschließen als auch mit den konkreten Planungen beginnen“, erklärt Martin Dulig. „Die Strecke stößt bereits jetzt an ihre Kapazitätsgrenze und die Menschen im Elbtal leiden unter dem Bahnlärm. Da wir aber aus ökologischen Gründen mehr Güter von der Straße auf die Schiene bekommen wollen, geht an dem Tunnelprojekt nichts vorbei. Da sind wir uns mit unseren tschechischen Nachbarn, der EU und der Bahn einig.“
Dank der Intervention und der guten Zusammenarbeit vieler Akteure sei es gelungen, dass die Strecke Leipzig – Chemnitz wenigstens in den potentiellen Bedarf aufgenommen wurde. Aber das reicht nicht und eröffnet vor 2030 keine Perspektiven auf Umsetzung. Mit der Vorplanung der Strecke Leipzig – Chemnitz wurde bereits der notwendige Ausbaubedarf konkretisiert und die Weichen für die weiteren Planungen gestellt. Dafür hat der Freistaat bereits rund 2,4 Millionen Euro investiert. Der nächste Schritt ist die Entwurfs- und Genehmigungsplanung und damit verbunden der Abschluss einer Planungsvereinbarung mit der Bahn. Doch auch dafür fehlt die notwendige Einordnung in den Vordringlichen Bedarf des BVWP.
Dulig äußerte sich auch unzufrieden darüber, dass der Bund den Ausbau und die Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden – Görlitz nach wie vor nicht bewertet hat. Schon im Juni 2015 unterzeichneten der Freistaat und die DB AG die Planungsvereinbarung zur Erstellung der Vorplanung. Die Grundlagenermittlung konnte in diesem Jahr abgeschlossen werden. Aktuell finanziert der Freistaat bereits die weiteren derzeit laufenden Vorplanungen, geht also auch hier in Vorleistung. Doch das Bundesverkehrsministerium scheint das einfach zu ignorieren.
„Gemeinsames Ziel sollte sein, bis zum 100-jährigen Jubiläum im Jahr 2023 nicht nur Görlitz wieder an das elektrifizierte Eisenbahnnetz anzuschließen, sondern attraktiven europäischen Fernverkehr zu unseren polnischen Nachbarn anbieten zu können“, nennt Dulig die Zielmarke, die aber bei der jetzigen Zögerlichkeit des Bundesverkehrsministers kaum zu schaffen sein dürfte.
„Wir fordern endlich Klarheit und nehmen den Bund in die Pflicht“, sagt Dulig. „Es kann nicht sein, dass der Freistaat Sachsen trotz aller Bemühungen beim Bahnverkehr ignoriert wird. Dies hemmt unsere weitere wirtschaftliche Entwicklung und schadet dem ganzen Land. Ob die Lausitz oder Westsachsen – wir wollen endlich wieder attraktive Bahnverbindungen für die sächsischen Bürger und unsere Wirtschaft.“
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