In Sachen Braunkohle sind die Regierungen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg wie Schlafwandler. Sie kämpfen für den Weiterbetrieb von Tagebauen und Kraftwerken noch auf Jahrzehnte, verlassen sich dabei darauf, dass die Kohlekonzerne schon genug Rücklagen gebildet haben, um die Bergbaufolgen zu beseitigen. Dabei ist gar nichts gesichert und Milliarden-Kosten könnten auf die drei Bundesländer zurollen.

Die seltsame Ruhe hat natürlich ihre Gründe darin, dass die Bergbaufolgen aus der DDR-Zeit in den vergangenen Jahren durch den Bund und seine Tochter LMBV aufgefangen wurden. Über 11 Milliarden sind zur Beseitigung dieser Altlasten bislang geflossen. Doch mittlerweile tut sich der Bund schwer damit, immer weiter Geld in dieses Riesenfass zu stecken. Die Landesregierungen müssten aufs Höchste alarmiert sein, denn wenn der Bund sich aus dieser Finanzierung zurückzieht, dann bleiben die Länder auf den Kosten sitzen.

Die Kohlekonzerne sind zwar verpflichtet, Rücklagen in ausreichender Menge anzulegen, um nach Ende des Bergbaus die Landschaft wieder zu sanieren.

Aber eine Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) warnt jetzt. Weder genügen die gesetzlichen Vorgaben zur Bildung solcher Rücklagen, noch sind diese Rücklagen überhaupt jemals untersucht worden darauf, ob sie tatsächlich alle Sanierungskosten abbilden. Und tatsächlich stehen sie bis zum Ende des Bergbaus nur in den Büchern, stets in Gefahr, vom operativen Geschäft des Konzerns aufgefressen zu werden.

Und das in einer Zeit, in der sich mit Strom aus Braunkohle kaum noch Geld verdienen lässt.

Die Zukunftsperspektiven für die Braunkohle verschlechtern sich, warnt jetzt die Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag. Und verweist auf den anstehenden Verkauf der Braunkohlesparte des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall an die tschechische EPH. Um das Geschäft überhaupt „verkauft“ zu bekommen, muss Vattenfall noch mindestens 1,7 Milliarden Euro dazugeben. Aber der Interessent, die tschechische EPH-Gruppe, sorgt in Sachsen für einige Grübelfalten, denn er hat mit intransparenter Eigentümerstruktur wiederholt spekulative Geschäfte im Kohlebereich getätigt. Nun weist die aktuelle Studie des Forums ökologisch-soziale Marktwirtschaft (FÖS) hohe finanzielle Risiken im Bereich der Tagebaufolgekosten für die öffentlichen Haushalte nach.

Vor diesem Hintergrund hat die Grüne-Fraktion eine Aktuelle Debatte zur Finanzierung der Braunkohle-Folgekosten auf die Tagesordnung des Landtags am kommenden Donnerstag, 23. Juni, unter TOP 1, gesetzt.

„Wir haben diese Debatte beantragt, weil mit den Ergebnissen der aktuellen Studie zu den Braunkohlefolgekosten klar ist: beim Thema Risikoabwendung für öffentliche Haushalte wird es brenzlig“, erklärt dazu Gerd Lippold, energie- und klimapolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. „Die FÖS-Studie ‚Finanzielle Vorsorge im Braunkohlebereich‘ kommt zu alarmierenden Ergebnissen. Es existieren hohe Risiken für die Gesellschaft, künftig nicht nur die Folgekosten des DDR-Altbergbaus, sondern auch noch die Folgekosten des heutigen Braunkohlebergbaus tragen zu müssen. Diese Risiken entstehen durch die anhaltende Verschlechterung der Leistungsfähigkeit der Braunkohlenwirtschaft und Haftungsgrenzen im Insolvenzfall bei undurchsichtigen Konzernstrukturen. Unrealistische Verzinsungsannahmen, fehlende Transparenz und Kontrolle sowie systematisches Ausblenden von Langzeitfolgen sind bei der Berechnung der Rückstellungen eine hoch riskante Praxis, die umgehend geändert werden muss.“

Und wenn die zunehmend unter Druck stehenden Konzerne keine echten Rücklagen mehr bilden können, wird es genauso wie 1990: Auf einmal muss „der Staat“ wieder ran, die zerstörten Landschaften zu reparieren. Und dazu werden – nach den Erfahrungen der letzten 25 Jahre – 1,7 oder 3 Milliarden Euro nicht reichen. Aber wer soll das bezahlen? Die eh schon klammen Bundesländer?

„Es gibt zunehmende Risiken für die Gesellschaft, auf den Folgekosten des Braunkohlengeschäfts sitzen zu bleiben, nachdem jahrzehntelang hohe Gewinne in die Taschen der Aktionäre und Gesellschafter geflossen sind. Wir brauchen dringend Schutzmaßnahmen für die öffentlichen Haushalte in Land, Bund und Kommunen“, betont Lippold deshalb. Aber wie soll das gehen, wenn alle drei Landesregierungen nicht einmal wagen, den Gedanken an ein Ende des Kohlebergbaus zuzulassen und die Betreiber der Tagebaue in die Pflicht zu nehmen?

Ein Vorschlag von Gerd Lippold: „Einen wichtigen und leicht umsetzbaren Schritt könnte der Freistaat gehen, indem die Staatsregierung das Oberbergamt anweist, Betriebspläne nur noch gegen Sicherheitsleistung gemäß §56 Bundesberggesetz zu genehmigen. Das ist längst möglich und für sonstige Bergbauvorhaben üblich. Nur von der Braunkohle wurde das bislang nicht verlangt. Diese Praxis muss im Interesse der öffentlichen Haushalte umgehend beendet werden.“

Und dann stimmt er der Linksfraktion im Landtag zu, die das Thema genauso alarmiert betrachtet und die Forderung nach einem Stresstest unterstützt: „Nach diesem ersten Schritt braucht auch Sachsen die Ergebnisse eines Stresstests, der unabhängig prüft, ob die Rückstellungen in der Höhe ausreichend sind und sich am Ende auch in liquide Mittel umsetzen lassen. Jeder Zweifel daran muss umgehend eine gesetzliche Regelung zur Bildung von Vorsorgefonds unter öffentlich-rechtlicher Kontrolle zur Folge haben.“

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Keine Kommentare bisher

“Zahlt am Ende wieder der Steuerzahler für die Braunkohle-Folgekosten in Sachsen?”

OK, setzt 50 €, dass es genau so kommen wird.
Das gesamte Volk bezahlt für einige wenige dumme und ignoranten Betrüger.

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