Tut sich endlich was? Beendet Sachsen endlich seine Blockadepolitik bei den Erneuerbaren Energien? Öffnet es endlich den Weg hin zu einem Land, das den Großteil seiner Energie tatsächlich aus natürlichen Energiequellen bezieht? Der Druck kommt jetzt auch erstmals deutlicher aus der SPD-Fraktion.
„Sachsen hat bei den Erneuerbaren Energien zu lang auf der Bremse gestanden. Zwar sind die 2012 gesetzten Ausbauziele mit 28 Prozent Energie aus Wind, Sonne, Biomasse und Wasser mittlerweile erreicht. Sachsen rangiert damit aber immer noch auf dem letzten Platz im Vergleich mit allen anderen ostdeutschen Flächenländern“, stellte Jörg Vieweg, Sprecher für Mittelstandspolitik und Handwerk sowie für Energiepolitik der SPD-Fraktion am Mittwoch, 17. Februar, fest. Immerhin habe doch die Regierungsbeteiligung der SPD für deutlich ambitioniertere Ziele gesorgt. Bis 2025 sollen 45 Prozent des gesamten Energieverbrauchs, der Wärmeversorgung und der Mobilität im Freistaat aus Erneuerbaren Energiequellen stammen. 2035 sollen es 60 Prozent sein.
„Langfristig setzt die SPD auf 100 Prozent saubere Energieerzeugung auch im Freistaat. Hauptziel bleibt dabei der Kampf gegen den Klimawandel. Hier muss auch Sachsen seinen Beitrag leisten“, fordert Vieweg. Was ja wohl auch heißt, dass ihm der eigene Energieminister Martin Dulig viel zu zurückhaltend ist beim Auflösen der alten Verknotungen. Und so drängt Jörg Vieweg daher auf die im Koalitionsvertrag vereinbarte Fortschreibung des Sächsischen Energie- und Klimaprogramms. „Aus dem Energie- und Klimaprogramm muss ein Klimaschutz- und Energieprogramm 2020 werden.“
Dabei seien für ihn die Ergebnisse des jüngsten Klimagipfels im Dezember 2015 in Paris ein Meilenstein und enthielten auch wichtige Botschaften für Sachsen.
„Wenn selbst die Bundeskanzlerin die Ergebnisse von Paris begrüßt, müssen auch wir vor Ort zügig handeln. Ein ‚Weiter so‘ bei der Nutzung fossiler Energieträger darf es auch in Sachsen nicht geben. Sonst zerstören wir unsere eigenen Lebensgrundlagen und die unserer Kinder“, mahnt der SPD-Abgeordnete. Und das ist schon sehr deutlich, wenn man bedenkt, wie sehr auch Energieminister Martin Dulig bisher die Kohlepolitik der CDU-Regierung unterstützt hat. Eine hochriskante Politik, gerade vor dem Hintergrund rapide fallender Strompreise, die auch Energiekonzernen wie Vattenfall die Rendite kosten.
„Es nützt allerdings nichts, nur weiter Erneuerbare Energien auszubauen, wenn nicht gleichzeitig auch die Netze fit gemacht und viele dezentrale Speicher ermöglicht werden“, sagt Vieweg. „Mehr noch: Wenn wir den Ausbau der Speichertechnologien nicht verbessern, wird es nichts mit unseren ehrgeizigen Zielen“, so Vieweg. Aus diesem Grund setze die sächsische Regierungskoalition nicht ausschließlich auf den Neubau von Anlagen. Genauso wichtig seien der Ausbau von Netzen, Speichern und Energieforschung. „Deshalb wurde im November 2015 ein Masterplan Energieforschung und Speichertechnologie auf den Weg gebracht.“
Aber was nützt ein Masterplan, wenn er nicht zur Handlungsoption wird? Sachsen vertrödelt wichtige Zeit. In den fünf Jahren CDU/FDP-Regierung ist es in Sachen Energiepolitik völlig ins Hintertreffen geraten. Und schon 2015 hätte ein sichtbarer Richtungswechsel in der Politik erfolgen müssen.
Den vermisst aber Dr. Gerd Lippold, energiepolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Die hat am Mittwoch, 17. Februar, gleich mal ein eigenes Positionspapier zur Entwicklung der erneuerbaren Energien in Sachsen vorgelegt.
Trotz neuer Ausbauziele im Koalitionsvertrag von 40 bis 45 Prozent Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch bis Ende des Jahres 2025 habe sich die Genehmigungspraxis für Windenergie seit dem Regierungswechsel nicht verbessert. Gerade einmal neun neue Genehmigungen wurden im Jahr 2015 erteilt. Trotz eines SPD-geführten zuständigen Wirtschaftsministeriums werde der Ausbau der erneuerbaren Energie in Sachsen weiter ausgebremst. Sachsen sei im Ländervergleich noch weiter zurückgefallen.
„Wir brauchen ein klares gemeinsames Signal der CDU/SPD-Regierung zur Umsetzung des Koalitionsvertrages. Schöne Ziele allein nützen wenig. Auf das Handeln kommt es an. Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss beim Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) endlich Priorität erhalten“, kritisiert Lippold. „Wie sich ein Regierungswechsel mit echtem Willen zur Energiewende auswirken kann, zeigen die bis zu ihren Regierungswechseln ähnlich restriktiven Behörden in Thüringen mit 51 und Baden-Württemberg mit 70 erteilten Genehmigungen für Windenergieanlagen im Jahr 2015. Die erneuerbaren Energien wachsen in Sachsen nicht wegen, sondern trotz der Politik der Staatsregierung. Doch leider auf viel zu niedrigem Niveau.“
Maßgebend für die Landes- und Regionalplanung sei nun mal der Landesentwicklungsplan. Dieser verweise in Sachsen noch immer auf das Energie- und Klimaprogramm aus dem Jahr 2012, beschlossen von der damaligen CDU/FDP-Koalition, das längst von der Realität überholt wurde. Es gibt als Ziel einen Anteil an erneuerbaren Energien (Strom) von 28 Prozent im Jahr 2023 an. Ein geradezu peinliche Ziels, denn das wurde schon 2015 erreicht.
„Wirtschaftsminister Dulig muss sich bei seinem Koalitionspartner CDU endlich durchsetzen. Lippenbekenntnisse, die in der Koalition kein Konsens sind, reichen nicht aus. Notwendig ist eine unmissverständliche Positionierung der Staatsregierung. Dann muss eine Überarbeitung des Energie- und Klimaprogramms von 2012 der nächste Schritt sein. Sonst wird Sachsen endgültig beim Ausbau der Erneuerbaren abgehängt“, fordert Gerd Lippold. „Mit der Sächsischen Energieagentur (SAENA) hat der Wirtschaftsminister ein Instrument für die Beratung in den Regionen. Diese sollte gezielt eingesetzt werden, um zu informieren und bei Konflikten zu vermitteln, damit die Akzeptanz von Anlagen für Erneuerbare Energien in Sachsen endlich wieder steigt.“
Denn besonders gebremst hat die schwarz-gelbe Regierung beim Ausbau der Windkraft. Hier ist kaum noch etwas passiert, während Länder wie Niedersachsen und Schleswig-Holstein ihre Anteile deutlich steigern konnten.
Und auch der Appell, endlich mehr Energie in die Schaffung von Speichern zu stecken, verhallt bisher. Wenn die Landesregierung nicht endlich entsprechende Projekte unterstützt, wird der Ausbau der neuen Energiestrukturen weitgehend am Freistaat vorbeigehen und eher in Ländern wie Brandenburg und Thüringen stattfinden.
Am Mittwoch reagierte denn auch Wirtschaftsminister Martin Dulig selbst:
“Wir haben die Zeit der Windkraft-Blockade im November 2015 beendet. Ein klares Bekenntnis war der Verzicht auf eine gesetzliche‚10-H-Regelung‘ – wie es sie nur im Freistaat Bayern gibt – , die in Sachsen jeden Neubau von Windkraftanlagen verhindert hätte. Mit dem Windkrafterlass ermöglichen wir es der kommunalen Ebene, nun auf regionale Besonderheiten Rücksicht zu nehmen und passende Abstandsregelungen vor Ort zwischen Wohnbebauung und Windkraftanlagen zu finden, gemeinsam mit allen Beteiligten. Das ist nicht Verhinderungs-, sondern Ermöglichungspolitik, die den Ausbau der Erneuerbaren befördert. So haben wir es im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Eine solche Regelung ist notwendig, um die unterschiedlichen Interessen aller Beteiligten zusammenzuführen – nur so lässt sich Akzeptanz für den Ausbau der Erneuerbaren herstellen“, so der Minister.
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