Für den schwedischen Energieriesen Vattenfall war am Dienstag, 6. Oktober, alles gleich wieder klar. Die Nachrichtenagenturen berichteten von einer Meldung von Greenpeace Schweden, von Vattenfall einfach die zu Verkauf stehende Braunkohlesparte kaufen zu wollen. Und das Unternehmen reagierte mit einem herablassenden: "Das nehmen wir nicht ernst."

Jedenfalls berichtete der MDR so. Dabei war die Nachricht erst in den Morgenstunden getwittert worden: “Greenpeace vill köpa Vattenfalls brunkolverksamhet.Vi vill låta kolet stanna i marken.”

Dass Vattenfall darüber nicht groß nachdenken will, ist vielleicht verständlich, denn das würde auch das Eingeständnis mit sich bringen, dass die Braunkohleverstromung in der Lausitz am Ende ist und sich einfach nicht mehr rechnet. Mit wirklich üppigen Erlösen für seine Kraftwerke und Tagebaue wird der Konzern, der das alles bis 2016 verkaufen will, nicht mehr rechnen können. Seit Monaten sorgen die Kohlekraftwerke dafür, dass Vattenfall rote Zahlen schreibt. Dass die schwedische Regierung dem Staatskonzern den Ausstieg aus der Kohle aus Klimaschutzgründen verordnet hat, war dann eigentlich nur noch der Auslöser für die Verkaufsbemühungen. Würde Vattenfall nicht verkaufen, müsste der Konzern den Strukturumbruch in der Lausitz selbst in die Hand nehmen, denn für den Erhalt der Braunkohlebranche gibt es zwar Schützenhilfe durch die Regierungen von Sachsen und Brandenburg, dafür haben weder Konzern noch Staatsregierungen die simpelsten Konzepte für den anstehenden Ausstieg aus der Kohle.

Selbst die simpelste Marktbetrachtung würde auch Vattenfall dazu zwingen, in den nächsten Jahren einen Kohlemeiler nach dem anderen abzuschalten.

Natürlich wird eine Naturschutzorganisation wie Greenpeace nichts anderes machen. Nur wird man dort den betroffenen Beschäftigten nicht jeden Tag aufs neue den Bären aufbinden, die Meiler würden noch bis 2040 heizen, jenes Märchen, mit dem sich derzeit die Landesregierungen in Potsdam und Dresden in den Schlaf singen.

Dass Greenpeace Schweden nur einen Scherz gemacht haben könnte, glaubt zumindest einer nicht: Gerd Lippold, energiepolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Sächsischen Landtag.

“Wir halten das für eine ernst gemeinte Absichtserklärung. Wenn daraus zu gegebener Zeit ein verbindliches Kaufangebot resultieren sollte, so würde das dem schwedischen Staat eine interessante Option zur Lösung eines Dilemmas öffnen: einerseits das Kohlegeschäft aus Klimaschutzerwägungen verkaufen zu wollen, andererseits aber aus denselben Klimaschutzerwägungen dessen jahrzehntelange Fortsetzung eigentlich inakzeptabel zu finden”, kommentiert er den Twitter-Vorschlag. “Hier äußert sich mit Greenpeace nun ein Interessent, der einen Weg öffnen könnte, den Beschluss zum Verkauf mit einem klimagerechten Kohleausstiegskonzept zu verknüpfen.”

Immerhin hat auch Sachsens Regierung schon mehrfach durchblicken lassen, dass man gar nicht wirklich mit dem Weiterbetrieb der Kohlekraftwerke in der Lausitz rechnet. Deswegen würde man auch den alleinigen Verkauf der Tagebaue unterstützen. Dann würde die Kohle eben nicht in der Lausitz verbrannt, sondern in Böhmen zum Beispiel, woher derzeit die ernsthaftesten Bewerber kommen.

“Die Frage aus Sicht der Bieter ist am Ende, was mehr wert ist: die Millionen Tonnen Kohle, die noch verbrannt werden – oder die Milliarden Tonnen Kohle, die aus Klimaschutzgründen im Boden bleiben”, sagt Lippold. “Für die bisher diskutierten Erwerber, die tschechischen Energiekonzerne CEZ und EPH, resultiert ein Unternehmenswert der Kohlesparte nur aus der noch verbrennbaren Kohle. Für Greenpeace als potenziellem Erwerber hingegen, eventuell gestützt durch eine breite ‘Crowd Funding’-Initiative ist jede Tonne vermiedene CO2-Emission Teil einer werthaltigen Geschäftsstrategie.”

Seit 2011 gehört die Mibrag schon zum tschechischen EPH-Konzern.

Und Lippold traut Greenpeace durchaus zu, dass man dort genau das hinkriegen würde, dessen sich die Landesregierungen in Dresden und Potsdam bislang komplett verweigern: einen geordneten Ausstieg aus der Kohle.

“Auch für Greenpeace ist klar, dass man ein Tagebau- und Kraftwerksgeschäft geordnet und über einen längeren Zeitraum zu Ende führen muss. Im Energieerzeugungs- und Energiehandelsgeschäft ist Greenpeace nicht unerfahren”, stellt Gerd Lippold fest. “Mit Greenpeace Energy steht ein Energieversorger als Kompetenzträger bereit, der mit über 100 Millionen Euro Umsatz pro Jahr im Ökostromgeschäft erfolgreich unterwegs ist. Das öffnet die Chance, auch Teile eines Energieversorgungsunternehmens wie Vattenfall in Richtung Energiewende umzusteuern. – “Somit wäre der Kauf der Braunkohlensparte von Vattenfall durch Greenpeace sicher nicht als ‘feindliche Übernahme’ zu interpretieren. Vielmehr wäre das eine Chance, rechtzeitig den Kurswechsel in die neue Energiewelt und zu entschlossenem Klimaschutz zu schaffen, anstatt durch andere Erwerber in die Kohle-Sackgasse gesteuert zu werden.”

Die schwedischen Grenpeace-Aktivisten scheinen die Sache jedenfalls ernst zu meinen.  Sie verbreiteten die Absichterklärung am Dienstag auch auf Facebook und ihrer eigenen Website.

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Keine Kommentare bisher

Dass Greenpeace Expertise im Energieerzeugungsgeschäft hat, wusste ich gar nicht. Danke, Lizzy!

Dieses “nehmen wir nicht ernst” ist dann nur eine Drohung, dass Wattenknall den Verkaufspreis hochschrauben will, wenn denn schon jemand so “dämlich” ist, die Lausitzer Mondlandschaft kaufen zu wollen.

Konzerne sind schon komische Tiere.

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