Am Ende zählen nur Zahlen. Auch wenn selbst Regierungen gern nach Bauchgefühlen fragen wie etwa in der jährlichen Bevölkerungsumfrage der sächsischen Regierung, die am Dienstag, 30. Juni, vorgestellt wurde. Auch wenn das Thema Wirtschaft denkbar knapp ausgewertet wurde: "Auch die persönliche wirtschaftliche Situation und die Wirtschaftslage in Sachsen werden von sieben von zehn Befragten als gut eingeschätzt."

Tatsächlich hat die Frage nach dem Zustandsempfinden der persönlichen und allgemeinen wirtschaftlichen Lage 2015 einen kleinen Dämpfer bekommen: 2014 hatten noch 72 Prozent der Befragten ihre persönliche wirtschaftliche Lage als gut bis sehr gut eingeschätzt, 71 Prozent fanden, dass es Sachsens Wirtschaft gut geht. Während 2015 nun sogar 72 Prozent die Lage der sächsischen Wirtschaft als gut bis sehr gut einschätzen, ist das persönliche Empfinden mit 69 Prozent etwas gedämpft worden.

Das ist die Krux an Stimmungsabfragen: Sie sind extrem abhängig von der Medienberichterstattung. Möglicherweise hat auch das auf einmal in den Fokus gerückte Thema Flüchtlinge und Asyl die Stimmung gedrückt. Aber 2014 war auch Wahljahr mit allerlei blumigen Versprechungen. Das hat die Zahlen noch einmal befeuert, denn im Vergleich dazu war die Stimmung 2013 eher ein bisschen flau. Da empfanden nur 63 Prozent der Befragten ihre wirtschaftliche Situation als gut und besser und nur 58 Prozent hielten die wirtschaftliche Situation Sachsens für gut.

Dabei war das sogar ein prächtiges Jahr, wie nun das Sächsische Landesamt für Statistik vermeldet: “Umsätze sächsischer Unternehmen 2013 auf neuem Höchstwert”.

Die Frage ist eher: Wie gut oder schlecht ist eigentlich die wirtschaftliche Medienberichterstattung in Sachsen? Und wieviel von der Entwicklung bekommt der normale Bürger eigentlich mit?

Dass sich da etwas verändert, das war schon 2013 spürbar. Denn da die großen Unternehmen begannen, wieder verstärkt Personal einzustellen, verschwanden ein paar hundert kleine und Kleinstunternehmen aus den Registern: “Die rund 150.200 umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen in Sachsen konnten 2013 einen neuen Höchstwert beim Umsatz aus Lieferungen und Leistungen von 122 Milliarden Euro verbuchen. Das waren nach Angaben des Statistischen Landesamtes 800 Millionen Euro (0,7 Prozent) mehr als 2012. Die Anzahl steuerpflichtiger Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 17.500 Euro verringerte sich im Vergleich zum Vorjahr geringfügig um 300 Unternehmen (-0,2 Prozent).”

Stimmungsbild zur Wirtschaftslage 2015. Grafik: SSK, Freistaat Sachsen/ TMS
Grafik: SSK, Freistaat Sachsen/ TMS

2009 war die Entwicklung der sächsischen Wirtschaft mit der Finanzkrise unterbrochen worden, als die Gesamtumsätze von 117 Milliarden auf 105 Milliarden Euro abstürzten. Seit 2011 hat Sachsen mit damals 118 Milliarden Euro Umsatz wieder Anschluss an die seit 2005 anhaltende Entwicklung gefunden. Das verarbeitende Gewerbe spielt zwar mit einem Umsatz von 30 Milliarden Euro eindeutig die Hauptrolle – aber das ist, wie man sieht, nur ein Viertel der Musik.

“Als zweitstärkste Branche erwirtschaftete der Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) 26,5 Milliarden Euro”, rechnen die Statistiker noch vor. Das geht oft unter, wenn von “Wirtschaft” geredet wird, welche große Rolle das Geld aus den Börsen der Bürger spielt, wenn sie ihre täglichen Einkäufe machen. Jeder fünfte Euro wird hier umgesetzt. Und auch fast jedes fünfte sächsische Unternehmen war im Bereich Handel tätig.

“Gemessen am Umsatz erreichte die Energieversorgung als drittstärkste Branche 17,9 Milliarden Euro Umsatz bzw. 14,6 Prozent des sächsischen Gesamtumsatzes. Die Energiebranche weist den mit Abstand höchsten Durchschnittsumsatz je Unternehmen aus (12,9 Millionen Euro)”, so die Statistiker. Die dann auch nicht vergessen zu erwähnen, dass die meisten Unternehmen nur kleine und kleinste Unternehmen sind. Und wenn man es genauer betrachtet, haben sie auch nicht wirklich eine Lobby im Land. Die Politik und Interessenvertretung wird von den Großen gemacht, die in der Regel auch nur ihre Spezialinteressen artikulieren.

Die Kleinen zahlen zwar keine Millionensteuern – in der Menge aber leisten sie einen Beitrag zum Umsatzgeschehen, der sich locker mit dem Umsatz des Handels oder der Energieversorger messen kann: “Neun von zehn sächsischen Unternehmen zählten 2013 mit einem Jahresumsatz von weniger als 1 Million Euro zu den Kleinstunternehmen. Sie trugen 21,8 Milliarden Euro (17,9 Prozent) zum Gesamtumsatz aus Lieferungen und Leistungen aller sächsischen Unternehmen bei. Die 220 Großunternehmen mit mindestens 50 Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschafteten zusammen 40,3 Milliarden Euro und damit ein Drittel des Gesamtumsatzes. Im Jahr 2013 waren sechs Unternehmen in Sachsen Umsatzmilliardäre.”

Dazu gehörten zum Beispiel die Leipziger Stadtwerke.

Die meisten kleinen Unternehmen aber findet man eher in Branchen wie der “Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen Dienstleistungen” – immerhin 18.207 mit einem Umsatz von insgesamt 6,8 Milliarden Euro. Oder bei der “Erbringung von sonstigen Dienstleistungen” – immerhin 16.780 mit einem Umsatz von 2,9 Milliarden Euro. Die können sich natürlich nicht mit den gigantischen Handelsvolumina der Handelsriesen, Energiehändler, Banken oder Industrieunternehmen vergleichen. Das Geld fließt vor allem für Tätigkeiten aller Art, ohne die auch die großen Läden nicht laufen. Deswegen gehören eigentlich auch die 8.883 Gastronomiebetriebe hierher, die immerhin 2,1 Milliarden Euro umsetzen. Ist das viel, ist das wenig? Zumindest ist es keine kluge Idee, eine Region komplett auf Gastgewerbe und Tourismus zu trimmen. Da kommt einfach zu wenig bei rum.

Am Ende macht es immer die Mischung. Und wenn möglichst viel verarbeitendes Gewerbe in der Region gehalten werden kann, kann die Mischung auch recht tragfähig sein.

Die aktuelle Umfrage der sächsischen Staatskanzlei.

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