Selbst bei der L-IZ liefen vor diesem 20. März die E-Mail-Fächer über. Ein ganzes Rudel seltsamer Agenturen hatte sich darauf versteift, die Medien mit Paniktexten zur partiellen Sonnenfinsternis zu beglücken. Etliche Medien haben das Panik-Spiel mitgemacht, obwohl ein simpler Anruf bei den Netzbetreibern genügt hätte, um dieser sinnlosen Geschichte den Boden zu entziehen. Denn die Netzbetreiber können mit solchen Dingen schon lange umgehen.
Das haben sie in den letzten Jahren regelrecht trainiert. Sie sind längst mittendrin in der Schaffung flexibler Netze, die in der Lage sind, Spitzen und Einbrüche bei der Erzeugung von Sonnen- oder Windstrom abzufedern. Deutschland ist bei dem Thema längst weiter als alle anderen Staaten. Dass es für die eigenen Ziele bei der Energiewende hinterher kleckert, ist ein anderes Thema.
Aber so eine partielle Sonnenfinsternis wegzupuffern, das ist auch beim Netzbetreiber der ostdeutschen enviaM, der Mitnetz Strom, längst normales Tagesgeschäft. Auch wenn das Unternehmen jetzt freudige Botschaften versendet, man habe “… die partielle Sonnenfinsternis vom 20. März erfolgreich gemeistert. Die Zusammenarbeit mit dem Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz erfolgte reibungslos. Die Situation zeigt, dass der Umbau des Energiesystems eine enorme Herausforderung für die Verteilnetze darstellt”.
Ein bisschen nach Arbeit muss es natürlich klingen. Aber das Meiste ist einfach moderne, computergestützte Regelungstechnik, die genau dafür entwickelt wurde. Dazu gehört für den regionalen Verteilnetzbetreiber natürlich auch zu jeder Zeit die Beobachtung der Photovoltaik-Leistungswerte, also des Strom-Anteils, der mittlerweile von Photovoltaik-Anlagen ins Stromnetz eingespeist wird.
“Die Herausforderung bestand darin, in kürzester Zeit auf Anweisung von 50Hertz Einspeiseleistung reduzieren zu können”, heißt es in der Mitteilung von Mitnetz Strom. Man hätte also handeln können, wenn es so gekommen wäre, wie diverse Agenturen orakelt hatten. Ist es aber nicht.
Klare Ansage: Es mussten keine Maßnahmen umgesetzt werden. Für die Kunden waren keine Auswirkungen spürbar.
Der Rest ist dann die simple Beschreibung eines ganz normalen anfangs sonnigen Frühlingstages:
“Zu Beginn der Sonnenfinsternis gegen 10 Uhr waren 1.650 Megawatt Photovoltaik-Leistung im Netz zu verzeichnen. Das entsprach etwas mehr als der Hälfte der installierten Photovoltaik-Leistung im Netz der Mitnetz Strom. Zum Höhepunkt der Sonnenfinsternis um 10:45 Uhr reduzierten sich diese auf insgesamt 500 Megawatt. Zum Zeitpunkt des Mondaustritts um zirka 12 Uhr gingen die Photovoltaik-Anlagen im Gebiet der Mitnetz Strom mit einer gesamten Leistung von 2.160 Megawatt wieder ans Netz.”
Das entsprach dann rund 80 Prozent der gesamten installierten Photovoltaik-Leistung im Netzgebiet. Der Anteil der Mitnetz Strom beträgt derzeit rund 2.600 Megawatt.
Aber da nun einmal eine geringe Wahrscheinlichkeit bestand, dass dieses flotte Auf und Ab vielleicht doch einen Eingriff hätte erforderlich machen können, waren die Mitarbeiter des Netzbetriebes der Mitnetz Strom auf den heutigen Einsatz im Netz vorbereitet, betont das Unternehmen. Gegen 12:30 Uhr aber war dann die erhöhte Bereitschaft abgeschlossen.
Einen gewissen Respekt vor der mittlerweile ausgebauten Leistungsstärke der installierten Solaranlagen haben die Netzbetreiber schon. Im Sommer müssen sie ja mittlerweile immer wieder eingreifen – dann aber, weil zu viel Strom im Netz ist.
Also gibt man sich zum Thema noch einmal forsch: “Auf Grund des hohen Anteils an installierter Photovoltaik-Leistung in Deutschland – rund 39.000 Megawatt – sowie in Italien und Frankreich stellte die Sonnenfinsternis eine große Herausforderung an die Übertragungsnetzbetreiber in Europa dar. Mitnetz Strom war seit mehreren Monaten in Abstimmung mit 50Hertz. Dabei wurden Maßnahmen entwickelt, um auf die Gegebenheiten im Netz vorbereitet zu sein. So fanden in den letzten Wochen Tests bezüglich reibungsloser Kommunikation mit 50Hertz und möglicher Notabschaltungen per Fernwirktechnik statt. Zudem wurden bei der Mitnetz Strom am 20. März von 9 und 13 Uhr keine planmäßigen Schalthandlungen sowie Baumaßnahmen im Hochspannungsnetz durchgeführt. Die Mitarbeiter in der Netzleitstelle Taucha wurden zusätzlich geschult. Die Schaltleitung ist rund um die Uhr besetzt.”
Aber obwohl kein Wölkchen die Sonne verdeckte, hatte die partielle Mondfinsternis nicht die befürchteten Auswirkungen. Es musste nicht eingegriffen werden.
Dafür sieht man auf der Grafik schön, wie die teilweise Verdeckung der Sonne ab 9.40 Uhr den normalen Leistungsaufbau der Solaranlagen unterbrach und die Leistung deutlich absinken ließ. Ab 10.50 Uhr ging sie dann wieder flott nach oben und erreichte gegen 11.50 wieder ihre Aufbaukurve für den ansonsten sonnigen 20. März 2015.
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