Es klingt schon sarkastisch, wenn Wolfram Günther nach zwei erhellenden Anfragen an die sächsische Staatsregierung sagen kann: "Die Straathof-Holding GmbH kann sich in Sachsen weiter 'sauwohl' fühlen." Im November 2014 wurde gegen den größten europäischen Schweinezüchter Adrianus Straathof ein bundesweites Tierhaltungs- und Betreuungsverbot verhängt. Doch auch die neue sächsische Staatsregierung kümmert es nicht. Auch wenn jetzt unverhofft neue Straathof-Anlagen in Sachsen auftauchen.

Die Kritik der sächsischen Grünen an der laschen Politik der sächsischen Staatsregierung in punkto Massentierhaltung ist nicht neu. Sie sieht manchmal wie Prinzipienreiterei aus. Aber selbst die für Tierschutz zuständige Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU) muss zugeben, dass die Grünen wohl einige gute Gründe haben, auch die sächsischen Anlagen von Straathof in Frage zu stellen, die eigentlich im Herbst längst hätten geschlossen werden müssen. Doch in Sachsen werden solche Anlagen nicht so schnell geschlossen. Es gibt immer ein paar Hintertürchen.

Laut Antwort der Ministerin hat sich Adrianus Straathof in allen vier sächsischen Betrieben  am 21. Dezember 2014 von je zwei neuen Geschäftsführern ablösen lassen. Somit sieht die Ministerin Adrianus  Straathof nicht mehr als Tierhalter im Sinne des Tierschutzgesetzes. Wie weit Sachsen diese Spielräume auslegt, klingt in der Antwort von Barbara Klepsch so: “Mit dem vom Landkreis Jerichower Land mit Bescheid von 24. November 2014 verfügten Tierhaltungsverbot ist weder die Schließung der Schweinezuchtbetriebe noch etwa eine Ausstallungsverpflichtung oder ein Wiederbelegungsverbot verbunden”, teilt sie mit. “Herr Adrianus Straathof hat die Möglichkeit der – gegebenenfalls auch nur befristeten – rechtsgeschäftlichen Übertragung der Befugnisse zur Haltung von Tieren, um der Verfügung des Landkreises Jerichower Land nachzukommen.”

Neue Geschäftsführer benannt – weiter geht’s. Und ein Entzug der Betriebserlaubnis ist faktisch unmöglich, stellt Klepsch noch so nebenbei fest. Denn die Genehmigung für solche Anlagen wird nach Bundesimmissionsschutzgesetz vergeben – wer nicht nachweislich die Umwelt schädigt durch den Betrieb der Anlage, kann eigentlich nicht an der Arbeit gehindert werden.

Straathof hatte nur ein persönliches Tierhaltungsverbot aufgebrummt bekommen. Nun hat er einfach mal ein paar neue Geschäftsführer in die verantwortlichen Stellen gesetzt – und alles ist gut.

Doch Wolfram Günther, agrarpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, hält die Antwort der Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU) für falsch: “Es kann nicht sein, dass nur ein paar formale Änderungen vorgenommen werden müssen, um wie bisher weiterzumachen. Der bloße Rückzug von Adrianus Straathof als Gesellschafter reicht in keiner Weise aus, um das Tierhaltungsverbot umzusetzen. Erforderlich wäre vielmehr, dass er umgehend als Gesellschafter der Anlagen ausscheidet und sichergestellt wird, dass Straathof auch anderweitig keinen Einfluss mehr im Unternehmen ausüben kann.”

In einem Brief an die Ministerin sowie an die Landräte, in deren Landkreisen Anlagen der Straathof-Holding produzieren, fordert der grüne Landwirtschaftsexperte und Jurist die umgehende Schließung bzw. Ausstallungsverpflichtung für Straathofs Schweinezuchtbetriebe. Er beruft sich dabei auf eine Verfügung des Landkreises Jerichower Land sowie auf Paragraf 2 des Tierschutzgesetzes (TierSchG). Danach ist es unerheblich, ob die mit einem Tierhaltungsverbot bestrafte Person Eigentümer der Tiere ist. Es komme nur darauf an, ob der Betroffene Einfluss auf die Haltung der Tiere nehmen kann.

Dass das Ministerium jetzt auf einmal von vier Straathof-Anlagen in Sachsen weiß, erstaunt Wolfram Günther besonders.

Die Anzahl der Straathof-Niederlassungen in Sachsen hat sich auf dem Papier vervierfacht. Während der ehemalige Landwirtschaftsminister Frank Kupfer (CDU) bei der Beantwortung einer Kleinen Anfrage Anfang 2014 nur einen Betrieb der Straathof-Holding (in Bad Düben/Wellaune) kennen wollte, rechnete Ministerin Klepsch der Holding vier Betriebe zu. “Immerhin ein Fortschritt”, so Günther.

Die oben genannten Änderungen betreffen die Betriebe in Pausa/Thierbach (Vogtlandkreis), Waldenburg (Lkr. Zwickau), Bad Düben/Wellaune sowie Schönwölkau/Wannewitz (beide Lkr. Nordsachsen). Alle vier Standorte gehören seit Mitte November zum Betrieb Sauenhaltung Tierbach GmbH, Pausa Vogtland.

Alle vier Betriebe wurden 2014 – wie Barbara Klepsch erklärt – “risikoorientiert” von den sächsischen Behörden kontrolliert. Sie spricht sogar von den letzten Jahren. In ihrer Antwort an Günther liefert sie aber nur die Mängellisten für 2014 mit, die von baulichen Mängeln über nicht genehmigte Gruppenhaltung bis zur Ferkeltötung reichen (wofür es auch eine Strafanzeige gab). Die Kontrollen fanden im September und November statt.

Bei länderübergreifenden Vorkommnissen stimme man sich zwar ab, teilte Klepsch noch mit. Aber augenscheinlich fährt Sachsen dann doch lieber eine eigene Politik und fasst die Betreiber von großen Zuchtbetrieben mit Samthandschuhen an.

Günthers Fragen der gewerblichen Tierhaltung in Sachsen, insbesondere zu den Kontrollen in den Anlagen von Adrianus Straathof als pdf zum Download.

Frage und Antwort zum “Tierhaltungs- und Betreuungsverbot” für Herrn Adrianus Straathof als pdf zum Download.

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