Schon seit geraumer Zeit ist von hochflexiblen und leicht steuerbaren Kohlekraftwerken die Rede. Eigentlich ein Unding: Kohlekraftwerke fahren immer mit Grundlast. Man kann sie nicht einfach an- oder ausschalten wie etwa Gasturbinen. Aber im brandenburgischen Kraftwerk Jänschwalde hat Vattenfall einen neuen Brenner in Betrieb genommen, der zumindest die Grundlast, mit der ein Kraftwerksblock gefahren wird, deutlich absenkt.
Ein Prototyp dieser neuen Generation von effizienten und hochflexiblen Braunkohlekraftwerken begann am Donnerstag, dem 13. November, im Kraftwerk Jänschwalde den Betrieb. Herzstück der Pilotanlage ist ein neu entwickelter Brenner mit elektrischer Plasmazündung. Er macht die Umstellung der Zünd- und Stützfeuerung vom bisherigen Brennstoff Öl auf Trockenbraunkohle und damit eine deutlich flexiblere Fahrweise des Kraftwerksblocks F möglich.
Und Vattenfall schildert auch gleich mal, wie man sich das vorstellt mit dem Kohlemeiler als Übergangstechnologie in der Energiewende: “Die Fähigkeit moderner Braunkohlenkraftwerke, ihre Erzeugungsleistung schnell innerhalb eines möglichst breiten Regelbandes zu steigern oder einzusenken, macht sie zu einem unverzichtbaren Teil der Energiewende, weil sie die schwankende Stromeinspeisung von Wind- und Solaranlagen je nach Bedarf ausbalancieren können. So halten sie die erforderliche Frequenz im Stromnetz stabil und ebnen erneuerbaren Energien den Weg zum Verbraucher.”
Das ist genau die Funktion, die eigentlich in der Energiewende die tatsächlich an- und abschaltbaren Gaskraftwerke spielen sollten.Vattenfall hat sich die Entwicklung der neuen Steuereinheit richtig Geld kosten lassen: Mit einer Investitionssumme von 13 Millionen Euro wurde einer der beiden Kessel des 500-MW-Blocks auf die innovative Technologie umgerüstet. Zur Brennstoff-Versorgung wurde ein 40 Meter hohes Trockenbraunkohle-Silo in unmittelbarer Nachbarschaft des Blocks errichtet und an diesen angekoppelt.
“Mit der Anlage zur Zünd- und Stützfeuerung auf Basis von Trockenbraunkohle wird das Kraftwerk Jänschwalde zu einem Pionier in Sachen Flexibilität”, erklärte am Donnerstag Hubertus Altmann, Vorstand für das Ressort Kraftwerke der Vattenfall Europe Mining AG und Vattenfall Europe Generation AG. “Unsere Kraftwerksingenieure wollen an diesem Standort nachweisen, dass ein mit TBK-Technologie ausgerüsteter Kraftwerksblock seine Mindestlast, die nach heutigem Standard bei 33 Prozent liegt, auf bis zu 20 Prozent absenken kann. Damit lässt sich die Anlage wesentlich flexibler und effizienter fahren – das spart Ressourcen und damit auch Emissionen.”
Mindestlast heißt eben: Auch im Minimalmodus erzeugt der Kraftwerksblock dann 20 Prozent der Strommenge, die er bei Maximalauslastung fahren kann. Der Fortschritt liegt in der Absenkung dieser ständig eingespeisten Strommenge von 33 auf 20 Prozent, was zumindest den Brennstoffverbrauch gerade in den Sommermonaten deutlich senkt. Trotzdem produziert das Kraftwerk weiter Strom und muss ihn in einem Netz, das immer öfter schon mit Solar- und Windstrom belastet ist, irgendwie loswerden. Das Grundproblem ist – anders als bei Gasturbinen – noch nicht gelöst.
Hingegen kann der Kraftwerksblock nun auch in Zeiten stark steigenden Bedarfs schneller hochgefahren werden, ein Feld, bei dem gerade die Stadtwerke Leipzig viel Geld in die Aufrüstung ihr Gasturbinen investiert haben. Wieder kommt die Kohletechnologie mit der Gastechnologie in Kollision. Das sieht eher nach jeder Menge Chaos aus als nach einer gestalteten Energiewende.
Aber Politiker sind ja stolz, wenn sie Bänder durchschneiden oder rote Anlasser-Knöpfe drücken können. Brandenburgs Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke gab am Donnerstag gemeinsam mit Hubertus Altmann und Julia Bell, Leiterin Projekte für den Vattenfall-Bereich Continental/UK, das Startsignal zur Inbetriebsetzung der TBK-Anlage.
Woidke sagte bei der Gelegenheit das, was die Kraftwerksleute nur zu gern hören: Kohlekraft sei jetzt eben die gewünschte Brückentechnologie. Woidke: “Damit die Braunkohle ihrer Rolle als Brückentechnologie in der Energiewende gerecht werden kann, müssen die Kraftwerke effizienter und flexibler werden. Die neuartige Starthilfe für einen Braunkohlekessel auf der Basis von Trockenbraunkohle ist dabei ein wichtiger Baustein. Mit ihr kann besser auf die zunehmende Einspeisung von Strom aus Regenerativen Energien reagiert werden. Damit hat die Anlage energiepolitische Bedeutung über Brandenburg hinaus.”
In der Pilotanlage kommt künftig Trockenbraunkohlestaub zum Einsatz, der im Vattenfall-Veredlungsbetrieb in Schwarze Pumpe hergestellt wird. Mit der dort angewendeten Technologie lässt sich der Wassergehalt der Braunkohle von etwa 50 auf unter 10 Prozent senken.
http://corporate.vattenfall.de/newsroom/pressemeldungen/2014/janschwalde-startet-initialzundung-fur-die-energiewende/
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