Die Braunkohlekraftwerke in Sachsen haben im Jahr 2013 insgesamt 813 Kilogramm Quecksilber ausgestoßen. Das geht aus einer Kleinen Anfrage von Antje Hermenau für die Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag hervor. Das Kraftwerk Lippendorf stieß 410 Kilogramm Quecksilber aus, das Kraftwerk Boxberg 370 Kilogramm und das Heizkraftwerk Chemnitz 51 Kilogramm. Und das sind nur die Kohlekraftwerke.

“Quecksilber ist ein gefährliches Gift”, sagt dazu nun Volkmar Zschocke, Landesvorsitzender und Spitzenkandidat von Bündnis 90 / Die Grünen für die Landtagswahl. Und er geht damit auch noch auf ein Thema ein, mit dem nun seit der EU-Verordnung für Energiesparlampen eifrig Stimmung gemacht wird: dem Quecksilbergehalt von Energiesparlampen. Ein Thema, das eher winzig erscheint im Vergleich mit dem Quecksilber-Ausstoß von Braunkohlekraftwerken. Zschocke: “Allein das Kraftwerk Boxberg emittiert damit Jahr für Jahr so viel Quecksilber wie 300 Millionen zerbrochene Energiesparlampen. Diese große Gefahr gehört endlich auf die politische Tagesordnung. Der hochtoxische Stoff belastet unsere Gesundheit, denn am Ende landet das Quecksilber immer in unserer Umwelt.”

Der Ausstoß von Quecksilber hat sich in den vergangenen 10 Jahren in Sachsen fast verdreifacht. Zumindest, wenn man die verfügbaren Daten des Umweltministeriums nimmt. Tatsächlich liegen für die Zeit vor 2007 kaum belastbare Werte vor.

Zschocke fordert strengere Grenzwerte: “In anderen Ländern sind die Quecksilber-Grenzwerte viel strenger, weil die Gefährlichkeit erkannt und die notwendigen Maßnahmen konsequent ergriffen wurden. So ist der Grenzwert für Quecksilber in Kohlekraftwerksabgasen in den USA zwanzigfach schärfer als in Deutschland. Durch Nachrüstung mit chemischen Reinigungstechnologien könnte dies auch in Deutschland erreicht werden, wenn der Schutz vor Gefahren wichtiger wäre als der Schutz von Kohlestromproduzenten vor Nachrüstungskosten. Auch darum ist Kohlestrom hierzulande so billig.”Zschocke verweist darauf, dass in anderen Zusammenhängen deutlich stärker auf die Gefahren von Quecksilber hingewiesen wird, als es bei der Verbrennung von Braunkohle der Fall ist: “Gegen Energiesparlampen wird immer wieder wegen ihres Quecksilbergehaltes ein Feldzug geführt. Eine Energiesparlampe kann beim Zerbrechen etwa 1 -1,5 Milligramm Quecksilber in die Luft freisetzen. Das Umweltbundesamt empfiehlt, nach Zerbrechen einer solchen Lampe 20 Minuten den Raum zu verlassen und gut zu lüften. Schwangere und Kleinkinder sollen mit den Resten der Lampe gar nicht in Kontakt kommen. Sie muss als Sondermüll entsorgt werden. Jedes Gramm freigesetztes Quecksilber ist ein Gramm zu viel – bei Lampen und bei Kohlekraftwerken erst recht.”

Das erste Jahr, für das in Sachsen zumindest für die Kohlekraftwerke belastbare Zahlen vorliegen, ist das Jahr 2007. Damals wurden 455 Kilogramm Quecksilber in den sächsischen Himmel geblasen. Im Kraftwerk Lippendorf zog der Quecksilberausstoß in den Folgejahren heftig an und erreichte allein dort im Jahr 2010 den Rekordwert von 1.160 Kilogramm Quecksilber. Umweltminister Frank Kupfer geht in seiner Antwort an Antje Hermenau darauf ein, dass der Quecksilberausstoß eng mit der Kohlequalität vor Ort zu tun hat.

Der Quecksilbergehalt der in Lippendorf verbrannten Kohle steigt auch nicht tendenziell, so Kupfer. Dazu kam in Lippendorf seit 2004 auch noch die Verbrennung von Klärschlämmen. Erst seit 2011 sinken die Quecksilberemissionen in Lippendorf wieder. Dafür steigen im ostsächsischen Kraftwerk Boxberg die Quecksilberemissionen seit 2007 kontinuierlich an. 2012 kam dort auch noch der neue Heizblock R hinzu, der allein 118 Kilogramm Quecksilber im Jahr zur Emissionsbilanz beiträgt.

Welche Auswirkungen das Quecksilber auf die Gesundheit der Sachsen hat, das vermag dann auch Frank Kupfer nicht zu sagen, weil die “Relation zu anderen möglichen Quellen” nicht verifizierbar sei. Man kann es auch so sagen. Das hat noch niemand umfassend untersucht, wohl auch, weil sich niemand bereit findet, eine solche Gesundheitsstudie zu bezahlen. Und so agiert Sachsens Umweltpolitik frei nach dem Motto: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.

Erst am Samstag, 23, August, hatten 7.500 Menschen in der Lausitz mit einer Menschenkette gegen Braunkohletagebau und -verstromung demonstriert. Volkmar Zschocke hatte sich an der Menschenkette beteiligt. Am Dienstag, 26. August, wollen die Grünen jetzt gemeinsam mit der Bundesvorsitzenden Simone Peter in Leipzig die Folgen der Braunkohleverstromung anmahnen. In einer Aktion auf dem Leipziger Augustusplatz werden ab 13.30 Uhr symbolisch sächsische Dörfer in einem Kohleofen verbrannt.

Die Kleine Anfrage “Quecksilberemissionen aus Braunkohle in Sachsen” als PDF zum Download.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar