Wie hübsch jubelte doch der Sächsische Verkehrsminister am Freitag, 4. Juli: "Sachsen ist Vorreiter bei der Entwicklung, Herstellung und dem Einsatz von Elektrofahrzeugen. Das Projekt demonstriert beispielhaft den Einsatz zukunftsweisender Mobilitätsangebote bei der öffentlichen Hand wie zum Beispiel der Wirtschaftsförderung Sachsen." Sein Jubel war noch nicht mal verhallt, da schickte die Grünen-Fraktion ihre Meldung zu einer Kleinen Anfrage herum, die das Gegenteil belegt. Nix da mit Vorreiter.

Den Jubelspruch hatte Verkehrsminister Sven Morlok (FDP) im Rahmen des Projekts “Elektromobilität in Dresden”, bei dem es um dispositions- und berührungslose Ladesysteme geht. Also noch einfach Strom tanken, ohne lange Verkabelungszeiten an der Ladesäule. Es ist ein Teilprojekt des Schaufensters Elektromobilität.

Und da wir gerade in Dresden sind, lohnt es sich, einen alten Dresdner zu zitieren: Erich Kästner. In seinem Gedicht “Moral” heißt es: “Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.” Das Gute nämlich. Das erst verändert die Welt.

Aber das mit der Vorbildwirkung sieht Sachsens Staatsregierung nicht so eng.

Sachsen hatte sich 2012 gemeinsam mit Bayern erfolgreich um das Schaufenster Elektromobilität beworben. Unter dem Leitmotto “Elektromobilität verbindet” sollen Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 130 Millionen Euro gefördert werden. Hauptargument der Bewerbung war auch damals schon der sächsische Fahrzeugbau als tragende Säule der wirtschaftlichen Wertschöpfung und seine mögliche Nutzung bei der Einführung von Elektroautos.

“Bei ihrem eigenen Fuhrpark ist die Staatsregierung an ihren Ansprüchen im Bereich Elektromobilität gescheitert”, stellt nun Eva Jähnigen, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, nach der Auswertung einer Kleinen Anfrage fest. “Ein Vergleich der Neuanschaffungen mit Elektroantrieb im Fuhrpark der Staatsregierung mit denen der Bundesregierung spricht eine deutliche Sprache.”
Seit 2009 wurden für alle sächsischen Landesbehörden insgesamt nur 26 Elektroautos angeschafft. Dabei sind der größte Posten – 10 Elektroautos – für die Polizei.

Im Kultus-, Justiz,- und Wissenschaftsministerium finden sich überhaupt keine Elektroautos unter den Neuanschaffungen. Aber auch sonst kommen nur einzelne Einrichtungen in den Genuss einzelner Elektroautos. Beim Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie und beim Sachsenforst macht die Bestellung jeweils eines Fahrzeuges einen Anteil an den Neubestellungen von weniger als einem Prozent aus, bei den Sächsischen Krankenhäusern und dem Sächsischen Immobilien- und Baumanagement weniger als zwei Prozent. Selbst beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr wurden 2014 nur zwei Prozent der Neubestellungen als Elektroautos geordert.

Spitzenreiter in Sachsen ist die Sächsische Staatskanzlei: Jeweils eines der vier neuangeschafften Autos 2013 und 2014 fahren mit elektrischem Antrieb.

Aber die Bilanz des von Sven Morlok geführten Wirtschaftsministeriums birgt sogar eine witzige Facette, denn das eine Elektrofahrzeug, das das Ministerium seit 2011 betreibt, ist ein Pedelec. Man wagt sich kaum vorzustellen, dass der Minister mit dem Elektrofahrrad in Dresden von Termin zu Termin fährt.

Natürlich ist es vorstellbar. Und es gibt einige Gründe dafür anzunehmen, dass die Sachsen eine Pedelec-fahrende Regierung durchaus lieben würden.

Nur denken die Leute, die heutzutage Regierungsämter anstreben, nicht so. Sie denken eher in Hubraum, PS und weichen Polstern.

“Die Bundesregierung nimmt ihren Anteil am Schaufenster-Programm Elektromobilität in Bezug auf die eigene Fahrzeugflotte ernster”, bilanziert Jähnigen. “Seit Januar 2013 waren im Bundesverkehrsministerium 20 Prozent der neuangeschafften bzw. angemieteten Fahrzeuge Elektroautos, im Bundesumweltministerium zwölf Prozent, im Bundesministerium für Arbeit und Soziales immerhin zehn Prozent und im Bundespresseamt sogar 22 Prozent. In den Antworten auf meine Kleine Anfrage erklärt Innenminister Markus Ulbig (CDU), dass Sachsen keinerlei Ziel bezüglich eines angestrebten Anteils von Fahrzeugen hat, die weniger als 50 g CO2 pro Kilometer emittieren. Politische Vorbildwirkung sieht anders aus”, meint Jähnigen.

Aus Sicht der Grünen-Fraktion müsse die Förderung von Elektromobilität in den kommenden Jahren auch systematisch mit dem massiven Ausbau der Produktion aus erneuerbaren Energiequellen verknüpft werden, um die Grundlage für eine umweltbewusste Mobilität zu schaffen.

www.schaufenster-elektromobilitaet.org

Kleine Anfrage an die Bundesregierung zu den Neuanschaffungen der Dienstfahrzeuge durch Stephan Kühn (5/131): www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/ua/Antwort-schrftl-Frage_50g-CO2_MdB-Kuehn.pdf

Die Kleine Anfrage “Eingesetzte Elektrofahrzeuge/emissionsarme Fahrzeuge bei der Kfz-Dienstflotte des Freistaates” als PDF zum Download.

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