Unter dem Motto "Vom Dichten und Dämmen zurück zum Denken" trafen sich in der vergangenen Woche gut 200 Teilnehmer im Internationalen Congress Center Dresden zur gemeinsamen Energiefachtagung des Verbandes Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V. (VSWG) und des vdw Sachsen Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V.

Zur Diskussion stand die Energie- und Klimapolitik der Bundesregierung, die maßgeblich und mit steigender Tendenz die deutsche Wohnungs- und Immobilienwirtschaft beeinflusst. Deutschland muss seine Treibhausgasemissionen bis 2050 um etwa 90 Prozent reduzieren und den Anteil Erneuerbarer Energien nach den Zielen der EU bis 2020 auf 20 Prozent erhöhen. Die ambitionierten klimapolitischen Ziele und die ständig steigenden Anforderungen an die Akteure der Wohnungswirtschaft werden zur Herausforderung und Gratwanderung zwischen Ökologie, Ökonomie und Sozialverträglichkeit.

Der VSWG ist der größte deutsche Verband für Wohnungsgenossenschaften. In ihm sind 224 Wohnungsgenossenschaften organisiert. Sie bewirtschaften mit insgesamt 283.197 Wohneinheiten 12,1 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes im Freistaat Sachsen und bieten damit rund 530.000 Menschen ein zukunftssicheres Zuhause. Als Unternehmen erwirtschaften sie mit jährlich 1,1 Mrd. Euro Umsatz einen wesentlichen Anteil am sächsischen Bruttoinlandsprodukt und sind für 2.550 Mitarbeiter sowie für 87 Auszubildende und Studenten ein verlässlicher Arbeitgeber.

Fast 80 Prozent der Wohngebäude des VSWG sind bereits energetisch saniert, bilanziert der Verband. Infolge dessen rückt die Energieeffizienz weiter in den Fokus.

“Um die ambitionierten klimapolitischen Zielstellungen zu erreichen, ist ein Querdenken notwendig. Beim Wohnen kulminiert sehr vieles. Die Energiewende und der Klimaschutz haben Auswirkungen auf das Wohnen des Einzelnen ebenso wie die Gesundheitspolitik, die Pflegepolitik, die kommunale Versorgung und die kommunalen Aufgaben. Wir fordern deshalb von der Politik, ressourcenübergreifend zu agieren und langfristig Ziele zu benennen, bei denen eine bezahlbare Miete mit einkalkuliert wird “, appellierte Dr. Axel Viehweger, Vorstand des VSWG.

Mit der im Oktober 2013 vom Bundesrat und anschließend von der Bundesregierung beschlossenen neuen Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) wurde eine weitere Hürde gelegt, um bezahlbaren Neubau zu verhindern, betont der VSWG. Zwar wurde von Verschärfungen im Bestand abgesehen, jedoch trotz intensiver Beratung durch die Wohnungswirtschaft im Bund und auch in den Ländern eine Verschärfung der EnEV um 25 Prozent ab 2016 im Neubau beschlossen.

Dies bedeutet aber eine weitere Erhöhung der Baukosten und eine weitere Erhöhung der zur Refinanzierung erforderlichen Kaltmieten. “Die mindestens erforderliche Nettokaltmiete für Neubau von 9,58 Euro/m² bzw. nach EnEV 2014 in Höhe von 10,33 Euro/m² können sich nur noch 10 % der sächsischen Bevölkerung leisten”, so der VSWG-Vorstand.

Am Vorabend der Tagung unterbreitete Max Schön, Mitglied im Nachhaltigkeitsrat der Bundesregierung und Vorstand der Stiftung 2° – Deutsche Unternehmer für Klimaschutz und Präsident der Deutschen Gesellschaft des “Club of Rome” als Keynote Speaker zur Eröffnung der Fachausstellung drei Vorschläge für einen kosteneffizienten, praktikablen und marktwirtschaftlichen Klimaschutz.Als erstes sollten Wohnungsbaugenossenschaften ohne steuerrechtliche Hürden zu Energielieferanten gemacht werden. Zweitens sollte aufgrund der positiven Erfahrung der Denkmalpflegeabschreibung eine zeitlich befristete Abschreibungsmöglichkeit für energetische Gebäudesanierungen eingeführt werden und drittens sollte die Abnahmevorschrift für erneuerbare Energien für die Netzbetreiber um nur 5 Prozentpunkte auf 95 Prozent gesenkt werden, damit die Netzanschlusskapazität für die Erneuerbaren Energien verdoppelt werden kann. Denn es seien gerade die letzten 5 Prozent Sonnen- oder Windenergie, die an einem energiereichen Tag die Netzausbaukosten in die Höhe treiben.

Einen aktuellen Stand sowie Ausblick zur Energie- und Klimapolitik der EU und der neuen Regierung gab Ingrid Vogler, Referentin für Energie, Technik, Normung des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., und zeigte die Schwierigkeiten bei der Umsetzung der EU-Vorgaben auf. Allein 18 Länder, darunter auch Deutschland, wurden bisher auf ein Vertragsverletzungsverfahren angezählt. Der Bund plant in 2014 eine Novellierung des EEG sowie aufgrund der Umsetzung der EU-Richtlinie über Energieeffizienz eine Novellierung der Heizkostenverordnung bezüglich der Abrechnungsmodalitäten und unterjährigen Information.

Zu den steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen bei dezentralen Energieversorgungssystemen sowie der Mietrechtsreform und deren Auswirkungen durch Contracting referierten Kathrin Neumeyer (MPW Legal & Tax) sowie RA Tobias Dworschak der Techem Energy Contracting GmbH.

In einem weiteren Themenblock wurden haustechnische Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz, die Rahmenbedingen für den Einsatz des Smart Metering, intelligente Einzelraumregelungen, Anlagentechnik und Dämmung am Beispiel der KWK und Brennstoffzellen, Wärmepumpen mit Eisspeicher und stationäre Speicher erörtert. Dabei wurde ersichtlich, dass es nicht den einen Masterplan gibt, sondern viele Wege, um die klimapolitischen Zielstellungen zu erreichen.

Entscheidend für eine wirtschaftliche Senkung des Energieverbrauchs in Wohngebäuden sei jedoch immer eine Gesamtbetrachtung der Bauphysik, der Anlagentechnik und des Nutzerverhaltens der Mieter. Das Effizienzpotenzial durch einen optimalen Anlagenbetrieb im Einklang mit der Assistenz des Nutzers ist dabei enorm.

Am Ende des Tages waren sich alle einig, dass der Gebäudebereich einen großen Anteil am Energieverbrauch hat und erheblich zum Energieeinsparziel beitragen kann. Technologiegebundene Vorgaben ohne eigene Wahlmöglichkeit führen jedoch zu erheblich höheren Kosten, so dass technologieoffene Sanierungen und eine freie Energieträgerwahl für optimale Lösungen angestrebt werden sollten, um einen finanzierbaren und sozialpolitisch akzeptablen Weg für die Energiewende zu erreichen.

“Nur mit Ehrlichkeit im Umgang, dezentralen Lösungen im ländlichen Raum sowie der Betrachtung ganzheitlicher Quartiere können die Weichen für die nächsten Jahre gestellt werden”, resümierte Dr. Axel Viehweger.

www.vswg.de

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