Es gibt eine ganze Reihe Themen, bei denen die Bundesregierung mit der EU im Konflikt steht. Immer wieder schnürt sie ein paar Sonderregeln für ihre Unternehmen, die gegen die ausgehandelten Regularien in der EU verstoßen. Aktuell gärt wieder der Konflikt um die Befreiung hunderter deutscher Unternehmen von der EEG-Umlage. 2.098 Firmen sind es mittlerweile, meldete am 12. Februar die "Süddeutsche".

Und sie veröffentlichte gleich noch eine Landkarte, auf der sie alle eingemalt sind. Auch sieben Unternehmen direkt aus Leipzig und Umgebung sind dabei.

Am Montag, 17. Februar, will nun EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia nach Berlin kommen, um den Streit mit der Bundesregierung beizulegen. Was schwierig wird. Denn die EEG-Befreiungen bedeuten immerhin 5,1 Milliarden Euro, die sich die befreiten Unternehmen sparen. Das Problem ist dabei nicht so sehr der Wettbewerb mit der europäischen Konkurrenz, sondern die massive Wettbewerbsverzerrung in Deutschland. Denn die 5,1 Milliarden Euro verschwinden ja nicht einfach – sie landen als Aufschlag bei den Privatkunden und vor allem all den Tausenden kleinen und mittleren Unternehmen, die keine Befreiung von der EEG-Umlage bekommen. Ihr Zuschlag auf den Strompreis erhöht sich zwangsläufig um diese 5,1 Milliarden Euro.

Was logischerweise auch heißt: Die 2.098 befreiten Unternehmen werden im Wettbewerb mit dem Großteil der deutschen Wirtschaft um 10,2 Milliarden Euro bevorteilt. Das ist ganz offensichtlich eine Wettbewerbsverzerrung allein über den Strompreis. Aus einem Instrument, mit dem die Konkurrenzfähigkeit stromintensiver Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, erhalten werden sollte, wurde eine gewaltige Umverteilungsmaschine, die 2012 und 2013 schon zu saftigen Strompreiserhöhungen geführt hat. Diese “Befreiung” von der EEG-Umlage ist der Hauptgrund dafür, dass in den letzten zwei Jahren die Strompreise anzogen. Doch das wird gern “vergessen”, wenn vollmundig gegen die “teuren Folgen der Energiewende” gewettert wird.

In den letzten Jahren wuchs die Zahl der Unternehmen, die sich von der Umlage befreien ließen, ständig an. Vor der Bundestagswahl versicherte zwar auch die Bundeskanzlerin, dass man dem Ganzen einen Riegel vorschieben wolle. Doch das ist bis heute nicht passiert. Und auch der neue Energie- und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat mit seinem umstrittenen Reformpaket zum EEG gerade diese Fehlentwicklung ausgelassen.

Auf zwei Unternehmen aus Leipzig könnte die ursprüngliche Definition der Unternehmen, für die die Umlage-Befreiung Sinn macht, zutreffen: das sind der Gießereibetrieb Georg Fischer GmbH in Großzschocher und die HQM Härtetechnik GmbH in der Hupfeldstraße im Leipziger Westen.

Als stromintensives Unternehmen nutzen auch die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) die Möglichkeiten der Umlagebefreiung. Womit sie übrigens unter Deutschlands Nahverkehrsunternehmen nicht allein sind. Für die LVB ist es eines jener Instrumente, mit denen sie versuchen, die Kosten zu dämpfen und irgendwie mit dem 45-Millionen-Euro-Zuschuss der Stadt auszukommen.Bei anderen Unternehmen ist es eher nicht nachvollziehbar, warum sie die EEG-Umlage (teil-)erlassen bekommen. Das betrifft zum Beispiel die WEHA PLASTIC GmbH in Borsdorf, die Verpackungsmittel aus Kunststoffen herstellt, oder die Decor Druck Leipzig GmbH, deren Druckerei in Baalsdorf steht.

Von Rabatten profitieren auch die Mitteldeutsche Baustoffe GmbH in Althen und die Schotter- und Kies-Union GmbH & Co. KG in Hirschfeld. Die Kritik der Forscher an der ausufernden Umlagebefreiung, wie sie die “Süddeutsche” benennt: “Bei 92 Prozent der deutschen Hersteller machen die Stromkosten nur 1,6 Prozent des Umsatzes aus. Dazu kommt, dass manche Firmen gar keinem internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind. Sie könnten die Kosten der Ökostromumlage leicht an die Kunden weitergeben, ohne Konkurrenz zu fürchten.”

Es ist längst überfällig, dass die Vorgaben für diese Umlage enger definiert werden. Auch das Jahr 2013 ging ja hin mit der politischen Diskussion über das Thema, ohne dass sich die Bundesregierung bemüßigt fühlte, tätig zu werden. Das Ergebnis ist jetzt das von der EU eröffnete Beihilfeverfahren. Ob das am Montag schon wieder vom Tisch ist, darf bezweifelt werden.

Dr. Arnold Wallraff, Präsident des BAFA, wurde in der Mitteilung des Bundesamtes für Wirtschaft zum Thema am 12. Februar recht deutlich: “”Planungs- und Rechtssicherheit sind für die Unternehmen jetzt unerlässlich. Ich appelliere daher dringlich an die Politik, sehr zeitnah eine klare und tragfähige Grundlage für das neue Antragsverfahren zu schaffen.”

Nach dem aktuell geltenden EEG müssen die Anträge bis zum 30. Juni 2014 beim BAFA eingegangen sein. Dieses teilt aber auch mit: “Aufgrund des laufenden EU-Beihilfeprüfverfahrens können allerdings bis zum Abschluss des Verfahrens Anträge nicht positiv beschieden werden.”

Die “Süddeutsche” zu den rabattierten Firmen: www.sueddeutsche.de/wirtschaft/eeg-umlage-diese-firmen-profitieren-vom-oekostrom-rabatt-1.1886240

Der “Spiegel”: Streit um Ökostromrabatte: EU bietet Deutschland Kompromiss bei Nachforderungen an

Das Bundesamt für Wirtschaft zum Thema: www.bafa.de/bafa/de/presse/pressemitteilungen/2014/04_eeg.html

Nachtrag 5. April: Auf einen Leserhinweis hin hier der Hinweis, dass die Firma WEHA Plastic Gmbh in Borsdorf ausschließlich für die Automobilindustrie produziert. Der Bereich Verpackungen ist ein Bestandteil der Produktion am Hauptsitz in Remscheid.

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