"Konjunktur in Sachsen 2013: Wie sieht die bisherige Jahresbilanz aus?", fragten Sachsens Landesstatistiker in einer neuen Meldung am 14. Januar. Und dann berichteten sie doch wieder nur über das zarte Pflänzchen Industrie. "Von Januar bis Oktober 2013 hat die Industrie 42,6 Milliarden Euro Gesamtumsatz erbracht", resümierte das Landesamt für Statistik.

“Gegenüber den ersten zehn Monaten 2012 bedeutet dies ein Minus von 3,0 Prozent, wobei im Auslandsgeschäft ein stärkerer Rückgang notiert wurde als auf dem Binnenmarkt (-5,4 bzw. -1,4 Prozent)”, werteten die Landesstatistiker. Die Meldung wird so natürlich wieder in allerlei Medien verbreitet. Aber gerade im Freistaat Sachsen genügen die Zahlen aus der Industrie nicht ansatzweise zu einer Konjunkturbeschreibung. Auch nicht, wenn man unter Industrie auch noch die Baubranche aufführt: “Im Bauhauptgewerbe erhöhte sich der Gesamtumsatz im Vergleich der ersten zehn Monate 2013 und 2012 um 0,9 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro. Dabei stieg das Ergebnis im Hochbau um 1,0 Prozent und im Tiefbau um 1,2 Prozent.”

Die Landesstatistiker arbeiten auch gern mit Zahlen, die man nicht vergleichen kann. Etwa, wenn sie dann auf den Einzelhandel zu sprechen kommen: “Der Einzelhandel setzte im Zeitraum Januar bis Oktober 2013 nominal, d. h. in jeweiligen Preisen, 0,2 Prozent weniger um als ein Jahr zuvor. Real, also unter Ausschaltung von Preisveränderungen, war es ein Minus von 1,6 Prozent.”

Ähnlich bunt geht es auf den Websites des Statistischen Landesamtes um. Die eine Branche wird mit ordentlichen Umsatzzahlen geführt, für die nächste gibt es nur Prozentzahlen. Und nachdem man den Einzelhandel einfach in Prozent gestopft hat, präsentiert man den Außenhandel wieder in Umsatzzahlen: “Die Ausfuhr aus Sachsen erreichte von Januar bis Oktober 2013 einen Gesamtwert von 26,4 Milliarden Euro, die Einfuhr belief sich auf 15,7 Milliarden Euro.”

Obwohl diese Zahlen eher zu “Industrie” gehören, denn es ist im wesentlichen der Industrieexport, der sich hier spiegelt: “Verglichen mit dem Vorjahreszeitraum verringerten sich die Exporte damit um 2,6 Prozent und die Importe um 4,9 Prozent.”

Und dann gibt’s noch, weil das irgendwie zum Konjunktur-Indikatoren-Set zu gehören scheint, die Arbeitslosenquote: “Die jahresdurchschnittliche Arbeitslosenquote (Basis: alle zivilen Erwerbspersonen) lag 2013 mit 9,4 Prozent das zweite Mal in Folge im einstelligen Bereich (2012: 9,8 Prozent). Der Verbraucherpreisindex ist 2013 im Mittel um 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen (2012: 2,0 Prozent).”

Und was bedeutet das alles? – Nichts. Wirklich nichts.
Wichtig ist am Ende tatsächlich das Bruttoinlandsprodukt, die Zahl, in die alles, was in Sachsen an Wertschöpfung passiert, einfließt. 2012 lag das sächsische BIP bei 96 Milliarden Euro, 2011 bei 95 Milliarden. Es wächst seit dem vorläufigen Verebben der Finanzkrise wieder sachte vor sich hin. Und es ist nicht die Industrie, die den Zuwachs treibt. Die Industrie ist auch nicht das wichtigste Wirtschaftsfeld. Das ist schon seit ein paar Jahren die Dienstleistung. Sachsen ist kein Industrie-, sondern ein Dienstleistungsland.

Während das Produzierende Gewerbe (die eigentliche Industrie) 2012 zum sächsischen BIP 20,6 Milliarden Euro beitrug, kamen aus dem Dienstleistungssektor schon 24 Milliarden Euro.

Die Zahlen differieren natürlich kräftig zum Umsatz. Ins BIP fließt nur die eigentliche Wertschöpfung ein. Der Wirtschaftsbereich “Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation” trug 15,6 Milliarden Euro zum BIP bei, das Baugewerbe 6 Milliarden und der Sektor “Grundstücks- und Wohnungswesen, Finanz- und Unternehmensdienstleister” 18,7 Milliarden. Übrigens gab es auch schon 2012 leichte Rückgänge im Produzierenden Gewerbe, nachdem es 2011 noch Zuwächse hatte – resultierend aus dem Nachholprozess nach der Finanzkrise.

Der Hauptfaktor, der die Entwicklung im Produzierenden Gewerbe beeinflusst, ist übrigens der Automobilbau. Wenn Chinesen und Inder weniger Autos aus Sachsen kaufen, macht sich das direkt im Gesamtumsatz der sächsischen Industrie bemerkbar. Und so war es auch 2013 wieder – der Umsatz der sächsische Kraftfahrzeughersteller ging um 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum (Januar bis Oktober) zurück, im Oktober im Vergleich zum Oktober 2012 sogar um 14,4 Prozent. Hauptverantwortlich: der Rückgang im Auslandsgeschäft (- 7,4 Prozent). Aber eben nicht nur.

Das Auslandsgeschäft hat auch ein paar Jahre darüber hinweggeholfen, dass der Autoverkauf in Deutschland praktisch stagniert. Mancher wird sich noch an das “Konjunkturpaket I” erinnern, mit dem just der Pkw-Verkauf in Deutschland angekurbelt werden sollte – und auch kurzfristig (für knapp drei Jahre) angekurbelt wurde. Da haben sich Tausende Bundesbürger noch schnell ein moderneres Auto zugelegt. Ein echter Innovationsschub. Aber die neuen Autos sind nicht nur mit mehr Elektronik vollgestopft und “intelligenter”, sie halten auch länger, müssen seltener in die Werkstatt. Das senkt die Verkaufszahlen auf die Dauer natürlich deutlich.

Man kann gespannt sein, was die neuen Produkte aus den Leipziger Autoschmieden daran ändern.

Eins aber werden sie nicht: den Anteil des Produzierenden Gewerbes am sächsischen BIP wieder erhöhen. Der Wachstumssektor ist die Dienstleistung – allen voran der Pflegebereich. Auch wen die sächsischen Staatslenker noch nicht wirklich begriffen haben, dass man mit Dienstleistung tatsächlich Werte schafft. Die kann man natürlich nicht so gut anfasse wie ein Auto oder eine Werkzeugmaschine, aber sie bereichert ein Land und animiert Leute tatsächlich zum Geldausgeben. Außerdem schafft sie den Löwenanteil jener Arbeitsplätze, mit denen die sächsische Arbeitslosenquote abgebaut wurde.

All das ist aus der kleinen flockigen “Konjunktur-“Meldung der Landesstatistiker nicht ablesbar. Deswegen ist sie eher irreführend als erhellend.

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