Es wurde zwar heftig diskutiert über das, was Bundesenergieminister Siegmar Gabriel als Novelle des EEG-Gesetzes vorgelegt hat. Aber den Namen "Novelle" verdient seine Vorschlagsliste nicht wirklich. Sie bestätigt im Grunde nur das Trommelfeuer all derer, die den Umbau der deutschen Energiewirtschaft seit Jahren bremsen. Und sie sind noch nicht einmal mit diesem Willkommenspaket zufrieden.

Dem sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich gehen die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Gabriel zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nicht weit genug, berichtete die Leipziger Volkszeitung in ihrer Ausgabe vom 21. Januar. “Gabriels Richtung stimmt. Wünschenswert wäre, dass die Absenkung erst ein Anfang ist und dass es noch stärker zur Sache geht”, zitiert die LVZ den sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich. “Zugleich forderte Tillich, dass alte und auch neue Stromerzeuger an der Netzintegration beteiligt werden sollten”, ist da weiter zu lesen. Eigentlich deutlich genug.

“Tillich macht keinen Hehl daraus, dass ihm die Pläne des Bundeswirtschaftsministers nicht weit genug gehen”, kritisiert Volkmar Zschocke, Landesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen in Sachsen, diesen Überbietungswettbewerb im Ausbremsen der Energiewende. “Dabei ist der Ausbau der erneuerbaren Energien in Sachsen bereits jetzt praktisch zum Erliegen gekommen. Stattdessen steigert die Staatsregierung die Braunkohleverstromung sogar über das DDR-Niveau. Tillich ist damit eine Gefahr für das Klima und für tausende Arbeitsplätze in Sachsen.”

Da wusste Zschocke noch nicht, dass es auch aus Sachsen noch heftiger geht. Denn am 21. Januar meldete sich der Chef der sächsischen FDP, Holger Zastrow, zu Wort und forderte: “Wir brauchen daher ein sofortiges Moratorium für Ökostrom-Subventionen, eine sofortige Aussetzung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, bis eine sinnvolle Nachfolgeregelung in Kraft tritt. Eine solche hat Sachsen bereits vor einem Jahr mit dem Quotenmodell in den Bundesrat eingebracht. Auch andere Lösungen sind denkbar, solange sie im Kern auf mehr Markt und Wettbewerb setzen. Es gibt nur noch diese eine Möglichkeit, den Anstieg der Stromkosten zu stoppen. Zudem muss zur sofortigen Entlastung der Haushalte und Unternehmen die Stromsteuer gesenkt werden, wie wir bereits im Herbst 2012 mit einer Bundesratsinitiative gefordert haben.”

Da steckt viel “muss” drin. Aber das sächsische Quotenmodell ist im Bundesrat gescheitert. Es jetzt wieder auszugraben, bringt keine Fortschritte.Dass aber in Gabriels Vorschlagsliste die Hälfte fehlt, das hat sogar Tillich gemerkt. “Außerdem müssten die Speichertechnologien, die bisher nicht berücksichtigt worden sind, mit aufgenommen werden”, zitiert ihn die LVZ. Denn dass die erneuerbaren Energien nun ausgerechnet mit sächsischer Braunkohle konkurrieren, liegt unter anderem daran, dass ein Großteil der notwendigen Netz- und Speicherstruktur, die Strom aus erneuerbarer Energie aufnehmen soll, noch nicht gebaut ist. Kein Wort dazu von Gabriel. Stattdessen bedient er all jene, denen der Umbau der Energielandschaft zu schnell geht. Auch wenn die gestiegene EEG-Umlage damit eher wenig zu tun hat.

Die Pläne von SPD-Bundeswirtschaftsminister Gabriel sehen eine Begrenzung/deutliche Reduzierung der Produktionsmengen von Wind- und Sonnenenergie an Land vor. Volkmar Zschocke kritisiert, dass diese Maßnahmen nun genau dazu führen werden, was Gabriel eigentlich verhindern will: zu Strompreissteigerungen.

“Windkraft auf dem Land ist heute die günstigste Form zur Erzeugung erneuerbarer Energien. Eine Ausbaubremse für Windenergie macht die Energiewende daher teurer, nicht günstiger. Mit seiner Blockade effizienter Ökostrom-Technologien kämpft Ministerpräsident Tillich mit aller Kraft gegen günstigen Strom in Sachsen – mit freundlicher Unterstützung der SPD. Sachsen droht die große Koalition der Energiewendeverhinderer”, sagt Zschocke.

Bereits 2013 lag die durchschnittliche Vergütung von neuen Windrädern auf dem Festland bei zirka 9 Cent/Kilowattstunde.

Dass die Strompreise nun so heftig aus dem Ruder liefen, hat auch 2014 keinen anderen Grund als im Vorjahr: die kleinen Unternehmen und die Privathaushalte zahlen die Zeche für all jene Unternehmen, die sich nach all den “Novellen des EEG-Gesetzes”, die schon die beiden vergangenen Bundesregierungen aufgelegt haben, ganz oder teilweise von der EEG-Umlage befreien lassen können.

“Aufgrund der Industrieprivilegien im EEG werden vor allem private Haushalte zur Kasse gebeten”, betont Zschocke. “Hier bleiben die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums halbherzig und lassen die gebotene Gerechtigkeit vermissen. Ausnahmen müssen auf die wirklich stromintensiven Branchen beschränkt bleiben, deren Unternehmen stark im internationalen Wettbewerb stehen.”

Eine entsprechende Mahnung der EU gab es schon. Aber die Gabrielsche Novelle geht darauf nicht ein.

Und auch Holger Zastrow mahnt an, was nun auch 2014 immer noch fehlt beim Umbau der Energielandschaft: “Doch die Probleme der Öko-Energien können nicht einfach weggeplant werden: Sonne und Wind sind nun einmal keine verlässlichen Energielieferanten und können die Grundlast derzeit nicht decken. Gegenwärtig stehen weder ausreichende und effiziente Speichertechnologien zur Verfügung, noch entspricht der Ausbau des Übertragungsnetzes den wachsenden Anforderungen für den Stromtransport von Nord nach Süd.”

Ein “sofortiges Moratorium zur Ökostromförderung”, wie es Zastrow fordert, ist dann trotzdem nicht zielführend. Aber seine Forderung, mehr Zeit in eine “sinnvolle Nachfolgeregelung” zu investieren, als sie sich der frisch gebackene Superminister für Wirtschaft und Energie gegönnt hat, ist berechtigt. Herumgedoktert an einem mehr als komplexen Gesetz wurde jetzt wirklich oft genug.

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