Die akute Phase der Finanzkrise scheint überwunden. Doch viele Banken sind noch durch Altkredite belastet, deren tatsächlicher Wert unsicher ist. Für Claudia Buch, Präsidentin des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), besteht die entscheidende Aufgabe des kommenden Jahres darin, Umfang und Abschreibungsbedarf dieser notleidenden Kredite umfassend zu erheben und dabei offenbarte Kapitallücken zu schließen.

Gelingt den Banken dies nicht aus eigener Kraft, sieht sie die Mitgliedstaaten in der Verantwortung. Nur wenn der Bankensektor zuvor von seinen Altlasten befreit wird, so Claudia Buch in ihrem Kommentar, kann die europäische Bankenunion im Jahr 2015 glaubwürdig starten.

Auf den europäischen Finanzmärkten ist eine gewisse Ruhe eingetreten. Seit die Europäische Zentralbank im vergangenen Jahr bekannt gegeben hat, den Zusammenhalt des Euroraums zu sichern, und seit Pläne zur Umsetzung einer Bankenunion Kontur gewonnen haben, sind Gefahren für die Finanzstabilität weniger prominent in den Schlagzeilen. Doch die Ruhe trügt.

Denn mehrere Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise trägt der europäische Bankensektor immer noch schwer an den Lasten der Vergangenheit. Viele europäische Banken sind zu schwach kapitalisiert, um größere Schocks abfedern zu können. Es besteht eine hohe Unsicherheit über den Wert der Kredite, die Banken vergeben haben – die Marktbewertungen der europäischen Banken liegen in den meisten Ländern unter den Buchwerten. Eigentlich müssten Banken, die kein nachhaltiges Geschäftsmodell mehr haben, aus dem Markt ausscheiden. Aber gerade im Bankensektor sind Insolvenzen selten, da Marktaustritte von Banken die Stabilität des Finanzsystems gefährden können.

In einem einheitlichen Währungsraum kann diese Herausforderung nur gemeinsam gemeistert werden – aus diesen Gründen ist die gemeinsame Bankenunion beschlossen worden. Die rechtlichen Voraussetzungen für einen einheitlichen Aufsichtsmechanismus unter dem Dach der Europäischen Zentralbank sind nunmehr vorhanden. Ein einheitlicher Mechanismus zur Abwicklung und Restrukturierung von Banken ist in Planung.

Vor der Bankenunion steht allerdings noch eine gründliche Neubewertung der Bankbilanzen an. Eine “Asset Quality Review” soll Aufschluss darüber geben, wie hoch die Belastungen der Banken mit Altkrediten noch sind und wie hoch der Abschreibungsbedarf ist. Reicht das Kapital der Banken nicht aus und können die Banken kein neues Kapital über den Markt aufbringen, sind zunächst die nationalen Regierungen gefordert. Auftretende Kapitallücken sollten die Mitgliedstaaten in fiskalischer Eigenverantwortung schließen. Sind einzelne Staaten damit finanziell überfordert, ist ein Rückgriff auf die Mittel des Europäischen Stabilitätsmechanismus möglich, allerdings nur unter Haftung des betreffenden Staates. Durch die Beteiligung der Gläubiger an Verlusten sollten die Belastungen für den Steuerzahler zudem reduziert werden.

Diese Entscheidungen müssten im Laufe des kommenden Jahres gefällt werden, betont Buch. Denn danach soll die EZB offiziell die Bankenaufsicht übernehmen. Damit die Bankenunion glaubwürdig starten könne, sei also die nationale Politik gefragt – und das beträfe nicht nur die Regierungen in den Krisenländern, sondern auch die deutsche Wirtschaftspolitik. So jedenfalls Buch.

2009 benannte die “Zeit” einmal allein das Risikopotenzial bei deutschen Banken von 230 Milliarden Euro. Einiges davon haben Banken wie WestLB und die HSH Nordbank schon in so genannte “Bad Banks” ausgelagert. Dazu rechnen müssten man auch noch die 173 Milliarden Euro, auf denen seinerzeit die Hypo Real Estate sitzenblieb und die seither den Schuldenstand der Bundesrepublik erhöht haben.

Vieles ist wahrscheinlich noch in den Bilanzen diverser Geldhäuser versteckt, wird aber nun 2014 wohl gezwungenermaßen beziffert werden müssen. Was Bankhäuser natürlich ungern tun. Aber wenn dieser Berg toxischer Papiere – und hier sind nur die Zahlen für deutsche Institute benannt – nicht nachhaltig abgebaut wird, wird er die Weltwirtschaft weiter in Atem halten und immer wieder Folgen zeitigen, die ganze Volkswirtschaften bedrohen.

Die Sachsen haben übrigens bislang am stärksten mit dazu beigetragen, dass solche toxischen Papiere “abbezahlt” werden: mit 1 Milliarde Euro aus der Ausfallbürgschaft der einstigen Sachsen LB. 1,75 Milliarden Euro werden diesen Weg noch gehen.

Deutlich kritischer sah Gregor Peter Schmitz den Kompromiss am 19. Dezember in einem “Spiegel”-Beitrag:
www.spiegel.de/wirtschaft/eu-bankenunion-koennte-gefaehrliche-folgen-haben-a-939960.html

Kritisch sah auch die “Wirtschaftswoche” das Konstrukt:
www.wiwo.de

www.iwh-halle.de

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