Vom 8. bis 13. Oktober findet wieder die Frankfurter Buchmesse statt. Auch Leipziger Verlage werden dort zeigen, was sie alles so produzieren. Aber noch vor Beginn steht auch fest: Es wird eine Buchmesse zum Nachdenken. Erstmals nach sieben Jahren geht die deutsche Titelproduktion deutlich zurück. Die Zeit des wilden Drauflosproduzierens ist vorbei. Und das zeigt einen erstaunlichen Effekt: Erstmals kommt Leipzig unter die zehn titelstärksten Verlagsstädte.

Der deutsche Buchmarkt ist im Wandel: Digitalisierung und die Globalisierung der Märkte treiben sie voran. Alles in allem wurden 2012 von Buchhandlungen und Verlagen 9,52 Milliarden Euro mit Büchern und Fachzeitschriften erwirtschaftet (Vorjahr: 9,6 Milliarden Euro). Damit sind die Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr zwar um 0,8 Prozent gesunken, allerdings sind die Einbußen nicht so hoch wie 2011 (- 1,4 Prozent), stellt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels fest.

Der wichtigste Faktor ist dabei das Internet. Immer mehr Leser kaufen sich ihren Lesestoff in digitalen Buchshops. Das müssen nicht einmal die großen Versandbuchhandel sein. Auch die Buchshops der stationären Buchhändler und der Verlage selbst spielen eine immer wichtigere Rolle.

Im Ergebnis heißt das: Weniger Leser kaufen sich ihr Buch im klassischen Buchladen. Der stationäre Handel erlitt Verluste von 3,7 Prozent und sinkt damit noch weiter unter die 50-Prozent-Marke. Gleichzeitig konnten Verlage ihre Einnahmen um 0,8 Prozent steigern, was teilweise durch den Direktvertrieb über das Internet begründet werden kann.

Der Online-Buchhandel hingegen steigerte sich in den letzten fünf Jahren von 10,7 Prozent auf 16,5 Prozent und erwirtschaftete damit rund 1,5 Milliarden Euro. Aber dabei werden allerdings nicht nur reine Online-Händler berücksichtigt, sondern eben auch die Einnahmen, die über den Online-Shop von stationären Händlern generiert werden. Durch den Direktvertrieb und ihre eigenen Shops konnten auch die Verlage selbst ihren Anteil an den Verkäufen um 0,8 Prozent auf 19,4 Prozent steigern. Das sind dann auch schon 1,8 Milliarden Euro Umsatz.

Wer wirklich unter den Veränderungen leidet, das sind lange Zeit funktionierende Vertriebswege wie Warenhäuser, die noch einen Anteil von 1,7 Prozent (-11,3) haben, der Versandbuchhandel mit 2,6 Prozent (-13,9) und die guten alten Buchgemeinschaften mit 1,8 (-10,4). Ein leichter Aufwärtstrend zeigte sich bei den “Sonstigen Verkaufsstellen” die ihren Anteil auf 9,7 Prozent steigern konnten. Zu diesen sogenannten Nebenmärkten gehören beispielsweise Tankstellen oder Discounter. Wahrscheinlich packen sich die Leute, die gerade Waschpulver, Wurst und Sangria gekauft haben, die dargebotene Buchware auch einfach ein wie ein Schnäppchen.

Spannend ist natürlich für die Buchhändlerzunft: Was wird jetzt aus dem E-Book?

Geht der Trend wirklich weg vom gedruckten Buch hin zum digitalen Lesepäckchen, das man auf dem Reader lesen kann?

Es klingt zwar revolutionär, wenn der Börsenverein melden kann: “Der Anteil von E-Books am Umsatzvolumen hat sich 2012 verdreifacht und stieg damit auf 2,4 Prozent (privater Bedarf ohne Schul- und Fachbücher).” Auch die aktuelle E-Book-Studie des Börsenvereins und GfK Panel Services zeige, dass auch die Konsumenten zunehmend E-Books nutzen. 2012 wurden bereits 13,2 Millionen E-Books verkauft, dreimal soviel wie 2011.

In der Befragung gaben 2010 noch 49 Prozent der Kunden an, E-Books zu kennen, 2013 sind es bereits 80 Prozent. Die Erwartungen der Verlage an das E-Book-Geschäft wurden sogar noch übertroffen: Anstelle der erwarteten 7,2 Prozent Umsatzanteil erreichten die E-Book-Verkäufe bei den Verlagen sogar 9,5 Prozent. Ein Grund hierfür ist, dass inzwischen 54 Prozent aller Neuerscheinungen parallel als Printversion und als E-Book erscheinen.

Auf der anderen Seite wurde die skeptische Haltung des Buchhandels bestätigt, da der Umsatzanteil von E-Books im Sortiment der Buchhandlungen bei 0,5 Prozent stagnierte. Heißt im Klartext: Die Leser von E-Books kaufen die Titel in der Regel gleich direkt beim Verlag und seltener im Buchladen.

Trotzdem bieten inzwischen 73 Prozent der Buchhändler E-Books und/oder E-Reader an.

Wie sich der Markt verändert, ist dann auch an den Verkaufszahlen der Verlage abzulesen.

2012 hatten sie ein kleines Umsatzwachstum von 0,8 Prozent. Den größten Zuwachs gab es in der Sparte Online-Dienste mit 14,5 Prozent. Bei Büchern selbst gab es nur ein kleines Plus von 0,6. Umsatzrückgänge gab es bei Zeitschriften: – 1,4. Aber auch bei Nebenrechten: – 0,5 Prozent.

Insgesamt ist die Stimmung in den Verlagshäusern positiv, meldet der Börsenverein. 42 Prozent der Verlage rechnen 2013 mit einem besseren Ergebnis als 2012.

Aber es scheint – nachdem in den letzten Jahren die Titelproduktion in immer neue Höhen schoss, endlich ein Umdenken eingekehrt zu sein.Die Verlage haben den Umfang ihrer Programme 2012 eindeutig zurückgefahren. Anstelle der 96.273 Neuerscheinungen von 2011 gab es 2012 nur 91.100 neu erschienene Bücher (Erst- und Neuauflagen zusammengefasst). Das bedeutet einen Rückgang von 5,4 Prozent und damit die niedrigste Titelproduktion seit sieben Jahren.

Betrachtet man nur die “echten Novitäten” (Erstauflagen) wird klar, dass auch hier Kürzungen vorgenommen wurden (2011: 82.048 Werke, 2012: 79.860 Werke). Dadurch verschiebt sich das Verhältnis zwischen Erst- und Neuauflagen immer weiter Richtung Erstauflage und liegt jetzt bei 87,7 Prozent. Auffällig ist, so der Börsenverein, dass sogar in populären Warengruppen wie Belletristik und Kinder- und Jugendbuch der Titelausstoß reduziert wurde.

Was ja wohl auch bedeutet: Man produziert nicht mehr alles, was man den Lesern irgendwie als Futter andrehen will, sondern achtet wieder mehr auf ein bisschen Qualität. Was in einigen Verlagsstädten die Titelproduktion noch deutlicher eindampfen ließ als in Leipzig.

Natürlich hat das auch mit dem Geld der Leser zu tun: Wer mehrmals für seine 9,99 Euro oder noch mehr ein Leseprodukt bekommen hat, das geradezu nach einem Lektor schrie, der wird bei einigen Verlagen und einigen Buchsparten sehr sehr vorsichtig. Und es kommt hinzu: Das E-Book konkurriert nicht unbedingt mit allen klassischen Buchprodukten. Da es vor allem Vielleser anspricht, ist der wichtigste Konkurrent des E-Books gar nicht überraschend das Taschenbuch.

Das Ergebnis: 2012 wurden sogar mehr Taschenbücher produziert als im Vorjahr (2011: 12,6 Prozent, 2012: 13,8 Prozent). “Durch diesen Zuwachs von fast 6,5 Prozent wurde die Vermutung widerlegt, dass das Taschenbuch durch das E-Book vom Markt verdrängt wird”, stellt der Börsenverein dazu fest. Und es gilt der uralte Spruch: Konkurrenz belebt das Geschäft. Und auch das gilt: Diese Konkurrenz zwingt zu mehr Qualität.

Da haben auch große Verlagshäuser ihre Titelproduktion augenscheinlich ausgemistet. Das ist selbst in der Liste der Titelproduktionen nach Städten zu sehen.

Berlin konnte 2012 seinen Führungsplatz in der Titelproduktion gegen München zwar behaupten. In der Bundeshauptstadt erschienen aber mit 8.009 Neuauflagen deutlich weniger als noch 2011. Da waren es 8.622 Titel gewesen. Der selbe Effekt in München, wo statt 8.244 neuer Titel wie 2011 nur noch 7.620 erschienen.

Und da dasselbe Phänomen auch eine ganze Reihe weiterer Verlagsorte hinter Berlin und München betraf, rutschte Leipzig erstmals unter die Top Ten. Der Börsenverein zu diesem Phänomen: “Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der Neuerscheinungen in Leipzig zwar um 17 Titel, aber durch den generellen Rückgang der Titelproduktion konnte die Buchstadt sich trotzdem um einen Platz verbessern. Im Jahr 1991 belegte Leipzig in der deutschlandweiten Statistik noch den 30. Platz mit 293 produzierten Titeln. Zehn Jahre später war sie mit 526 Titeln bereits auf Rang 21 vorgerückt. Im Jahr 2005 erschienen in Leipzig 989 neue Titel, wodurch sich die Stadt den 13. Platz sichern konnte. Die höchste Titelproduktion wurde 2007 mit 1.114 Neuerscheinungen erreicht (Platz 14). Seitdem wurden zwar immer wieder schwankende Titelzahlen gemessen, aber Leipzig konnte seinen Platz unter den ersten 14 Städten konstant beibehalten. Im vergangenen Jahr erreichte Leipzig erstmals einen Platz unter den ersten zehn Städten.”

Ein Phänomen, das zumindest dafür spricht, dass Leipzigs Verlegerinnen und Verleger sehr zurückhaltend und konservativ produzieren.

Leipzig ist mit den 912 produzierten Titeln zwar die wichtigste Verlagsstadt in Mitteldeutschland. Aber fleißig sind Verleger auch in anderen Städten der Region: In Halle wurden 298 Titel produziert (Rang 29), in Dresden 167 Titel (45) und in Erfurt 113 (59).

Insgesamt gibt es in Mitteldeutschland inzwischen wieder 342 Verlage, 198 davon in Sachsen, 49 in Sachsen-Anhalt und 95 in Thüringen. Nicht alle sind Mitglied im Börsenverband. Aktuell zählt der Landesverband des Börsenvereins insgesamt 114 Mitgliedsverlage, davon 23 in Thüringen, 20 in Sachsen-Anhalt und 67 in Sachsen.

Der Börsenverein in Mitteldeutschland: www.boersenverein-sasathue.de

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