Auch wenn man diesseits der sächsischen Landesgrenzen glaubt, die Energiewelt bestünde nur aus vier dampfenden Kohlemeilern und Kohle sei sowieso die "Übergangstechnologie" in ein neues Energiezeitalter, sieht die Statistik längst ganz anders aus. Aber dafür kann Sachsen nichts. Fakt ist nämlich: Beim Ausbau der Erneuerbaren Energien auf Länderebene sind die ostdeutschen Bundesländer führend.
Unter den fünf Ländern mit dem größten Anteil Erneuerbarer Energien an der Bruttostromerzeugung belegen sie drei Plätze. Zumindest, was die Windenergie betrifft. Nach Niedersachsen (7.337 MW installierte Leistung) ist Brandenburg mit 4.814 MW die Nummer 2, Sachsen-Anhalt mit 3.810 die Nr. 3. Hinter Schleswig-Holstein (3.571 MW) und Nordrhein-Westfalen (3.182 MW) kommt dann noch Mecklenburg-Vorpommern mit 1.950 MW). Sachsen kommt – hinter Rheinland-Pfalz (1.927 MW) sogar schon auf 7 mit 1.002 MW installierter Leistung.
Man sieht: Es liegt nicht an der Gnade der Landesregierungen, dass hier überall der Ausbau der Windenergie voran kam, sondern am Wind. Aber natürlich können sich Landesregierungen mit harschen Gesetzen gegen diese Entwicklung stemmen, so, wie es die sächsische tut. Der Ausbau in Sachsen läuft schon seit einiger Zeit gebremst: Von 943 MW installierter Leistung im Jahr 2010 wuchs der Wert auf 976 im Folgejahr und dann auf 1.002 im Jahr 2012. Bei diesem Tempo wird Sachsen in nächster Zeit von anderen Bundesländern überholt, in denen der Ausbau schneller erfolgt – Bayern (aktuell 868 MW) und Hessen (802 MW) werden vorbeiziehen. Sie haben auch noch einen Vorteil: Sie sind auf die fehlenden Übertragungstrassen, die derzeit verhindern, dass der ostdeutsche Windstrom nach Südwesten kommt, nicht angewiesen.
Noch drei, vier Jahre, und sie werden sich sagen: Was brauchen wir den Osten noch? Ihr habt eure Chance gehabt. Jetzt könnt ihr euren Strom behalten.
Dazu kommt: Bayern und Baden-Württemberg haben in den letzten Jahren massiv ihre installierte Leistung an Photovoltaik ausgebaut. Sie haben das deutlich größere Aufkommen an Sonnenstunden. Doch auch bei der Neuinstallation von Photovoltaik gehört Sachsen nicht zu den Spitzenreitern. Hier haben 2012 ebenfalls die anderen Bundesländer im Osten deutlicher zugelegt: Während Sachsen 2012 nur 108 kWP zusätzlich installierte, waren es in Thüringen 165, in Sachsen-Anhalt 248, in Mecklenburg-Vorpommern 275 und in Brandenburg sogar 389 kWP. Kilowatt Peak/kWP ist eine im Bereich der Photovoltaik gebräuchliche Bezeichnung für die elektrische Leistung von Solarzellen.
Das ist – wenn die Sonne scheint und/oder der Wind weht, richtig viel Strom. Und der Onshore-Windstrom ist, wie nun auch die cleveren Rechner herausgefunden haben, deutlich preisgünstiger als der Offshore-Strom (“vor der Küste”).
Und dieser ganze Ausbau der erneuerbaren Energien wird von der Bevölkerung größtenteils akzeptiert, auch wenn ein paar sächsische Politiker immer wieder etwas anderes erzählen.
Auch die Bürger in Ostdeutschland befürworten Ökostrom. 76 Prozent der Privathaushalte wollen an der Energiewende festhalten – vorausgesetzt, die Kosten klettern nicht noch weiter nach oben, so ein Ergebnis der Studie “Energiewelt Ost”, die im Auftrag des Stromversorgers Envia Mitteldeutsche Energie (Envia-M) erhoben wurde. Die Einschränkung ist wichtig. Denn das Problem der aktuellen “Energiewende” ist: Der ganze so umweltfreundliche Strom wird zum Großteil gar nicht abgenommen. Es fehlen nicht nur Stromtrassen, es fehlen auch Speicher. Und in den Spitzenzeiten verstopft auch der Strom aus den alten, konventionellen Kraftwerken das Netz, weil sie nicht einfach “ausgeschaltet” werden können.
Die Stromkunden bezahlen also doppelt und dreifach, für alte und neue Strukturen. Zwar gehört auch Brandenburg zu den Bundesländern, die noch immer auf Kohleverstromung setzen. Aber dafür bremst das Nachbarland Sachsens den Ausbau von Wind- und Solarstrom nicht aus.
Aber mehr als deutlich ist mittlerweile, dass wichtige Infrastrukturen, die eigentlich längst existieren sollten, fehlen. Nicht weil der Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung zu schnell vonstatten ging, sondern weil die begleitende Politik fehlte. Man wies lieber mit ausgestrecktem Finger auf Bürgerinitiativen, die sich gegen einzelne Stromtrassen engagierten, als tatsächlich ein für die Bundesbürger nachvollziehbares Handlungskonzept vorzulegen.Welche Weichen die Politik noch stellen muss, damit die Energiewende erfolgreich ist, versuchen nun am 24. September auf der Regionalen Energiekonferenz Ostdeutschland 2013 die Wirtschafts-Staatssekretärin Dr. Tamara Zieschang aus Sachsen-Anhalt, ihr Amtskollege Jochen Staschewski aus dem Thüringer Wirtschaftsministerium sowie Sachsens Wirtschaftsminister Sven Morlok zu erklären.
Neben der Politik kommen auf dieser Konferenz in Leipzig auch Vertreter aus Industrie, Kommune und Beratung zu Wort. Thematische Schwerpunkte der Regionalen Energiekonferenz sind neben dem politischen Masterplan für die Energiewende neue Geschäftsmodelle für die Solarregion Ostdeutschland außerhalb der EEG-Förderung, die Auswirkungen eines fortschreitenden Rekommunalisierungstrend, Energiespeicher als Baustein für die Integration der Erneuerbaren Energien sowie Versorgungssicherheit in Ostdeutschland.
Gastgeber der Konferenz ist die Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft (VNG). Prof. Dr. Klaus-Dieter Barbknecht, Vorstand Gasverkauf/Personal bei VNG spricht über die Bedeutung von Erdgas für die Energieversorgung in Ostdeutschland. Der Umbau des gegenwärtigen Energiesystems sei ohne Erdgas nicht zu schaffen, so Barbknecht. Es biete die notwendige Versorgungssicherheit und stehe zugleich für einen klima- und umweltschonenden Weg.
Ins Bild rücken soll dabei auch die ostdeutsche Erfolgsgeschichte in Sachen Erneuerbare Energien. Wie erwähnt, ist nicht Sachsen der Vorreiter (der es durchaus hätte sein können), sondern Brandenburg.
Brandenburg hat sich ambitionierte energiepolitische Ziele gesteckt und schon erhebliche Ausbauerfolge insbesondere bei Wind und Biogas erzielt. Bis zum Jahr 2030 sollen die Erneuerbaren Energien den gesamten Strombedarf in Brandenburg und Berlin rechnerisch decken können. Die Windkraft wird daran einen Anteil von 80 Prozent haben. Dadurch wird aber auch der Bedarf an flexibleren Kraftwerken und Speichertechnologien wachsen.
Über die Energiezukunft Ostdeutschlands berichtet Envia-Vorstandschef Carl-Ernst Giesting. Der Ausbau der Verteilernetze sei die wichtigste Maßnahme, so Giesting, daher seien auch die Regionalversorger wichtige Akteure für das Gelingen der Energiewende. Mit Geschäftsführern der Stadtwerke Burg und Dresden diskutiert Giesting unter Leitung von Olaf Pritsch, Director der Pöyry Management Consulting, über neue Wege für Stadtwerke, Bürgerbeteiligungen sowie politische Rahmenbedingungen für Ostdeutschland.
“Mit der dezentralen Versorgung entstehen Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle, neuen Marktteilnehmern und teilweise anderen Finanzierungsformen. Für EVU [Anm. d. Red.: Energieversorgungsunternehmen] bedeutet dies ein massives Umdenken, weg von großen, langfristigen Investitionen hin zu einem kleinteiligeren Geschäft mit teilweise kürzeren Zyklen und anderen Geschäftsmodellen. Die Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen wird für EVU zum “Seriengeschäft” und erfordert eine hohe Innovationsfähigkeit der Organisation”, erklärt Pritsch gegenüber dem Veranstalter.
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Für die Energiewende sind professionelle Stromspeichersysteme in allen Bereichen der energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette notwendig – aber noch nicht hinreichend. Welche Stromspeicher wirtschaftlich sind, was virtuelle Kraftwerke leisten können und warum sich besonders der ostdeutsche Raum für den Bau innovativer Speicherprojekte eignet, erläutert Prof. Dr. Norbert Menke, Geschäftsführer bei Durion, ein Systemanbieter für verbrauchsnahe Stromerzeugung und Stromspeicherung.
Und auch mit dem Thema Versorgungssicherheit befasst sich die Konferenz.
Die Angst vor Stromausfällen ist groß, die Fragen nach der Netzstabilität sind daher dringlich: Über notwendige Maßnahmen für mehr Netzstabilität spricht Gunter Scheibner, Leiter Systemführung der 50Hertz Transmission. Ob ein wirtschaftlicher Betrieb von konventionellen Kraftwerken noch möglich ist, erläutert Thomas Prauße, Vorsitzender der Geschäftsführung der Stadtwerke Leipzig, am Beispiel eines Gas- und Dampfkraftwerks (GuD).
Eine Übersicht über den Stand der “Energiewende” in den Bundesländern findet man hier: www.foederal-erneuerbar.de
Informationen zur Regionalen Energiekonferenz Ostdeutschland 2013: www.euroforum.de
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