Lamentiert hat er schon. Obwohl Tuomo Hatakka auf dem zweiten Ostdeutschen Energieforum seine Rede damit einleitete, er wolle nicht jammern, klang es doch verdammt danach. Der Finne ist vorsitzender Geschäftsführer von Vattenfall und damit des größten Stromversorgers in Ostdeutschland und einer der vier größten Versorger im gesamten Bundesgebiet. Er bestätigte, dass Lippendorf, das Braunkohle-Kraftwerk südlich von Leipzig, zum Verkauf steht, und auch, dass der geplante Verkauf die Bilanz polieren soll.
“Die Finanzkraft der Branche ist gesunken, nicht nur die der großen Vier”, so Hatakka. Genauer: Der Vattenfall-Umsatz ging 2012 um 7,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Das bereinigte Ergebnis sank um 9,9 Prozent auf nur noch 3,2 Milliarden Euro. So sehen schlechte Zeiten auf Stromkonzern-Niveau aus. Wegen der Energiewende befinden die sich in etwas, das Hatakka Konsolidierungsphase nennt. Auf Deutsch: Die Bilanz wird gestärkt – dafür müssen offensichtlich auch Sahnestücke verkauft werden – Gelder für Investitionen werden gekürzt.
Das Konzern-Wachstum aus den erneuerbaren Energien sei einfach zu langsam, er müsse die CO²-Emissionen auf 65 Millionen Tonnen senken und die Energiewende würde nicht auf Europa-Ebene angegangen. “Wir beobachten überall Autarkie-Bemühungen der einzelnen Staaten”, so Hatakka, “anstatt zu akzeptieren, dass man in Sachen Strom von den Nachbarn abhängig ist.” Das wäre ihm sicher recht, ist er doch Chef eines Europa-Konzerns. Und es mache die Energiewende billiger. Denn dass diese richtig teuer ist, leuchtete in seiner Rede vielfach auf. Und wenn es darum geht, wer diese Kosten trägt, sagt Hatakka ganz klar: “Es sind die Verbraucher.”
Er sei zwar für den Ausbau der erneuerbaren Energien, doch dies müsse “vernünftig” passieren. Er meint, Braunkohle-Verstromung müsse für die nächsten Jahrzehnte sichergestellt werden. Klar, dass er das sagt, denn sein Unternehmen ist dafür im Osten berühmt, manchem auch berüchtigt. Man denke nur an den Kraftwerksstandort Lausitz, bei welchem vielen braun gefärbte Flussarme im Spreewald in den Sinn kommen. Und Hatakka sagt auch, dieser sichere geringe Stromzukäufe und viele Arbeitsplätze. Die Realität bei den Arbeitsplätzen ist derzeit eine andere. Wie im März bekannt wurde, will Vattenfall bundesweit 1.500 Stellen streichen.
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Die Energiewende scheint das Strom-Dickschiff anzustrengen – es läuft nicht mehr so geschmiert wie in den letzten hundert Jahren, als die fossilen Energieträger so spottbillig waren, dass sich die Stromkonzerne keine Gedanken um Nachhaltigkeit machen mussten. Nun sind sie gezwungen sich zu bewegen, gezwungen von der Politik mit ihrer Energiewende. Und so scheinen die großen Tanker Ballast abzuwerfen und neu navigieren zu müssen. “Welcome to the real world”, das sagte Tuomo Hatakka seinen Zuhörern immer wieder. Wer auf dem zweiten Ostdeutschen Energieforum genau zugehört hat, der weiß auch, was sich der Vattenfall-Chef wahrscheinlich insgeheim wünscht: Eine Subvention für Kohle- und Gaskraftwerke. Letztere sind derzeit profitabel nicht zu betreiben. Und Erstere haben eine schlechte Ökobilanz.
Das weiß auch Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), der am Morgen auf dem Forum sprach und durchblicken ließ, wie die Zukunft für ihn aussehen könnte. “Die Erzeuger von erneuerbaren Energien halten an ihren Subventionen fest. Die konventionellen Erzeuger möchten diese aber auch”, so Altmaier. Wenn in Zukunft der Anteil der Erneuerbaren steigt, braucht man weniger Konventionelle. Aber was, wenn es minus 15 Grad hat, bedeckt ist und der Wind nicht weht. “Dann brauchen wir die wieder”, so Altmaier. Und für die paar Tage ein Kraftwerk vorhalten?” Ja, das ginge ins Geld. Man ahnt, um wessen Geld es dabei gehen wird.
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