Das Wundern ist immer wieder groß, wenn ein neuer Lebensmittelskandal durch die Medien rollt. Nun waren es Pferdefleischbeimengungen in allerlei Fertigprodukten und falsch deklarierte Hühnereier. Staatliche Instanzen tun dann gern so, als hätten sie so etwas nie geahnt. Als sei alles paletti in ihrem Kontrollbereich. Am Dienstag, 26. Februar, legte das sächsische Verbraucherschutzministerium den "Sächsischem Tierschutzbericht 2012" vor. Auch danach sieht hierzulande alles paletti aus.

“Der Zeitraum war geprägt durch die Umsetzung von Europäischem Recht in Deutsches Recht in den wichtigen Bereichen des Transports, des Schlachtens, der Tierversuche und der Haltung von Masthühnern und Legehennen. Es ist ein Erfolg, dass diese Rechtsgebiete jetzt harmonisiert und deutsche Tierschutzstandards europäisiert wurden”, betonte Sozialministerin Christine Clauß. Und: “Tierschutz war immer Pionierleistung. Im Bericht wird daher auch gewürdigt, was Einzelne in Sachsen auf den Weg gebracht haben. Da sind Landwirte, die neue Schritte wagen, Tierschützer, die freiwillig und ehrenamtlich die Tiere versorgen, für die sonst niemand Verantwortung übernehmen will und auch Tierärzte in der Veterinärverwaltung, die durch ihr Engagement dafür sorgen, dass die Standards im Gesetz und den Verordnungen eingehalten werden.”

Eine Einschätzung, die viele Tierschützer im Land nicht teilen. Denn auch in den sächsischen Massentierhaltungsanlagen konventioneller Bauart wurden in der Vergangenheit immer wieder Unregelmäßigkeiten festgestellt, kritisiert der Leipziger Ökolöwe die staatlich dargestellte Blauäugigkeit. So kam es im Sommer 2012 zu einem Hühner-Massensterben in Doberschwitz.

Ökolöwen-Vorstand und Umweltplaner Holger Seidemann beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit der Massentierhaltung in Sachsen: “Wir gehen davon aus, dass in zahlreichen Anlagen nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Leider lässt sich das sächsische Verbraucherschutzministerium zu keiner konsequenten Überprüfung der Massentierhalter herab. So ging in der jüngsten Vergangenheit eine Kleine Anfrage der Grünen Landtagsfraktion ins Leere, weil das Ministerium ein Stallbuch mit der Tiersterblichkeit in der Anlage Doberschwitz angeblich nicht beschaffen und auswerten konnte.”Auch kritisch nachfragenden Journalisten war es bisher nicht gelungen, über die Haltungsbedingungen in sächsischen Tierhaltungsanlagen zu berichten.

Bei der Anlagenüberwachung verlasse man sich derzeit auf gelegentliche Besuche eines Tierarztes und die vom jeweiligen Anlagenbetreiber selbst erhobenen Daten und Angaben. Holger Seidemann: “Der Fehler liegt im System. Nach unserem Wissen gibt es keine Datenbank oder effektiv arbeitende Aufsichtsbehörde, die die Hühnerbelegung, die tatsächliche Tiergesundheit und die Tiersterblichkeit überprüfen könnte. Die bisherige tierärztliche Überwachung in Massentierhaltungsanlagen läuft regelmäßig ins Leere: Bei zehntausenden Tieren pro Anlage und einem kurzen und seltenen Stalldurchgang ist es praktisch unmöglich, die tatsächliche Tierbelegung und Tiergesundheit zu überprüfen.”

Auch scheine es eine Art Stillhalteabkommen zwischen den Anlagenbetreibern und einigen weniger zart besaiteten Tiermedizinern zu geben. Bei Kontrollen von Kadavertonnen oder auf Filmaufnahmen seien die Hühner sehr häufig in einem jämmerlichen Zustand gewesen. Die Meldepflicht der Betreiber ans Veterinäramt setze aber erst bei Todesraten von über 2 Prozent des Gesamtbestandes täglich ein.

Der Ökolöwe tritt für eine deutliche Verkleinerung der Hühnerhaltungsanlagen, mehr Platz pro Tier und eine elektronisch zählbare Tierregistrierung ein. Die Einstufung “artgerechte Haltung” solle an niedrige Sterberaten gekoppelt werden und die verantwortlichen Tierärzte sollten stichprobenartig auf Qualität zu prüfen.

“Wer permanent gegen die ‘gute fachliche Praxis in der Landwirtschaft’ verstößt, dem ist die Betriebsgenehmigung dauerhaft zu entziehen”, betont Seidemann. Prinzipiell favorisiert der Ökolöwe freilich den ökologischen Landbau, denn er stehe für Transparenz und tiergerechte Haltungsverfahren.

www.oekoloewe.de

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