Nicht nur um Vorbehaltsflächen für Straßenneubau geht es im Entwurf des Landesentwicklungsplans (LEP 2012). Denn wer die künftigen Nutzungsarten des Landes definiert, gibt auch politische Prioritäten aus. Zum Beispiel in der Energiefrage. Und der LEP ist nicht das erste Papier, in dem der Freistaat das Hohe Lied der Braunkohleverbrennung singt. Das kritisiert jetzt die VEE in ihrer Stellungnahme zum LEP.

Die VEE ist die Vereinigung zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien (VEE Sachsen e.V.). Die VEE Sachsen ist zwar schon seit 1996 im Freistaat aktiv, hat auch über 90 Mitglieder. Doch wirklich ein offenes Ohr findet sie bei der sächsischen Staatsregierung nicht. Was einer der Gründe dafür ist, dass Sachsen heute bei der alternativen Energiegewinnung heillos hinter allen anderen deutschen Flächenländern hinterher hinkt. Und der Entwurf des Landesentwicklungsplanes versucht die weitere Ausbeutung von Braunkohle auch für die nächsten Jahrzehnte festzuschreiben, während die Bedingungen zum Ausbau etwa von Windkraft- und Biogasanlagen deutlich eingeschränkt bleiben.

Am Freitag, 23. März, hat die VEE Sachsen e.V. ihre Stellungnahme zum Entwurf des Landesentwicklungsplans (LEP 2012) an das Sächsische Staatsministerium des Innern übergeben.

Mit einem kleinen Zucker für den Minister: “Der Entwurf des LEP 2012 enthält sicherlich ein paar gute Ansätze, kann aber in der vorliegenden Fassung keinesfalls den Anforderungen der Energiewende gerecht werden.”

Doch ein paar Ansätze genügen nicht wirklich, den Freistaat energetisch auf sichere Fundamente zu stellen. Und was der LEP beschreibt, genügt nicht einmal, um die nächsten Ziele zu erreichen. Der Freistaat Sachsen möchte laut Entwurf des Energie- und Klimaprogramms (EuK) bis zum Jahr 2020 den Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch auf 33 Prozent erhöhen und gleichzeitig die Treibhausgasemissionen (THG) bis zum Jahr 2020 um 25 Prozent senken. Dabei setzt er zwar auch auf den Ausbau der Biomasse, der Photovoltaik und der Windenergie, hier besonders auf das Repowering alter Windenergieanlagen. Doch diese Kennzahlen sowie eine Strategie zur konsequenten Umsetzung dieser Ziele sucht man im LEP 2012 vergeblich.

Um diese Ziele zu erreichen, müsste nach Ansicht der VEE Sachsen e.V. vor allem eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die einzelnen erneuerbaren Energietechnologien in Sachsen vorgenommen werden. Die Grundlage dafür würde die Erstellung eines Ausstiegsszenarios aus der Braunkohle abgeben, das es in Sachsen bis heute nicht gibt. Selbst wenn der Betrieb der Kohlekraftwerke heute noch wirtschaftlich darstellbar ist, sollte eine verantwortungsbewusste Regierung zumindest für den Fall planen, das Vattenfall aus reinen Kostenzwängen seine sächsischen Kraftwerke vom Netz nimmt. Kostenzwänge, die sich schon mit steigenden Preisen für CO2-Zertifikate einstellen können.
Und Vattenfall spielt ganz offiziell mit diesem Ausstiegsszenario. Da sollte es im verantwortlichen Wirtschaftsministerium längst eine Taskforce geben, die den “Tag X” vorausdenkt und notwendige Alternativszenarien entwickelt. Gibt es aber nicht. Auch im Umweltministerium gibt es ein solches Team nicht. Man hat zwar die Ziel-Zahlen für alternative Energien und CO2-Einspareungen verkündet – aber den Zwang, ein dazu notwendiges Umbauszenario für die heimische Energiegewinnung zu entwerfen, sieht man augenscheinlich nicht.

Doch nur so könnte man die sächsischen klimapolitischen Ziele überhaupt erreichen, stellt die VE fest. Doch stattdessen wurde im Februar 2012 im Kraftwerk Boxberg ein weiterer Kraftwerksblock in Probebetrieb genommen, der die sächsischen CO2-Emissionen um jährlich rund 5 Millionen Tonnen erhöhen wird.

“Um den Erneuerbaren Energien im Gegenzug mehr Gewicht zu geben, sollte bspw. zukünftig bei der Ausweisung von Flächen für Windenergieanlagen durch die Regionalen Planungsverbände, wie in Baden-Württemberg, nur noch Vorranggebiete festgelegt werden”, so die VEE. “Auf die aktuell gängige Praxis, damit gleichzeitig die restlichen Gebiete als Ausschlussgebiete zu definieren, muss zukünftig verzichtet werden. Hier sollte den Kommunen in Zukunft die Möglichkeit eingeräumt werden, eigene Projekte, möglichst unter Beteiligung der Bürger, umzusetzen.”

Stattdessen arbeitet der LEP mit einer falsch interpretierten Studie: “Eine Studie des Fraunhofer Institutes für Windenergie und Systemtechnik (IWES) 2011 belegt, dass wegen der dokumentierten bundesweit relativ hohen Dichte der Siedlungsflächen der Freistaat unter den Flächenländern hinsichtlich der nutzbaren Flächen für die Windenergie auf dem vorletzten Platz rangiert. Das bedeutet, dass mit der verbleibenden Fläche unter Berücksichtigung des Schutzbedürfnisses der menschlichen Gesundheit effektiv und sorgsam umzugehen ist”, heißt es auf Seite 138 des LED.

“Auch diese Aussage aus der IWES-Studie ist irreführend, weil unvollständig wiedergegeben”, kritisiert die VEE. Stattdessen lautet der komplette Passus in der Studie so: “Bei der Betrachtung des nutzbaren Flächenanteils liegt Sachsen-Anhalt mit 30 % der Landesfläche vor Niedersachsen (27 %) und Brandenburg (26 %). Die Flächenländer mit dem geringsten Anteil an nutzbaren Flächen sind das Saarland (10 %), Sachsen (15 %) und Nordrhein-Westfalen (16 %). Bei allen anderen Flächenbundesländern liegt der Anteil der nutzbaren Flächen im Bereich zwischen 20-25 %.”

Indem diese Einordnung wegfällt, schafft der LEP-Entwurf den Anschein, als hätte Sachsen gar keinen Platz für mehr Windkraftanlagen.

“Sachsen würde über rund 14,6 % für die Windenergie nutzbare Fläche verfügen, von der wir aber maximal 2 % in Anspruch nehmen müssten”, kritisiert die VEE die Augenwischerei des LEO. “Gleichzeitig suggeriert die Aussage ‘…unter Berücksichtigung des Schutzbedürfnisses der menschlichen Gesundheit …’, dass die Windenergienutzung zu den die menschliche Gesundheit besonders schädigenden Energiewandlungsarten gehört, was bisher noch nirgends bewiesen wurde.”

Was auch im Vergleich nicht stimmt. Denn die Braunkohleverstromung mit ihrer hohen Emission an klimaschädlichen Gasen ist wesentlich gesundheitsschädlicher.

Die sächsische Staatsregierung setzt in Sachen Windkraft nicht auf Ausbau, sondern auf die Leistungsverstärkung vorhandener Anlagen. “Repowering” heißt das.

Die VEE dazu: “Um das Thema Repowering von Altanlagen voranzubringen, im Jahr 2011 wurde nicht eine Anlage ersetzt, sollte eine Agentur etabliert werden, in der alle betroffenen Akteursgruppen beteiligt sind. Diese Institution soll als Mediator zwischen den unterschiedlichen Akteursgruppen fungieren, um für die bisher aufgetretenen Hindernisse, von allen akzeptierten Lösungen zu finden.”

“Der LEP-Entwurf enthält weitere Defizite, da dieser keine Aussagen zur Nutzung der Solarenergie und der sächsischen Wasserkraft enthält”, kritisiert die VEE. “Auch diese Bereiche können und müssen in Zukunft einen größeren Anteil an der Absicherung unserer Energieversorgung übernehmen.”

Das Fazit für die VEE: Der Abschnitt der Erneuerbaren Energien im LEP 2012 muss grundlegend überarbeitet werden.

Die Stellungnahme der VEE Sachsen e.V. zum Landesentwicklungsplan 2012 findet man hier:
www.vee-sachsen.de/images/stories/LEP_Stellungnahme_EntwEndfas_21032012.pdf

Die IWES-Studie zur Windenergie:
www.eeg-aktuell.de/wp-content/uploads/2011/04/IWES_Potenzial_onshore_2011.pdf

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