Nicht nur Leipzig leidet unter all den prekären Job-Modellen, die sich "Arbeitsmarktreformer" in den letzten 20 Jahren ausgedacht haben. Aber in der Messestadt stauen sich die Probleme, weil die hohen Arbeitslosenraten der jüngeren Vergangenheit ein Ausufern des Lohndumpings begünstigt haben. Jetzt hat der DGB ein neues Konzept gegen Niedriglöhne vorgelegt.
Rund 4,9 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind ausschließlich in so genannten Mini-Jobs tätig und bekommen im Schnitt nur einen Lohn von 265 Euro (West) bzw. 215 Euro (Ost). In der Stadt Leipzig waren im Juni 2011 insgesamt 43.491 Menschen geringfügig beschäftigt. Davon sind mit einem Anteil von 57,1 Prozent Frauen am stärksten betroffen. Im gesamten Agenturbezirk Leipzig waren im genannten Zeitraum 56.262 Beschäftigte in Minijobs tätig.
“Der Niedriglohnsektor wächst vor allem in Kleinst-Jobs, die keine Perspektive bieten. Mit unserem Konzept können wir die Aufspaltung von regulären Arbeitsplätzen in Kleinst-Jobs und das damit verbundene Lohndumping endlich beenden”, sagte der Vorsitzende der DGB-Region Leipzig-Nordsachsen Bernd Günther am Montag, 26. März, auf einer Fachtagung seiner Organisation in Leipzig. “Die Beschäftigten in Kleinst-Jobs sind buchstäblich im Niedriglohnsektor eingemauert. Wir wollen die Blockaden knacken, damit mehr reguläre Teilzeitstellen entstehen, von denen die Beschäftigten leben können und sozial abgesichert sind.”Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat deshalb ein neues Konzept gegen Niedriglöhne in Kleinstarbeitsverhältnissen vorgelegt.
Der Mini-Job ist ein Hebel zum systematischen Lohndumping. Mehr als drei Viertel der Beschäftigten in Kleinstarbeitsverhältnissen erhalten einen Stundenlohn von unter 8,50 Euro. Der Wechsel in reguläre Beschäftigung wird durch gesetzliche Regeln erschwert und durch Niedriglohnstrategien der Unternehmen blockiert. In der Gastronomie kommt auf einen regulär Beschäftigten bereits ein Minijobber bzw. Minijobberin.
“Unsere Richtschnur für eine ?Neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt’ ist die volle Gleichbehandlung aller Arbeitsverhältnisse”, so Günther. “Damit wollen wir geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse in echte Teilzeit umwandeln. Dazu schlagen wir eine Gleitzone ab dem ersten Euro bis 800 Euro vor, bei der die Arbeitgeber insbesondere im unteren Einkommensbereich den Großteil der Sozialabgaben allein tragen. Der Arbeitnehmerbeitrag liegt anfangs bei Null und steigt mit dem Einkommen langsam an. So werden Fehlanreize zur Aufspaltung von regulären Arbeitsplätzen abgestellt. Gleichzeitig erhalten die Beschäftigten trotz des geringen anteiligen Beitrags den vollen Schutz der sozialen Sicherung. Ab 800 Euro gilt dann die paritätische Finanzierung der Sozialversicherung.”
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Günther zu den steuerlichen Folgen: “Auch darf es keine steuerlichen Anreize für Arbeitgeber zum Lohndumping geben, ohne dass sich die Steuerbelastung von erwerbstätigen Ehepartnern insgesamt ändert. Zur Anpassung schlagen wir eine Übergangsfrist von bis zu drei Jahren vor. Sonderregelungen für ehrenamtliche Tätigkeiten in Sportvereinen oder Jugendgruppen sollen weiterhin erhalten bleiben.”
Womit nun erstmals nach all den Arbeitsmarktwursteleien der vergangen zwei Jahrzehnte ein Konzept auf dem Tisch liegt, das die Demontage verlässlicher Einkommen bremsen könnte. Günther: “Mit unserem Konzept wird das Angebot an regulärer und sozial abgesicherter Teilzeit steigen und die Beschäftigten erhalten Chancen auf höhere Einkommen und höhere soziale Sicherheit.”
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