Wir waren mit David Hackling von der Generaldirektion für Regionalpolitik der Europäischen Kommission und Markus Horn vom Sächsischen Ministerium für Wirtschaft auf Pressereise durch Sachsen. Auf dieser Fahrt sollten wir kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die durch den Just Transition Fund (JTF) der Europäischen Union gefördert werden, kennenlernen.
Die erste Station der Fahrt war die Hülsenreich GmbH in Leipzig, nach dem Besuch ging es weiter Richtung Löbau.
Wir hatten in Leipzig ein Unternehmen kennengelernt, welches als Startup durch das Business-Angel-Programm des JTF gefördert wird, die Förderung für die Bäckerei Drechsel beruht auf der Fördergrundlage „Regionales Wachstum“ des JTF. Mit dieser werden innovative Investitionen gefördert, die an der lokal bereits existierenden Wirtschaft anknüpfen oder darauf aufbauen, gefördert.
Löbau: Bäckerei Drechsel
In seiner Filiale im EDEKA-Markt gab uns Bäckermeister Jörg Schütze gern Auskunft zu seinem Unternehmen und der Förderung durch den JTF. Jörg Schütze übernahm 2017, im Alter von 27 Jahren, den 1950 gegründeten Traditionsbetrieb. Er erzählte uns seinen Werdegang.
„Wir befinden uns in der jüngsten Filiale, in diesem Edeka-Markt der 2023 gebaut und eröffnet wurde. Wir sind hier Erstmieter und konnten den Großteil der Investitionskosten durch das Förderprogramm „Regionales Wachstum“ realisieren. Wir haben insgesamt elf Filialen, das hier ist die Elfte.
In Löbau, sind wir insgesamt dreimal vertreten. Wir sind in Bautzen, in Zittau, Eibau, Seifhennersdorf und Neugersdorf. Die Backstube ist seit zwei Jahren in Eibau. Davor war diese in Seifhennersdorf, wo das alte Firmengebäude ist.
Dort habe ich die Firma von dem Vorgänger Herrn Drechsel auch übernommen. Ich bin dort ein einfacher Bäckerbursche gewesen und habe gesagt, ich hätte Interesse den Betrieb zu übernehmen. Und so ist das dann auch 2017 passiert und nach fünf Jahren haben wir festgestellt, wir können an unserem alten Standort in Seifhennersdorf einfach nicht mehr wachsen. Also sind umgezogen nach Eibau. Dort hatte Herr Berndt einen größeren Betrieb, den wir übernommen haben.“
Jörg Schütze stammt nicht aus einer Bäckerfamilie. Auf die Frage, wie er dazu kam, sich selbständig zu machen, antwortete er:
„Ich habe bei Drechsel als Junggeselle gearbeitet, dann habe ich woanders gearbeitet und meinen Meister gemacht. Bei Drechsel sollte die Betriebsnachfolge eigentlich familienintern geregelt werden, das hat aber aus diversen persönlichen Gründen nicht geklappt. Das habe ich mitbekommen und jung und naiv wie ich war, habe ich gesagt: Ich will mich selbstständig machen. Ohne zu wissen, was dann passiert.
2013 bin ich wieder in das Unternehmen Bäckerei Hermann Drechsel eingestiegen, dann haben wir über vier Jahre die Betriebsübernahme vorbereitet. Ich hatte auch einen sehr guten Vorgänger, der in der Zeit noch mal in ein neues Kassensystem und anderes investiert. Damit hat er mir einen guten Start verschafft.
Und ja, dann habe ich das Unternehmen übernommen. Ja, mit 22 habe ich mich für die Selbständigkeit entschieden, jung und naiv, das ist vielleicht manchmal am besten. Mit 27 war es dann soweit.“
Wie wichtig waren die Förderprogramme für Jörg Schütze?
„Für mich ist diese Förderung wichtig, weil ich diese Bäckerei, als ich die 2017 übernommen habe, nicht von meinem Vater für einen symbolischen Euro bekam. Ich habe mich damals für viel Geld in die Selbstständigkeit einkaufen müssen. Da war ich schon, bevor der erste Tag als Chef überhaupt angefangen hat, sehr sehr viel Geld los.
Deswegen war es für mich natürlich schwierig mit vielen meiner Konkurrenten, die viel viel länger am Markt waren, überhaupt mithalten zu können. Durch diese Möglichkeit der Förderung konnte ich einen gewissen Ausgleich schaffen und Investitionen realisieren, wie zum Beispiel jetzt gerade aktuell in Eibau diese große Brötchenbackanlage.
Die kostet eine Viertelmillion, das würde ich gar nicht hinkriegen. Also ich muss ehrlich sagen, das würde gar nicht gehen.“
Die Frage, um welche Investitionssummen es bei der JTF-Förderung geht, wurde selbstverständlich auch gestellt.
„Die Gesamtinvestitionen betrugen circa 220.000 Euro. Und von diesen 220.000 Euro waren 30 Prozent Eigenanteil, den wir aus Eigenmitteln finanziert haben. Der Rest kam von dem Programm „Regionales Wachstum“. Die Hauptinvestition war die Ladentheke, mit etwa 130.000 Euro. Eine Kaffeemaschine kostet schon alleine 8.000 Euro und eine Computerkasse kostet auch 6.000 Euro.“
Die EU-Förderung soll in der Region Arbeitsplätze sichern oder schaffen. Wie viele Menschen arbeiten in den Filialen der Bäckerei Drechsel?
„Wir haben 80 Mitarbeiter, davon 25 in der Backstube, die anderen sind im Verkauf tätig. Wir haben aktuell drei Azubis im Verkauf und bis Juli, August hatten wir noch zwei in der Backstube, die haben ausgelernt und wurden übernommen.“
Herr Schütze hatte noch viel über sich und sein Unternehmen, auch über die EU-Förderung, zu erzählen. Selbstverständlich ist die Beantragung der Fördermittel und der Nachweis der Verwendung aufwändig, aber er ist machbar. Jörg Schütze hat auch weitere Pläne, will aber in seiner Region bleiben und auch nach wie vor selbst in der Backstube stehen können.
Fazit: Die EU-Förderung durch den JTF hat dazu beigetragen, dass ein junger Bäckermeister sein Unternehmen ausbauen und modernisieren konnte. Seit 2017 ist das Unternehmen von 5 auf 11 Filialen gewachsen und gleichzeitig die Anzahl der Menschen, die dort Arbeit gefunden haben. Man kann Jörg Schütze und der Bäckerei Drechsel nur weiter viel Erfolg wünschen.
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