Das waren Zeiten, als man die überbordende Unterstützung der bayerischen Automobilindustrie und des Straßenbaus in Bayern durch den Bund einem Bundesverkehrsminister der CSU anlasten konnte. Ob dieser nun Dollinger, Ramsauer, Dobrindt oder Scheuer hieß: „Bavaria first“ war stets die Losung. Mit dem Pfälzer Wissing ist jetzt die nächste Stufe der Bayern-Freundlichkeit erreicht: Er „drängt“ auf Staatshilfen für eine bayerische Firma, die Luft-Taxis (Regional Air Mobility) entwickeln und bauen will.
Das ist ein Lieblingsprojekt von Markus Söder, falls es jemandem entgangen ist. Söder will für Lilium, so heißt diese Firma, mit 50 Millionen Euro bürgen, wenn der Bund sich mit der gleichen Summe beteiligt. Selbstverständlich bürgt nicht Markus Söder, sondern der Freistaat Bayern.
Schauen wir uns das Luft-Taxi an, man kann von einem durchaus ambitionierten Projekt sprechen. Aus dem Lilium Technology Blog von 2021 stammt folgende Zielstellung: „Lilium sieht vor, Innenstädte über eine Reichweite von 40 bis 200 km (und längerfristig bis zu 500 km) mit Geschwindigkeiten von bis zu 300 km/h direkt zu verbinden und gleichzeitig eine erhebliche Zeitersparnis für den einzelnen Fahrgast im Vergleich zu Alternativen zu ermöglichen.“
Das klingt gut, man muss aber bedenken, dass das Luft-Taxi für fünf bis sechs Passagiere plus Pilot ausgelegt ist. Außerdem konterkariert das Aussagen wie: Es ergänzt den ÖPNV.
Im April 2022 hieß es in den News auf der Lilium-Website: Lilium beginnt Flugversuch in Spanien. Allerdings war am 1.10.2024 an selber Stelle zu lesen: „Lilium treibt den ersten Lilium-Jet an und erreicht damit einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zum Erstflug“ (Übersetzung mir Deepl).
Was nun: Flugversuche 2022 oder Erstflug 2024? Das müsste erklärt werden. Zwischendurch gab es fast wöchentlich Erfolgsmeldungen zu Technik und Investoren. Was aber trifft zu, warum ist die Bürgschaft nötig?
Schaut man auf die Website der Firma, dann sieht man tolle Animationen – technische Daten sind nicht wirklich zu finden. Der Webauftritt ist fast eine reine Werbemaßnahme zu nennen.
Es bleibt in diesem Fall nur übrig, in die Fachpresse zu sehen. Beim „aerokurier“ wird man fündig unter der Überschrift „Liliums Scheinwelt – Hoffnungsträger oder Hochstapler?“.
Der Artikel ist von 2020, also schon etwas älter. Wichtig erscheint das verlinkte Dossier (pdf-Download). Man muss das Dossier mit Vorsicht betrachten. Der Autor will namentlich nicht genannt werden (eventuell Insider). Es zeigt aber, zumindest dem Verfasser dieses Kommentars als Ingenieur, einige Probleme des Projektes.
Das größte Problem wird die Batterietechnik sein, besser das Masse-Leistungsverhältnis der verbauten Batterien.
Hier kommen wir zu den politischen Entscheidungen über Staatshilfen und Fördergelder. Während gerade noch eine FDP-Ministerin die Fördergelder für die Batterieforschung in Deutschland kürzt, will ein anderer FDP-Minister einer Firma, die dringend auf hochwertige Batterietechnologie angewiesen ist, Staatshilfen gewähren. Da hilft nicht einmal starkes Kopfschütteln.
Unabhängig davon gibt es weitere Erfolgsmeldungen. Obwohl der Erstflug auf Anfang 2025 verschoben wurde, hat die Saudia Group fünfzig Lilium Jets fest bestellt und sich Optionen auf weitere 50 Modelle gesichert. So meldete zumindest AERO am 19. Juli 2024.
Fazit: Die Sache mit den fliegenden Taxis ist undurchsichtig. Noch steht nicht einmal fest, ob sie fliegen und die versprochenen Parameter einhalten. Die letzte Meldung sagt, dass es Vertrauen von zumindest einer Fluggesellschaft gibt. Scheinbar genügt das aber den Banken nicht für weitere Kredite. Ob der Bund einer Bürgschaft zustimmen soll, darüber müssen sich die Haushälter viele Gedanken machen. Besonders bei der Frage, ob wir ein Flug-Taxi überhaupt brauchen.
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