Ist Mode politisch? Nicole und Daniel von Urban Privacy beantworten diese Frage mit einem eindeutigen „Ja!“ Ein Blick hinter die Kulissen. Urban Privacy, ein kleines Leipziger Modelabel wurde von Nicole Scheller und Daniel Preuß gegründet. Die beiden kreieren Mode zum Schutz der Privatsphäre. Wir haben uns beim OTMR-Barcamp kennengelernt, sind sofort beim Du gelandet und haben ein Gespräch vereinbart. Am 17. Mai haben wir uns in den Geschäftsräumen in Leipzig-Gohlis getroffen.

Ich bin hier bei Urban Privacy und spreche mit Daniel und Nicole. Zuerst die Frage, ist „urban privacy“ ein Joke, oder ein ernsthaftes Modelabel?

Nicole: Ja, das kriegen wir öfter zu hören, vor allem am Anfang. Das Thema Privatsphäre ist ernst, aber wir wollen es ein bisschen auflockern, damit es ein bisschen greifbarer wird. Und dafür ist Mode ein super Medium, denn es geht ja um Identität, Kameras bewerten uns anhand unserer Identität, das erste was eine Kamera sieht ist unseres äußeres Erscheinungsbild.

Deswegen spielen wir auch mit der Mode, dass man Identitäten verschleiern kann. Und deshalb ist halt Mode das perfekte Mittel, um ein Tool dagegen anzubieten. Wir wollen es ein bisschen auflockern, dass es auch Spaß macht, dass es nicht zu ernst ist.

Jetzt hast du einen schönen Spruch auf deinem T-Shirt: Wir sind nackt ohne Privatsphäre. Privatsphäre, da hat man zur Zeit den Eindruck, es redet kein Mensch mehr drüber.

Daniel: Ich höre tatsächlich relativ viel davon, vor allem im Internet, allerdings weniger, da hast du recht, in der öffentlichen Sphäre. Privatsphäre ist, man braucht ja nur an Google Ads oder so etwas denken, oder YouTube, da habe ich das Gefühl, jede zweite Werbeeinblendung ist über VPN oder irgendwas in der Richtung. Das sind immer so individuelle Themen, individuelle Lösungen.

Wo wir hinwollen, ist Öffentlichkeit für das Thema in der Gesellschaft. Wie Nici schon sagte, Mode ist expressiv, Mode teilt mit, Mode ist Identität, macht aufmerksam und regt zur Diskussion an. Und da wollen wir eigentlich hin. Also, von diesem Individuellen ein bisschen weg und das Ganze in eine gesellschaftliche Sphäre treiben, das wir da gemeinsam drüber sprechen können.

Bandana. Foto: Urban Privacy
Bandana. Foto: Urban Privacy

Ich habe natürlich eure Webseite schon mal angeschaut, da sind ja die Produkte zu sehen. Sagen wir mal so, die Produktpalette ist übersichtlich. Wenn 20 Menschen in Leipzig in diesem Umhang rumlaufen, dann ist das ja schon fast eine Uniformierung. Was ja dem widerspricht, was die Leute mit Mode ausdrücken wollen, also ihre Individualität.

Nicole: Wir haben einmal unsere Smartphone-Tasche, die gibt es in zwei Varianten, einmal grau und schwarz, die heißt OFLAIN. Der Name ist Programm, Handy rein und man ist offline. Die ist auf jeden Fall auch für die breitere Masse zugänglich und für die breitere Masse gedacht. Es gibt ein Fach für das Handy, wo man offline ist und gleichzeitig aber auch ein Fach, wo man erreichbar ist. Das Erreichbar-Fach ist integriert, was so ein bisschen die Ausnahme ist und zusätzlich zum Offline-Fach gibt es ein kleines Fach für Kreditkarten, damit die nicht ausgelesen werden können.

Ich frage ganz kurz mal dazwischen, „OFLAIN“ mit einem f und ai, ist das ein Scherz?

Nicole: Nee, das ist die Lautsprache, das ist OFLAIN, wir wollten es halt nicht einfach.

Das fällt ja auf, wenn man es liest.

Nicole: Genau, man stolpert beim Lesen darüber, wir hatten früher Klammern drum, die haben wir jetzt genau deswegen weggelassen. Dann haben wir das, was ich gerade trage, das QR-Tuch oder QR-Schal, da sind QR-Codes aufgedruckt und wenn jemand versucht, ein Foto zu machen, dann gibt es auf dem Handy desjenigen, der jetzt ein Foto machen möchte eine Nachricht: „Stop taking pictures of me“.

QR-Schal mit iPhone fotografiert. Foto: Urban Privacy
QR-Schal mit iPhone fotografiert. Foto: Urban Privacy

Das ist dieses Spiel mit Mensch und Maschine, es ist eine Interaktion, mit der wir unglaublich viel spielen, gerade mit der Mode, die wir haben. Wir haben Faception, mit diesen großen pixelartigen Mustern. Da geht es darum, eine Gesichtserkennung zu verwirren. Das ist damals, 2017, aus meiner Bachelor-Kollektion entstanden und ist nicht mehr ganz aktuell.

Das funktioniert mit einem Algorithmus, aber man kann jetzt nicht damit nach China fliegen und denken, man ist jetzt total geschützt, so geht das natürlich nicht. Zum einem spielen wir viel mit den Mustern, also wie ich schon erwähnt habe mit dieser Mensch-Maschine-Interaktion, und zum anderen geht es bei uns auch um die Schnittgestaltung.

Diese ist sehr asymmetrisch, sodass die von der eigentlichen Körperform und Körpermerkmalen ablenkt und man sozusagen auch geschützt ist. Bei URBANGHOST hat man zusätzlich die große Kapuze, mit den eingebauten LED’s darin.

Ich habe schon mitbekommen, dass Nicole von ihrer Bachelor-Arbeit gesprochen hat, sie kommt aus der Mode, nehme ich an. Aus welchem Bereich kommst du, Daniel?

Daniel: Ursprünglich aus den Ingenieurwissenschaften, ich bin tatsächlich Umweltingenieur und habe dann nochmal ein Studium als Designer gemacht. Wir beide kennen uns aus Schneeberg, dort haben wir uns kennengelernt in ihrem Abschluss-Semester und ich habe da gerade angefangen, in der Holzgestaltung, beziehungsweise dann Produktgestaltung.

Nicole: Wir haben zusammen in der WG gewohnt.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Mode zu diesem Thema zu machen?

Nicole: Das ist schon wieder so lange her, ich war ein Jahr im Ausland, bevor ich das Bachelor-Semester angefangen habe. Ich war in Schweden und Dänemark unterwegs. Schweden war gerade dabe,i das Bargeld abzuschaffen. Es war alles elektronisch, man musste im Bus mit einer Kreditkarte bezahlen, ohne Kreditkarte ging halt nichts. In Kopenhagen hast du immer so eine Karte gehabt, du musstest dich immer ein- und ausloggen und da habe ich mir schon die Frage gestellt: Was passiert denn mit den Daten?

Witzigerweise war die anonyme Version der Karte kostengünstiger als die personenbezogene, aber dennoch kann man ja Rückschlüsse auf die Identität ziehen, weil ich ja mein Smartphone dabei habe. Da kann man die Bewegungsprofile miteinander vergleichen.

Egal, das war so die Grundgeschichte, wie es anfing. Natürlich habe ich auch George Orwell gelesen, den Klassiker „1984“.

FACEPTION. Foto: Urban Privacy
FACEPTION. Foto: Urban Privacy

Die Betriebsanleitung?

Nicole: Die Betriebsanleitung, genau, und es gibt so viele Sachen die heute schon real werden, schaut man schon allein auf KI und Umgang mit KI. So kam es zu der Idee, mit Mode Mittel zu schaffen, um sich in der digitalen Zeit zu schützen, als Hilfe zur Selbsthilfe. In meiner Recherche zu der Bachelorarbeit habe ich auch andere Künstler gefunden, die damals, nach dem NSA-Skandal von Edward Snowden, auch solche Sachen entwickelt haben, das war etwa 2014, und ich war total angetan.

Ich fand diesen Gedanken, sich mit einfachen Dingen wie mit Design oder Kunst dieser Maschinerie entgegenzustellen, sehr schön. Ich war dann ein bisschen erstaunt, denn 2017, als ich meinen Abschluss gemacht habe (die Arbeiten von den Künstlern waren von 2013/14), ab dem Zeitpunkt als es so spannend wurde, mit Gesichtserkennung und so etwas, gab es da nichts mehr.

Ich finde, wir sind jetzt in einem super spannenden Feld mit Gesichtserkennung, Algorithmen und KI, allem, was gerade so in der Diskussion ist. Wie wir auch schon anfangs gesagt haben: Wir wollen natürlich auf diese Themen aufmerksam machen und dafür ist die Mode ein gutes Kommunikationsmittel.

Es geht ja nicht nur um staatliche Überwachung. Wenn ich mir überlege, ich laufe mit meinem Smartphone durch die Stadt, war schon öfter in zig Läden drin, habe mich dort überall ins WLAN eingeloggt und wenn ich das nächste Mal durchlaufe, loggt sich mein Smartphone in diese Netze ein und informiert mich, dass Media Markt ein Sonderangebot hat, der Schuhladen hat auch eins, der andere Laden sagt: Du warst lange nicht hier. Da ist Digital Detox schon manchmal wünschenswert.

Daniel: Dafür ist vor die Smartphone-Tasche „OFLAIN“, die Idee dahinter ist ja, dass wir ja nicht gegen Digitalisierung oder gegen Vernetzung insgesamt sind, das wäre Quatsch. Das Digitale hat viele Vorteile, die erkennen wir auch an. Es geht uns darum, selbstbestimmt damit umzugehen und einen Weg zu finden, wie man sich den Komfort möglichst beibehalten kann, aber trotzdem eine gute und einfache Möglichkeit hat, auch mal abzuschalten.

Das ist eben dieser Konflikt zwischen Komfort und Sicherheit, den wir damit bespielen. Du hast es gerade schon angeschnitten: Das Thema Überwachung ist nicht nur ein staatliches, sondern es ist auch ein einfach kapitalistisches, würde ich sagen. Wir befinden uns im Datenkapitalismus, die ganze Werbeindustrie basiert auf Profilen, die wir permanent füttern. Die Daten sind ja nicht sicher, das wissen wir mittlerweile, es gibt gefühlt jeden Tag irgendwie einen neuen Leak.

Es geht uns vor allem darum, dass Menschen bewusst entscheiden können, wie sie damit umgehen wollen. Es kann ja auch genug Leute geben, die sagen: Ist mir egal. Das ist auch in Ordnung, wenn man die Informationen hat und einschätzen kann, was passiert.

Nicole: Das ist ja eigentlich das, was wichtig und bewusst werden soll. Ich habe auch schon in vielen Gesprächen gemerkt, dass die Leute das gar nicht so auf dem Schirm haben. Die gucken sich ein Video dann an, und dann bleiben die natürlich irgendwann in dieser Bubble hängen, und dann wird halt weniger nachgedacht.

Vor OTMR kannte ich euch nicht, obwohl ich mich seit Langem mit dem Thema beschäftige. Wie habt ihr Crowdfunding gemacht, über Social Media?

Daniel: Ja, das ist eine spannende Frage, weil das wirklich ein sehr komplexer Prozess war und lange gedauert hat. Wir haben sehr viel ausprobieren müssen. Wir haben es natürlich über Social Media versucht, was bei dem Thema immer so ein zweischneidiges Schwert ist, aber man kommt halt nicht drum herum. Wir haben es mit kleineren Werbemaßnahmen probiert, wir haben Aufkleber in den Straßen verteilt, wir sind mit Kameraverkleidung durch die Innenstadt gelaufen, solche Sachen.

Und ansonsten haben wir versucht, Leute, die wir kennen, zu aktivieren. Das Netzwerk, also private und geschäftliche Kontakte. Wir haben ein Launch-Event hier im Haus gemacht zum Start der Crowdfunding-Kampagne. Wir haben sozusagen gemeinsam mit den Leuten auf den Startknopf gedrückt.

Nicole: Also die bei den Zeitungen haben wir es zumindest versucht, aber uns hat keiner wahrgenommen.

Ich frage ja aus dem Grund: Es gibt viele Leute, die haben die Idee für ein Startup und wissen nicht, wo sie Geld herbekommen. Es gibt Branchen, in denen ist das relativ easy, die werden von Institutionen unterstützt. Und es gibt solche wie euch, in Nischen, die erst mal kein Interesse bei großen Investoren wecken. Deshalb frage ich, weil das wahrscheinlich auch ein paar Leute interessiert: Was kann man machen? Eure Erfahrung ist, dass das persönliche Netzwerk und das berufliche Netzwerk war wichtiger als Social Media, oder?

Nicole: Ja, am Ende auf jeden Fall.

Daniel: Ja, auf jeden Fall. Also wenn man es unterm Strich betrachtet, ist das definitiv so. Weil du das Thema Investoren angesprochen hast, das ist natürlich eine subjektive Entscheidung, wie man das handhaben möchte. Wir haben uns sehr früh dazu entschieden, dass wir darauf keine Lust haben. Also man muss sagen, wir haben ein Existenzgründerstipendium gehabt, wir haben auch die Förderung von der SAP gehabt und das Technologiegründungsstipendium. Wir wollten aber, gerade bei diesem Thema, die Kontrolle behalten und selber entscheiden, wie wir mit dem Thema umgehen.

URBAN GHOST. Foto: Urban Privacy
URBAN GHOST. Foto: Urban Privacy

Also unabhängig bleiben.

Daniel: Unabhängig bleiben, genau. Deswegen haben wir uns dagegen entschieden, zum Beispiel Venture Capital zu akquirieren, weil wir das Gefühl hatten, dass das nicht zu uns als Person und auch nicht zum Thema passt.

Nicole: Nie zu sagen ist, glaube ich, ein starkes Wort. Wenn, dann muss es halt wirklich passen. Wir hatten noch keinen Business Angel, wir könnten uns aber vorstellen, mit Business Angel oder Family Offices zusammenzuarbeiten, die in diesem Bereich unterwegs sind. Wenn es natürlich auch auf moralischer Ebene passt. Aber wir wollen jetzt nicht so ein Startup sein, wo es schnell hochgeht und dann bleiben halt Dinge auf der Strecke, dann leidet die Qualität und was weiß ich. Wir wollen das wirklich eigenmächtig steuern können.

Das Thema Nachhaltigkeit ist natürlich wichtig. Wenn ich jetzt das Tuch von hier aus sehe, kann ich nicht einschätzen, mit welchen Materialien ihr arbeitet?

Nicole: Das Tuch ist zum Beispiel 100% Tencel.

Daniel: Eine pflanzliche Faser ist das.

Nicole: Die Faser wird aus Cellulose-Faser gewonnen. Und wir arbeiten schon auch eher mit kleineren Firmen zusammen. Natürlich ist Nachhaltigkeit bei uns manchmal ein bisschen schwierig, gerade bei der Smartphone-Tasche. Da sind Materialien drin, die abschirmend sind. Und da kann ich jetzt nicht mit einer Baumwolle ankommen. Da sind natürlich Sachen drin wie Silber und Kupfer. Aber wir sehen es langfristig. Wir konzipieren die schon so, dass wir wirklich hochwertige Materialien raus suchen. Und dass sie dann möglichst auch lange halten.

Bei Nachhaltigkeit geht es ja auch um Recycling. Kupfer und Silber sind ja recycelbar. Es geht mehr um die Frage Kunststoffe. Wenn ich das Tuch irgendwann mal in den Müll schmeiße, verrottet das innerhalb der nächsten Jahre oder bleibt das 2.000 Jahre?

Nicole: Nein, das kann recycelt werden. Das ist auch ein Material, das gut ist und lässt sich besser recyceln, als wenn es irgendeine Mischware wäre.

Daniel: Also die reinen Stoffprodukte sind aus Bio-Baumwolle. Die T-Shirts sind auch Bio-Baumwolle. Da, wo es uns möglich ist, mit nur einem Material zu arbeiten, machen wir das auch.

Nicole: Also, wo wir es wirklich beeinflussen können, wo es nicht auf die Funktion ankommt, achten wir schon sehr drauf. Das ist uns auch wichtig.

Daniel: Wir haben ja keine alle zwei Wochen wechselnde Kollektion. Das sind wirklich Sachen, die wir langfristig konzipieren, die sich auch nicht alle paar Monate ändern. Sie sind auch möglichst nicht saisonal. Einen Pullover oder ein T-Shirt, die kann man das ganze Jahr tragen. Wir wollen keine Sommerkollektion, wir wollen auch erst mal keine Badekollektion oder so. Sondern das sind Sachen, die möglichst ganzjährig funktionieren sollen.

Spannende Bademode mit Privacy.

Nicole: Mit dem QR-Code wäre es wirklich ein gutes Statement. Das stimmt allerdings.

Wie soll es weitergehen, was sind eure Pläne?

Nicole: Wir arbeiten gerade an unserem Online-Shop. Der soll demnächst relauncht werden. Wo unsere Produkte dann erwerblich sind. Also unser QR-Tuch, FACEPTION, die T-Shirts. OFLAIN, URBANGHOST und unser Reflektor-Bandana.

Daniel: Produktweiterentwicklung ist ein großes Thema. Du hast ja anfangs nach Varianten gefragt und nach Produkten, die es generell gibt. Natürlich müssen wir uns da noch ein bisschen breiter aufstellen. Gerade bei der Smartphone-Tasche werden wir noch weitere Varianten entwickeln. Vielleicht für größere Geräte noch. Das ist wichtig, um viele Leute zu erreichen.

Ansonsten geht es vor allem darum zu streuen, das Thema und uns. Wir sind da jetzt in verschiedenen Events mit involviert. Wir sind auf dem MACHN24, da stellen wir Ende Mai aus. Dann sind wir im Juni im Stadion der Träume im Rahmen der UEFA. Da haben wir zwei Slots, am 8. und 30. Juni, mit Capey, einem bekannten DJ aus Leipzig und dem Kotburschi Kollektiv aus Illustrator/-innen arbeiten wir gemeinsam an einem Konzept, welches Musik, Mode und Illustration verbindet.

Damit wollen wir ein niederschwelliges Angebot für Leute schaffen, um in das Thema einzusteigen, ins Gespräch zu kommen. Also solche Sachen zusätzlich natürlich zu den Produkten und zum Verkauf.

Nicole: Bei FACEPTION sind wir auch gerade dabei, das ein bisschen umzuplanen. Das Muster noch mal neu zu entwickeln, also mal gucken, vielleicht wird es dieses Jahr noch was, aber das kommen wir jetzt noch nicht zu 100% sagen. Aber wir sind da gerade in der Mache.

Natürlich diese QR-Codes für die Kameraüberwachung, da läuft man natürlich jetzt im Wettbewerb mit der KI.

Nicole: Deswegen wollen wir da gerade bei FACEPTION uns da ein bisschen umorientieren, weil das wirklich ein sehr komplexes Thema ist und sehr viel Forschung braucht. Da sind wir gerade eher in der Umstrukturierung, dass wir sagen, wir konzentrieren uns auf die Systeme, die jeder bei sich hat auf die kleinen Überwachungskameras, die Smartphones und wollen dahingehend auch wieder Muster entwickeln. Deswegen wollen wir FACEPTION da ein bisschen anpassen und auch eher in die Richtung Kameras von Smartphones und so etwas umorientieren.

Okay, wollt ihr noch irgendwas loswerden?

Nicole: Klar, wir haben unsere Zielgruppe, also wir werden nicht jeden überzeugen können, das können wir auch gar nicht. Wir wollen ein bisschen sichtbarer werden. Es ist ja auch schön als Leipziger Label und für Leipzig ist das eigentlich auch eine schöne Sache.

Daniel: Ja, gerade jetzt in der Zeit, in der wir uns befinden, in der das Thema Demokratie wieder ein richtig großes wird, da muss man das einfach mit aufarbeiten.

Das spannende Thema Überwachung bedeutet auch: Wir schaffen im Moment Werkzeuge für einen guten Zweck, die aber fürchterlich missbraucht werden können.

Nicole: Das sieht man überall, man hat gerade auch in der EU diesen Rechtsruck, wie Ungarn mit Orban. Polen holt sich jetzt gerade die Demokratie wieder zurück. Aber ja, diese Mittel, wie ich auch heute vorhin schon erwähnt habe, wie TikTok wo die AfD stark ist, das sind genau diese Tools, für die wir als Gesellschaft vielleicht noch gar nicht ready sind. Die Entwicklung ging, glaube ich, einfach in den letzten Jahren zu schnell und viele können das noch nicht richtig einordnen. Es sind spannende Zeiten, aber es macht mir auch Sorgen.

Es ist ja auch immer dieses Spannungsverhältnis. Deshalb sagte ich vorhin, für gute Sachen entwickelt. Wenn ich jetzt sage: Ich will die Anderen überwachen, dann schaffe ich ein Werkzeug, das per se geeignet ist, mich zu überwachen. Am Ende läuft es darauf raus: Überwacht sie alle.

Daniel: Das ist der falsche Ansatz.

Aber das ist Realität, siehe China.

Daniel: Ich habe manchmal das Gefühl einer Art Hilflosigkeit, weil man sich nicht zu helfen weiß. Das ist der offensichtlich einfachste Weg, erst mal Daten sammeln, dann können wir immer noch schauen.
Nicole: Es wird immer unterstellt, ich möchte nicht, dass jemand denkt, dass ich etwas Schlechtes getan habe. Deswegen gebe ich alles preis. Das ist totaler Blödsinn. Jeder hat an seinen Fenstern Gardinen oder macht, wenn er aufs Klo geht, die Tür zu. Das sind ganz normale Dinge. Aber wenn es um die Daten geht, dann sieht man das auf einmal anders. Weil es super abstrakt ist.

Nehmen wir das als Schlusswort. Ich danke euch für das Gespräch und eure Zeit.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar