Simone Howe hat beim Denkmalpflegepreis 2022 der Handwerkskammer zu Leipzig eine von zwei Anerkennungen bekommen. Der Preis wurde auf der „denkmal“-Messe am 25. November verliehen. – „Nur wenn man das, was man macht, liebt, kann man Einzigartiges leisten“, steht auf ihrer Internetseite. Was meint Simone Howe damit? „Ganz einfach: Das ist jeden Tag mein Motto, ich bin mit viel Liebe und Feuereifer bei der Sache. Ich habe Riesenfreude an meiner Arbeit!“
Ihr Handwerk ist sehr selten. Oft wird sie gefragt, was genau sie als Posamentiererin macht.
„Posamente ist der aus dem Französischen stammende Sammelbegriff für schmückende Geflechte – also Zierbänder, gewebte Borten, Fransenborten, Kordeln, Litzen, Quasten, Volants sowie Spitzen aller Art, überzogene Knöpfe und Ähnliches mehr. Posamenten sind meist Verzierungen für Kleidung, Polstermöbel aller Art, für Lampenschirmen, Vorhänge und alle möglichen Heimtextilien. Ich fertige in Handarbeit kunstvoll gestaltete Posamenten, Accessoires für Bekleidung wie Knöpfe und Verschlüsse sowie textilen Schmuck und Dekorationsbedarf. Kurzum alles, was schön aussieht!“
Simone Howe hat sich in den vergangenen Jahren auf die originalgetreue Anfertigung von Posamenten spezialisiert, was ihr die Türen öffnete zu Museen und Schlösser. „Ich rekonstruiere mit Hilfe alter Techniken nach historischen Vorlagen – mitunter fadengenau unter Verwendung der Original-Garne aus den Geweben.“
Ihre wichtigsten Maschinen dafür stammen aus dem späten 19. Jahrhundert, so etwa der hölzerne, mehr als 100 Jahre alten Jacquard-Webstuhl. „Alle meine Arbeiten sind Einzelstücke – sie entstehen im Kundenauftrag und nach deren Material- und Farbwünschen“, erzählt die 48-Jährige.
„Ich verwende vor allem Seide, Viskose und Baumwolle. An Garnen steht eine riesige Auswahl zur Verfügung, und auch bei den Farben ist nahezu alles möglich. Für Posamenten im öffentlichen Bereich wird aus Brandschutzgründen schwer entflammbarer Polyester genutzt.“
Wie ist sie Posamentiererin geworden? „Los ging es mit meiner Ausbildung zur Textilmustergestalterin in der Fachrichtung Webtechnik. Das war an der traditionsreichen Gottlieb-Daimler-Schule in Sindelfingen“, erzählt die Frau aus Baden-Württemberg. Die schloss sie als zweite Landessiegerin ab.
„Dann habe ich über die Jahre meine Kunstfertigkeit im Weben ausgebaut und umfangreiches fachliches Können im Posamentieren erworben.“ Howe war mehr als zwei Jahrzehnte Angestellte beim Marktführer in Bayerns Hauptstadt.
Dann stellte die Liebe die Weichen: Sie lernte ihren späteren Mann aus Dessau kennen – und es reifte die Idee, gemeinsam in Leipzig zu leben. „Bei dieser Gelegenheit machte ich mich Mitte 2019 mit „Howe Home“ selbständig und habe mir meinen Berufstraum erfüllt. Seitdem verwirkliche ich mit viel Herzblut die Wünsche meiner Kunden.“
Wo historischer Textilschmuck restauriert werden soll, ist ihr Können gefragt. So finden sich Howes Arbeiten etwa im Schloss Oranienbaum und im Schloss Ludwigslust. Aufträge kommen aus dem In- und Ausland, wie jüngst aus der Schweiz zur Erneuerung der Wandbespannung in einer privaten Villa.
An Arbeit scheint es für Simone Howe also auch künftig keinen Mangel zu geben, oder? „In meinem Bereich bin ich deutschlandweit die Einzige“, lautet die bündige Antwort.
Ein Werk von Simone Howe ist bis März 2023 im Grassimuseum Leipzig zu sehen: Dort steht in der Ausstellung „Besessen“ zur Kunst des Polsterns jenes bemerkenswerte „Tête-à -tête“-Sofa, an dessen Rekonstruktion sie beteiligt war.
Wie geht´s weiter? Selbstverständlich hat die Unternehmerin, die in Leipzig wohnt, Pläne: Sie braucht eine größere Werkstatt – und will zugleich mit gleichgesinnten Handwerkern und Künstlern unter einem Dach arbeiten. Die Idee ist weit gereift, ein passendes Objekt in Leipzig gefunden, der Vertrag unterschriftsreif. So kommen Simone Howes filigran verschlungene Meisterwerke wohl schon bald aus Leipzig.
Text und aktuelle Fotos: Holger Zürch
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