Bernd Bubnick aus Trebsen hat einen Sonderpreis bekommen beim Denkmalpflegepreis 2022 der Handwerkskammer zu Leipzig. Der Preis wurde auf der „denkmal“-Messe am 25. November verliehen.
Einfach nur für sich sein, sich verstecken, unsichtbar werden. Sich mal aus dem Alltag herausnehmen. Solche Wünsche sind keine Erfindungen unserer ruhelosen Gegenwart – es gab sie auch früher schon. Das zeigt das einzigartige Bauwerk in Großdeuben.

Sie muss einen Hang zur Romantik gehabt haben, die einstige Bauherren-Familie. Eine stolze Villa erbauen zu lassen, ein gutes Stück vor den Toren Leipzigs, das konnten sich damals wie heute nur wenige sehr gut Betuchte leisten. Und zusätzlich eine künstliche Grotte als verschwiegenen Ort, das ist zweifellos sehr speziell.

So geschehen in Großdeuben, einem Ortsteil von Böhlen, südlich von Leipzig vor etwa 100 Jahren. Nachdem die stolze Villa im Spätjugend- und Reformstil vollendet war, gab es offenbar noch ausreichend Geldmittel für so ein spezielles Extra.

So wurde sie fachkundig erschaffen, gut zwei Meter hoch in der Mitte, fast sechs Meter breit – und mit kleinem Teich davor, in dem das Wasser beruhigend plätscherte. Nur wenige Meter hinter dem Zaun gelegen, ist die Grotte von der verkehrsreichen Straße aus kaum zu sehen.

Was eine Grotte ist

Was ist überhaupt eine Grotte? Abgeleitet vom italienischen Wort „grotta“ = Höhle, ist sie ein von der Natur oder vom Menschen erschaffener Hohlraum geringer Größe. Kunstvoll gestaltete Grotten sind beliebte Gestaltungselemente der Gartenkunst.

Was mag die Grotte in Großdeuben alles erlebt haben an bewegten und gefühlvollen, schicksalhaften und knisternden Momenten … Jahre und Jahrzehnte vergingen, der Zahn der Zeit nagte unerbittlich an ihr. Es kam der Tag, da musste sie vor dem Schlimmsten bewahrt werden – rigoros mit einer profanen Mittelstütze.

Alles andere als elegant – ein „Grotte mit Krückstock“ sozusagen. Wurde als schnöde Abstellkammer für allerlei Gartenkram genutzt und harrte weiter einer wenig verheißungsvollen Zukunft …

Blick auf die unsanierte Grotte. Foto: privat
Die unsanierte Grotte. Foto: privat

Doch dann ein Wunder: Die Grotte erlebt ihren zweiten Frühling. Dass sie ihn erleben darf, ist vor allem das Verdienst der jetzigen Eigentümer: Sie haben das Alleinstellungsmerkmal ihres Grundstücks
erkannt und ihre Verantwortung dafür wahrgenommen.

Und es ist das Verdienst von Bernd Bubnick, der im Auftrag der Eigentümer die Rekonstruktion und Restaurierung der Grotte verwirklichte.

Auftrag und Herausforderung der besonderen Art

Der dieser Grotte tatkräftig mit umfangreichem Wissen und Können zum zweiten Frühling verhalf. Etappenweise über mehrere Jahre von 2017 bis 2021. Besondere Vorhaben brauchen Extra-Zeit.

Auch für den 58-jährigen geprüften Meister, Restaurator und Gestalter im Maurerhandwerk, den freien geprüften Sachverständigen Putz und den geprüften Gebäudeenergieberater im Handwerk eine Herausforderung der besonderen Art.

„So einen Auftrag hatte ich noch nie“, erzählt Bernd Bubnick mit Blick auf die sogenannte Rabitz-Grotte. Rabitz ist die Bezeichnung für Drahtputz aus einer tragenden Unterkonstruktion aus Metall, dem Rabitzgitter als Putzträger, und Putzmörtel.

Entwickelt von Maurermeister Carl Rabitz aus Berlin und 1878 zum Patent angemeldet. Die große Eigentragfähigkeit und die freie Ausformbarkeit einer gerabitzten Fläche ermöglichen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten – etwa in der Denkmalpflege.

Die Grotte hat die Form einer Halbkuppel, ihre Rückseite ist mit Erde bedeckt, sodass sie von hinten wie ein Hügel wirkt. Ihre sichtbare Fläche erinnert an eine Korallengrotte, wie von Mutter Natur geschaffen – doch sie ist Menschenwerk.

Beim ursprünglichen Bau wurden natürliche Korallenriff-Kalksteine in die Oberfläche eingefügt. Die Wandstärke beträgt 30 bis 60 Zentimeter, teilweise auch noch stärker.

„Die Recherche nach dem Steinmaterial für die Rekonstruktion war sehr umfangreich, das musste ja schon etwas Besonderes sein. Die Lösung war schließlich Travertin aus Thüringen mit vielen Versteinerungen von Blättern.“ Bernd Bubnick stimmte sich bei den Arbeiten immer wieder mit dem Diplom-Restaurator Wagner ab.

Ein langer und komplexer Weg

Und ging schließlich mit seinen Leuten ans Werk: „Zunächst haben wir die Vorder- und Rückseite bis zum Grottenfuß freigelegt und diese Oberfläche mit Heißwasser von Verkrustungen gereinigt. Es folgte die Errichtung einer verzinkten T-Träger-Konstruktion aus verschraubten oder verschweißten Teilstücken – in Vieleck-Form entsprechend der Grottenwölbung als äußere Stützkonstruktion. Selbstverständlich mit Fundamentgründung und Umspannung mit Edelstahl-Rabitzdraht. Die T-Träger-Konstruktion dient zur Lastaufnahme der Kuppelvorderseite.“

Und: „Weiter ging es mit dem Anbinden der Bestandskuppelkonstruktion an die T-Träger-Stützkonstruktion mittels Edelstahl-Gewindestäben“, erinnert er sich.

„Die haben wir am T-Träger aufgelegt und im Bestandsmörtel mit Epoxidharz verankert. Daraufhin haben wir sichtbares Trageisen gegen Edelstahl-Trageisen ausgetauscht und mit der T-Träger-Konstruktion verbunden.“

„Nun wurde die Konstruktion mittels faserarmierter Ausdrücklage in Anlehnung an die Bestandskonstruktion ausgemörtelt“, schildert er knapp.

„Anschließend haben wir die Grottenkonstruktion mit Mörtel und Travertinbrocken aufgebaut, dabei Bestandsstücke in Neumörtel eingefügt und die Oberfläche an die Sanierungsoberfläche mit nasigem Spritzbewurf angepasst.“

So sieht die Grotte heute aus. Foto: privat
Die Grotte heute. Foto: privat

„Schließlich folgte das Aufbringen einer mineralischen Dichtschlämme in zwei Lagen auf dem Grotten-Rücken, eine Wasserführung an der Grottenwand mit Kiesverfüllung zur Dränage und das Wiederanfüllen der Muttererde. Und fertig“, sagt der vielseitige Bau-Experte spitzbübisch und stark untertreibend.

Handwerkliches Können des Fachmanns

Die Handwerkskammer zu Leipzig, zu der er gehört, weiß genau, was sie an dem Fachmann aus Trebsen hat: Dort wird er für sein langjährig verdienstvolles Wirken in der Denkmalpflege sehr geachtet und geschätzt.

„Bernd Bubnick ist seit vielen Jahren unser verlässlicher und profunder Ansprechpartner für denkmalpflegerische Aufgabenstellungen mit speziellen Handwerkstechniken im Maurerhandwerk, bei Putz- und Stuckrestaurierung und authentischer Rekonstruktion“, sagt Präsident Matthias Forßbohm.

„Seine Fähigkeiten umfassen die sachverständige Beurteilung der Istzustände, die Erarbeitung von Restaurierungskonzeptionen, einschließlich im Einzelfall zu erstellender Rezepturen als auch deren handwerkliche Ausführung.“

Bernd Bubnick vor der Rabitz-Grotte 2022. Foto: HWK Leipzig, Holger Zürch
Bernd Bubnick und die Rabitz-Grotte 2022. Foto: HWK Leipzig, Holger Zürch

„Darüber hinaus ist Bubnick für Bauherrn, behördliche Denkmalpfleger und ausführende Betriebe eine Institution in allen Fragen zu historischem Mauerwerk sowie ebensolchem Putz und Stuck. Sein Rat und seine unmittelbar praktisch umsetzbaren Lösungsvorschläge sind gefragt und haben zu einer Vielzahl herausragender Lösungen denkmalpflegerischer Probleme geführt.“

„Kurzum“, so der Präsident, „Bernd Bubnick ist aus dem denkmalpflegerischen Bereich in unserem Kammerbezirk nicht wegzudenken. Wir danken ihm für das außergewöhnliche persönliche Engagement und sein hohes handwerkliches Können. Wir wünschen ihm und uns noch eine Vielzahl interessanter Objekte und sind uns sicher, dass wir noch viel von ihm hören und sehen werden.“

Einfach nur für sich sein, sich mal aus dem Alltag herausnehmen: Sie ist bald wieder bereit für besondere Momente – die Grotte in Großdeuben.

Text und aktuelle Fotos: Holger Zürch.

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