Die Firma Gruner hat mit einem restaurierten Bauernhof in Bornas Ortsteil Eula den ersten Preis gewonnen beim Denkmalpflegepreis 2022 der Handwerkskammer zu Leipzig. Der Preis wurde auf der „denkmal“-Messe am 25. November verliehen. – Manchmal ist es besser, einfach zu Hause zu bleiben. Und nicht absichtslos durch die Gegend zu fahren. Sonst kann es einem ergehen wie Frank Gruner – und man kauft plötzlich ein abbruchreifes Grundstück.
So geschehen in der Dorfmitte von Eula, heute ein Ortsteil von Borna: Der dortige ehemalige Vierseithof schräg gegenüber der Kirche bestand ursprünglich aus einem Wohnstallhaus, zwei Nebengebäuden und einer Scheune.
Die Gebäude wurden im frühen 19. Jahrhundert errichtet und bis 1958 bewohnt. Auch wenn ein Rentner bis 1989 dort lebte, verfielen sie nach Nutzungsaufgabe mit jedem Jahr mehr. Ein Nebengebäude musste abgetragen werden, auch gab es Schäden durch Vandalismus.
„Der Zustand aller Gebäude war sehr schlecht“, so Frank Gruner. Viele hätten ihn damals für verrückt erklärt, als er kurzerhand jenes Grundstück erwarb. „Doch ich wusste ganz genau, was ich tue. Ich habe gespürt: ,Das ist es!‘ Und es war klar, dass mich nichts und niemand davon abbringen kann.“
Der 57-Jährige ist Handwerksmeister und Chef seiner Baufirma in Leipzig. Mit derzeit zehn Mitarbeitern ist Gruner seit vielen Jahren erfolgreich im Geschäft und vielseitig berufserfahren.
Auf zur kleinen Bau-Zeitreise mit dem Bauherrn – am besten vielleicht am Beispiel des Hauses, das in amtlichen Dokumenten „Seitengebäude II“ heißt: „Erbaut 1820, wurde es 1995 unter Denkmalschutz gestellt“, erinnert sich Frank Gruner.
„Das Erdgeschoss war ein Stall, oben gab es ein Gesindezimmer, einen Taubenschlag und einen Heuboden. Über dem massiven Erdgeschoss aus Bruchstein das klar gegliederte, verputzte Fachwerk-Obergeschoss mit Satteldach in Biberschwanzdeckung. Alles stark ramponiert.“
Im November 2000 stellte er den Antrag auf Baugenehmigung zum Umbau und zur Sanierung, die denkmalschutzrechtliche Zustimmung zum Bauantrag kam im Januar 2001. Dem Haus hätten damals nur wenige eine Überlebens-Chance eingeräumt.
„Wegen jahrelanger Dachschäden waren beispielsweise viele Balkenköpfe verrottet. Mein Anspruch war, bei der Sanierung so viel wie möglich wiederzuverwenden oder aufzuarbeiten.
Am besten mit altem Holz, das wir aus anderen Objekten für die Dachinstandsetzung geborgen haben. Und wir haben – abgestimmt mit der Denkmalbehörde – für das Dach die ursprüngliche Biberschwanz-Deckung ohne Vermörtelung an Ortgang und First aufgearbeitet.“
Der Zementputz aus den 1980er Jahren im Erdgeschoss wurde abgeschlagen, der Bruchstein wieder offengelegt – ganz so wie beim benachbarten Rittergut Gestewitz.
Die Sandsteingewände und das Bruchstein-Mauerwerk wurden ebenso instandgesetzt wie das sichtbare Fachwerk im Obergeschoss – historisch mit Holznägeln und Zapfen ausgeführt – und wie die Geschossdecken mit Starken und Lehmausfüllungen. Die Farbigkeit des Holzes und der Gefache erfolgte in Absprache mit dem Denkmalschutz.
Die neuen Fenster im Obergeschoss entstanden historisch korrekt aus Holz, in Sechserteilung und zweiflügelig mit Sprossen. Sie lassen sich nach historischem Vorbild nach außen öffnen. Die Innenwände wurden mit Lehmputz und Naturfarben denkmalgerecht ausgeführt, das Mauerwerk denkmalgerecht saniert.
Fazit: „Bei Sanierung und Umbau haben wir so viel wie möglich vom Altbestand erhalten – und unumgängliche Neugestaltung nach dem historischen Bestand gefertigt. So wurde auch das historische, schmiedeeiserne Hofeinfahrts-Tor neu genietet und auf dem Hof wieder das Kopfsteinpflaster verlegt.“
Einmal in Erzählen gekommen, reiht Frank Gruner eine Geschichte aus der Bauzeit an die andere. Schildert anschaulich das Werden und Wachsen des Vorhabens, die Erfolge – und die Rückschläge. Spätestens jetzt wird klar, dass er in Eula mit viel Herzblut bei der Sache ist.
„Es geht wie gesagt darum, dass hier nur instandgesetzt und so viel wie möglich original erhalten werden sollte. Etwa wenn Balken mit Altholz angeschuht wurden – oder bei der Neudeckung Ziegel, welche schon drauf waren, geborgen und aufgearbeitet wurden. Als diese nicht ausreichten, habe ich im damaligen Bergelager Trebsen alte Biberschwänze nachgekauft.“
Unüblich für die damalige Zeit waren die Gewände dieser Häuser aus Sandstein gefertigt. Was sich als weitere Herausforderung erwies: „Dieser Zeitzer Sandstein hat leider die Eigenschaft, sich im Laufe der Zeit schichtweise aufzulösen.“ Doch auch davon ließ Gruner sich nicht entmutigen – wenn es durchaus einige solcher schwachen Momente gab.
Für das Grundstück und seine historischen Bauwerke war Frank Gruner ganz ohne Zweifel der Retter in letzter Minute: „Grundsätzlich lässt sich sagen, dass ohne die erfolgten Maßnahmen der Hof verfallen und somit zerstört wäre. Die Arbeiten wurden grundsätzlich denkmalgerecht ausgeführt“, so die Einschätzung des Denkmalschutzes im Landratsamt in Borna.
Anders gesagt, ist Frank Gruner der Retter dieses besonderen Hofes mitten in Eula. Auch wenn er das selbst nie so sagen würde.
Der rastlose Handwerksmeister hat das historische Wohnhaus und die beiden Nebengebäude nach und nach saniert und Wohnungen geschaffen. Dabei wurden die Bauteile unter Wahrung der Denkmalqualitäten grundhaft gesichert und instandgesetzt – unter Anwendung historischer Handwerkstechniken.
Insgesamt, so der Denkmalschutz, „ist die denkmalgerechte Sanierung sowohl der Einzelbauten als auch des bewahrten Bestandes der Hofanlage gelungen, die den historischen Ortskern von Eula als wesentlicher Baustein ergänzt.“
Und weiter: „Das Sanierungsergebnis ist nicht nur für eine geregelte Ortsentwicklung bei Wahrung des baukulturellen Erbes wesentlich, sondern trägt maßgeblich zur Identität des ländlichen Raumes im Leipziger Umland bei.“
„Der einstige Vierseithof prägt zusammen mit Schulgebäude, Pfarrhof und Dorfkirche das Ortsbild von Eula in besonderem Maße. An der Erhaltung des Hofes besteht aus architektonischen, wissenschaftlichen und heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Er ist ein repräsentativer Zeuge der ländlichen Bauweise aus der Zeit um 1800 und ein wichtiges, die Identität des Dorfes mitprägendes Element“, so der Denkmalschutz weiter.
Und dann folgt noch dieser Satz: „Die Maßnahmen sind noch nicht in allen Gebäuden abgeschlossen.“ Als Gruner das hört, meint er ernsthaft und zugleich mit großer Gelassenheit: „Fertig wird das hier nie …“
Wie gesagt: Manchmal ist es besser, einfach zu Hause zu bleiben. Sonst kauft man unversehens ein abbruchreifes Grundstück. Und halst sich Arbeit ohne Ende auf.
Manchmal jedoch erweist sich für einige wenige Menschen genau das als großer Glücksfall. Nämlich dann, wenn sich das zur selbstgewählten Lebensaufgabe entwickelt. – Frank Gruner lächelt und nickt zustimmend.
*Text und aktuelle Fotos: Holger Zürch im Auftrag der Handwerkskammer zu Leipzig.
Baufirma Gruner GmbH, An der Märchenwiese 76. 04277 Leipzig
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