LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausg. 66Thomas Schmickler ist in Wahren mit seiner Eismanufaktur nahezu konkurrenzlos. Aber die Geschichte seines Geschäftes am Fuß des Viaduktes passt in kein simples Schema und wird durch reichlich Augenzwinkern aufgelockert. Zum Beispiel wenn er die letzten Kugeln einer zur Neige gehenden Sorte versteigern will oder den Kindern weismacht, für das himmelblaue Eis echte Schlümpfe einzufangen und auszuquetschen, um an die markante blaue Farbe zu kommen. Er könne das Blau ja schließlich nicht vom Himmel runterschwindeln.
Kein Spaß ist das Bio-Zertifikat und dass bis auf drei Sorten Eis alles vegan und zuckerreduziert ist. Die Waffeln sind selbst gemacht und glutenfrei. Selbst die Servietten aus 100 Prozent Recyclingpapier. An die 80 Eissorten hatte der experimentierfreudige und humorvolle Schmickler bereits im Sortiment. Ananas-Curry war der Renner im März.
Apfel-Sellerie sorgt ebenso für hochgezogene Augenbrauen wie Erdbeer-Balsamico, Weißer Kaffee – nur echt mit Wasserstoffperoxid – oder Kürbiskerneis. „Es gibt kein Ende“, bekräftigt der gebürtige linksrheinische Junge, der gern immer neue Gemüse oder Kräuter ausprobiert. Und die leckersten Kreationen schaffen es nach dem Kosten durch ihn und seinen Sohn mitunter nicht sofort in den Laden. „Das lecke ich gleich selber!“, schmunzelt Schmickler.
Als er 2007 seine angestammte Heimat Köln verlassen will, zieht es ihn eigentlich nach Berlin. Aber um den Reiz zu erhöhen, nimmt er eine Landkarte und Dartpfeile und zielt auf Berlin. Und er trifft … Grimma! Eine kurze Recherche lässt aus seiner Sicht nur die Wahl zwischen Dresden und Leipzig.
Gewonnen hat offenbar die charmante Messestadt, in der sich der gelernte Bäckermeister rundum wohlfühlt. Außer als zu seinem Asthma 2016 auch noch eine Mehlallergie kommt. In Bio-Bäckereien waren seine Beschwerden immer deutlich geringer. Aber nun scheint es ihm doch Zeit umzusatteln auf ein neues Handwerk mit humorvollem Umgang mit Kunden.
Bio, vegan und ein Fruchtanteil 50 bis 60 Prozent in Wahren
Eis machen war bereits Teil seiner Bäckerlehre, erinnert er sich. Zudem hatte er in Köln auch bei einem Bäcker gearbeitet, der Eis anbot. Schmickler absolviert zwei Lehrgänge und grübelt an der Standortwahl. Die Ladenmiete in der City beträgt locker das 4-Fache von Wahren, ebenso die Konkurrenz der Eisläden. Aber erstaunlich ist, dass das Viadukt an sich ein guter Ort zum Eisverkaufen ist, nur die Prädikate „bio“ und „vegan“ schrecken anfänglich doch auch einigermaßen ab. Zu exotisch für den Nordwesten.
Schmickler ändert die Beschriftung auf eine gewöhnliche Eismanufaktur, bereitet jedoch das gleiche bio-vegane Eis in all seiner Vielfalt zu. Und er hat Erfolg. Aber eben mit ungewöhnlichen Sorten: Zum Schoko gesellt sich Ingwer, Apfel schmeckt mit Möhre, und Orange vereint sich mit Stracciatella. „Ich möchte gern, dass die Kunden nicht immer nur zu Erdbeer oder Vanille greifen“, so der frischgebackene Eisspezialist. Seit April hat er daher auch ein All-You-Can-Eat-Angebot, welches ein Mal im Monat neue Geschmacksknospen ansprechen, überraschen und begeistern soll.
Aber wie gesund kann Eis sein? „Ich ersetze die Hälfte des Zuckers mit hochwertigem Birkenzucker, aber die chemischen Eigenschaften des Zuckers sind nötig, damit das Eis bei minus 14 Grad streichfähig ist“, so Schmickler. Auch Fett sei als Geschmacksträger wichtig. Also ersetze er die Milch durch vegane Cremes auf Haferbasis.
Und statt der vorgeschriebenen 30 Prozent Fruchtanteil liegen die Sorbets seiner Wahrener Eismanufaktur bei 50 bis 60 Prozent. Kein Wunder, dass die Jüngsten ihm gern beim Eis machen zusehen und eventuelle Reste wie zu Hause beim Kuchen backen wegnaschen. Andererseits bekommen sie kaum mit, dass er Kartoffeln sowie Möhrensaft verarbeitet. „Wenn die wüssten!“
Kalorienbewusst nennt Schmickler seine jeweils zwölf angebotenen Eissorten. Aber da schmunzelt er schon wieder, weil sich jeder, der Eis leckt, der vorhandenen Kalorien bewusst sein sollte. Zum Trost preist er das Gemüse und die Kräuter als gesund, wie auch den Kakao als bekannte Hülsenfrucht… Lasst es euch schmecken. Gesünder wird es nicht.
Georg-Schumann-Straße 294, 04159 Leipzig
Bio-Wirtschaft in Leipzig (2): „Wenn Sie mich fragen, gehören sämtliche Subventionen abgeschafft, die nicht das Gemeinwohl fördern!“
https://www.l-iz.de/wirtschaft/firmenwelt/2019/04/Bio-Wirtschaft-in-Leipzig-2-%e2%80%9eWenn-Sie-mich-fragen-gehoeren-saemtliche-Subventionen-abgeschafft-die-nicht-das-Gemeinwohl-foerdern%e2%80%9c-269966?highlight=Biowirtschaft
Leipziger Zeitung: Wo ein Wille ist … zwei Wahlen stehen vor der Tür
Leipziger Zeitung: Wo ein Wille ist … zwei Wahlen stehen vor der Tür
So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:
Keine Kommentare bisher