Manches, was so vor dem 1. April eintrudelt, ist kein Aprilscherz. Aber wenn dann doch noch ein Päckchen hereinschneit mit zwei großen Aufklebern „Lotteraner. Helles Festbier“, was macht man da? Erinnert man sich an einen Termin, den man partout nicht geschafft hat?

Davon gibt es ja jede Woche eine Menge. Einer war am Montag, 27. März. Da hatte der Ratskeller Leipzig eingeladen zum Fassanstich. Was in diesem Fall nicht die Eröffnung der Bockbiersaison in Leipzig war, sondern die Vorstellung eines neuen Projektes: der Ratskeller hat eine eigene Braumanufaktur in Betrieb genommen. Rund 500.000 Euro haben die beiden Pächter Ingo Winkler und Jan Woithon in die eigene Brauerei investiert. 13 Gär- und Lagertanks stehen in den Kellergewölben. Ab jetzt schenkt der Ratskeller sein eigenes Bier aus, für das Braumeister Norman Jung die Verantwortung trägt. Wobei es nicht nur Helles gibt, sondern auch Schwarzbier und diverse Saisonbiere. Alles nach eigener Rezeptur – aber nach Reinheitsgebot.

Benannt ist das Bier nach Hieronymus Lotter, jenem weiland bekannten Bürgermeister, der vor 500 Jahren für diverse Stadtbauten – unter anderem das Alte Rathaus und dann die neue Pleißenburg – verantwortlich war.

Oberbürgermeister Burkhard Jung hatte persönlich den Termin am Montag wahrgenommen und das erste Fass mit Festtagsbier anstechen dürfen. Dafür war er ehrenhalber gleich zum Oberbraumeister gekürt worden.

Bier-Paeckchen. Foto: Ralf Julke
Bier-Päckchen. Foto: Ralf Julke

Und wir waren nicht dabei. Und so gab’s die frohe Kunde also am Freitag noch per Päckchen. Wir haben es auch ganz vorsichtig geöffnet. Wie Sie sehen, war eine Flasche Lotteraner drin  – mit Schnappverschluss. Und ein Bierseidel mit dem Konterfei des legendären Baubürgermeisters  und der Aufschrift: „Ratskeller Braumanufaktur“. Womit sich Leipzigs  Brauhauslandschaft wieder um einen Anlaufpunkt bereichert hat.

Wobei sich Hieronymus Lotter über das Bier ganz bestimmt gefreut hätte. Denn zu seiner Zeit galt Bier aus Leipzig als ziemlich fürchterliche Plörre. Was vor allem auch am schlechten Wasser in Leipzig lag. Deswegen importierte Leipzig den größten Teil seines Bieres – darunter auch aus einer Stadt, die damals für ihr Bier besonders berühmt war: Torgau.

Mit dem Leipziger Bier mussten damals eher die weniger betuchten Leute Vorlieb nehmen.

„Schade, dass Sie nicht dabei sein konnten“, schreiben uns Ingo Winkler und Jan Woithon.

Manches schaffen wir partout nicht. Und meistens ist es doch das härtere Stück Arbeit, das wichtiger ist. Aber so erfahren wir, dass der Fassanstich und die Einweihung der eigenen Brauerei im Ratskeller tatsächlich stattfanden. Und ein „Lotteraner“ steht nun auch da, ausgewickelt aus dem Päckchen.

Aufmachen? Nicht aufmachen? Standhaft bleiben? Oder Computer ausschalten und Feierabend machen. Mit Bierchen. Das zumindest kann man sagen: In Leipzig ist die Auswahl größer geworden. Wer alle hier gebrauten Biere einmal probieren will, kommt mittlerweile ganz schön rum.

Fehlt bloß noch einer, der jetzt losgeht, und die Bier-Probier-Tour durch Leipzigs Braustuben anpackt. Wer will?

Aber Sie wissen ja, wie das ist, wenn die Arbeit ruft …

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