Was buddeln die denn da? Schon im Sommer standen Baucontainer in der Richard-Lehmann-Straße kurz vor der Auffahrt zur B2. Ein Stück des Waldes am Fockeberg war planiert. Aber was sie hier bauen, das verrieten die Leipziger Wasserwerke erst am Dienstag, 24. Januar, vor frostig weißer Kulisse genauer. Ein neuer Mischwasserkanal soll entstehen.
Sieben Meter unter der Erde. Ein riesiges Loch gähnt in der Erde. Unten ragt eine riesige Röhre aus der Wand. Darin sind schon längst die Bauarbeiten im Gang. Oder besser: die Bohrarbeiten. Denn für einen neuen Stauraumkanal an der Wundtstraße haben die Leipziger Wasserwerke einen Riesenbohrer unter die Erde geschickt. Gesteuert wird der Riesenbohrer von einem Tiefbaufachmann.
Wie im Bergbau sorgt der Bohrer dafür, dass das abgebaute Erdreich nach dem Fräsen des Bodens über ein Förderband zum Startschacht abtransportiert wird. Pro Tag schafft der Bohrer etwa zehn Meter.
Dabei entsteht ein 3,15 Meter breiter Tunnel, in den zeitgleich die neuen Kanalrohre aus Stahlbeton eingezogen werden.
„In einem ersten Schritt wird sich der tonnenschwere Bohrer rund 290 Meter in Richtung Richard-Lehmann-Straße graben. Später folgen noch einmal 40 Meter unter der Wundtstraße hindurch“, erläutert Projektleiterin Andrea Bauer von den Leipziger Wasserwerken das Projekt. Vorteil des grabenlosen Verfahrens: Die Wundtstraße muss dazu nicht aufgegraben und voll gesperrt werden.
Auf der riesigen Baustelle beidseits der B2 wird an drei Schwerpunkten gleichzeitig gearbeitet.
Der Mischwasserstaukanal wird entlang der stadteinwärtigen Richtung sowie unter der B2 als ein mehr als drei Meter breiter Staukanal entstehen. Er ersetzt einen alten Kanal aus dem 19. Jahrhundert. Außerdem wird eine Druckleitung gebaut, die später das aufgefangene Mischwasser zurück zur Fockestraße befördern soll. Denn es soll ja nicht einfach in die Pleiße fließen, sondern übers städtische Kanalnetz – mit Verzögerung – zum Klärwerk im Rosental.
„Der neue Staukanal ermöglicht es, das Mischwasser aufzufangen und später über die Druckleitung zurück zur Fockestraße zu leiten, von wo aus es zeitverzögert ins Klärwerk Rosental gelangt. Dieses Prinzip führt zur Entlastung des Mischwassernetzes im Starkregenfall und zur Entlastung der Pleiße“, betont Mathias Wiemann, Leiter des Unternehmensbereiches Netze der Wasserwerke. Der neue Stauraumkanal sorge in Kombination mit dem Entlastungsbauwerk am Ende der Einstaustrecke dafür, dass insgesamt weniger Mischwasser in die Pleiße abgeleitet werden muss.
Wiemann: „Damit gelingt es uns, die sensiblen Gewässer und die Umwelt noch besser zu schützen.“
Dafür wird auch ein neues Entlastungsbauwerk gebaut. Das unterirdische Bauwerk auf der landwärtigen Seite der B2 schließt an den Stauraumkanal an. Es regelt, wie viel Wasser zwischengespeichert werden kann und sichert das Kanalnetz vor Rückstau bei Hochwasser aus der Pleiße. Ferner befindet sich darin die Pumpstation für die Druckleitung.
Und in diesem Zug wurde auch der Pleißemühlgrabendüker schon saniert. Er führt das Abwasser unter dem Pleißemühlgraben hindurch. Diese Untertunnelung des Pleißemühlgrabens haben die Wasserwerke bereits im vergangenen Jahr saniert. Die besondere Technik war hier: In die beiden je zwei Meter starken Dükerröhren wurde ein mit Kunstharz getränkter Schlauch eingezogen, der später aushärtete. So eine Technik kennen die Leipziger schon aus der Lützner Straße, wo man mit dieser Schlauchtechnik die alten Kanäle in deutlich kürzerer Zeit wieder stabil und betriebsfähig gemacht hat.
Die Wasserwerke Leipzig setzen das nun mit 6,3 Millionen Euro bezifferte Projekt nicht nur aus Gründen der optimierten Betriebsführung, sondern insbesondere auch aus Aspekten des Umweltschutzes um, betont das Unternehmen den Grund für diese Investition. Denn benötigt werden die Anlagen vor allem, um bei starkem Regen Mischwasser aus dem 2. südlichen Hauptsammler in der Fockestraße aufzunehmen und dessen Überfließen zu verhindern.
An mehreren Punkten im Stadtgebiet bauen die Wasserwerke solche unterirdischen Speichermöglichkeiten für den Starkregenfall. Bei einigen solcher Starkregen in den vergangenen Jahren wurden auch verschiedene Leipziger Stadtteile unter Wasser gesetzt, weil das unterirdische Kanalsystem die Wassermassen nicht so schnell aufnehmen und ableiten konnte. Zuletzt erlebt bei einem Platzregen in der Georg-Schumann-Straße. Solche Regen, die binnen kurzer Zeit enorme Wassermassen oft über punktuell beschränkten Räumen herunterkommen lassen, werden mit zunehmender Klimaerwärmung auch häufiger vorkommen und die Kanalsysteme der Städte bis an ihr Fassungsvermögen belasten. Was natürlich dann heikel wird, wenn sich die Wassermassen nicht nur in der Straße stauen, sondern auch angrenzende Keller unter Wasser setzen. Der Bau der unterirdischen Sammler ist ein wesentlicher Teil der Leipziger Anpassungsstrategie an den Klimawandel.
Wie gewaltig der neue Sammler ist, zeigt ein Blick in die Röhre: Die Mitarbeiter der Wasserwerke können problemlos drin stehen und mit Interesse die Fugen begutachten. Draußen ist es immer noch feucht und kalt. An sommerliche Starkregen denkt man da gar nicht. Aber im Sommer wird das Ganze auch noch nicht fertig sein. Erst im Spätherbst wird der Bohrer nach 330 Meter Wühlarbeit sein Ziel erreichen. Kann man nur die Daumen drücken, dass vorher kein Starkregen kommt.
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Warum hält sich in allen Veröffentlichungen zu dieser Baumaßname die Annahme, dass es sich bei dem Stück Wundtstraße um einen teil der B2 handelt?
Schon seit geraumer Zeit wird diese über R.-Lahmann-Str. – Prager Str. – Gerichtsweg – L.-Ehrhard-Str. – Kohlgartenstr. zur Brandenbuurger Brücke geführt.