Um Buchhandlungen muss man kämpfen. Sie sind zu wichtig, um sie einfach verschwinden zu lassen. Im Sommer haben wir an dieser Stelle über das Ende zweier Buchhandlungen auf der Karl-Liebknecht-Straße berichtet. Eine hat am 29. Oktober wieder aufgemacht: unter neuem Namen, mit neuem Mut. Am 2. Juni hatte an der Ecke Karl-Liebknecht-Straße (Richard-Lehmann-Straße) "Kü’s Buchhandlung" geschlossen.
Für das Ehepaar Kücklich, das die Buchhandlung hier seit der “Wende” betrieben hatte, hatte das Konzept am Ende nicht mehr funktioniert. Aber eigentlich, so sagte sich Katja Junghanns, die seit 18 Jahren in der Buchhandlung angestellt war, funktioniert die Buchhandlung an dieser Stelle: Sie hat eine Stammkundschaft, sie bietet Spezialliteratur für die benachbarte HTWK. Brauchte es nicht eigentlich nur eine Auffrischung, ein neues Konzept und wieder mehr Aktivität im Stadtteil?
Eigentlich bietet der Standort gute Voraussetzungen, um am Ball zu beleiben. Und so beschloss Katja Junghanns zusammen mit ihren langjährigen Kolleginnen Gabriele Heise und Carmen Polee, die Buchhandlung unter neuem Namen wieder aufzumachen. Behutsam wurde das 140-Quadratmeter-Geschäft im Sommer saniert. Die drei gründeten eine neue Firma. Und im Oktober kam dann der neue, farbenfrohe Name auf die Leuchtkästen: Buchhandlung Südvorstadt. Die benachbarte Richard-Lehmann-Straße ist tatsächlich die Grenze zwischen Connewitz und Südvorstadt.
Aber wie setzt man Blinklichter in so einer Zeit, in der der große Online-Händler Amazon den Leuten verspricht, die Bücher sogar mit Drohne zu ihnen zu fliegen? Kaufen die Leser denn nicht mehr alle online und lassen es sich einfach liefern?
Möglicherweise nicht. Schon die 2014er Zahlen des deutschen Buchhandels deuteten darauf hin, dass die klassischen Buchhändler an der Ecke wieder mehr Zulauf haben. Denn online bestellen kann man Bücher auch direkt in der Buchhandlung. Dazu musste nie erst ein cleverer Verkäufer aus den USA kommen. Aber die Buchhandlung hat noch ganz andere Vorteile: Die meisten neuen Bücher kann man hier auch in die Hand nehmen, kann kurz reinblättern, hat gleich ein Gefühl dafür, ob es das richtige Buch ist. Was man bei Online-Käufen meist nicht weiß. Auch die dortigen Bewertungen und Kundenrezensionen sind selten eine gute Orientierung.
Und es kommt hinzu: Die Leipziger Buchhändler kennen meist nicht nur die Hitlisten-Titel, sie kennen auch die meisten Veröffentlichungen heimischer Verlage und Autoren. Und in Mitteldeutschland leben noch eine ganze Menge wirklich lesenswerter Autoren.
Und einige wohnen auch gleich um die Ecke. So wie Ralph Grüneberger, den die L-IZ-Leser als Lyriker und Herausgeber der Reihe “Poesiealbum neu” kennen.
Dass die Buchhandlung wieder aufmacht, das verdiene Hochachtung und Unterstützung, sagte sich der Schriftsteller, der gleich im Carrée zu Hause ist, und sprach eine Reihe seiner Kolleginnen und Kollegen an, mit ihm die Buchhandlung zu unterstützen.
Ergebnis der kurzen Rundruf-Aktion: Seit dem 4. Dezember, rechtzeitig vor dem 2. Advent, lädt unter dem Motto “Signierte Bücher – verschiedener Genres” eigens ein Regal mit signierten Büchern in der Buchhandlung zum Kauf ein. Die Breite des Angebotes reicht vom Kinderbuch über den Roman, den Erzählung- und Lyrikband bis zu Kriminalgeschichten und Hörbüchern.
Für die erste “Kollektion” konnten Matthias Biskupek, Carl-Christian Elze, Ulla Hahn, Josef Haslinger, Kerstin Hensel, Gustav Lüder, Gerhard Pötzsch, Lutz Rathenow, Petra Steps und Regula Venske gewonnen werden. Dabei spendet die Mehrzahl der Schriftstellerinnen und Schriftsteller den Erlös ihrer Werke der von Grüneberger geleiteten Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik, die wiederum in eben dieser Buchhandlung aktuelle Titel für die “Leipziger Lyrikbibliothek” ankaufen will. Die landen dann am Wilhelm-Leuschner-Platz, denn die Leipziger Lyrikbibliothek kann man in den Räumen der Leipziger Stadtbibliothek besuchen.
In Vorbereitung der Leipziger Buchmesse 2016 soll das dann hoffentlich leer gekaufte Regal erneut bestückt werden. Als Mitglied des deutschen PEN-Zentrums bittet Ralph Grüneberger gerade in diesem Umfeld weiterhin seine Kolleginnen und Kollegen um Unterstützung.
Keine Kommentare bisher
Ich verstehe auch nicht, warum so viele auf den Online-Bucheinkauf so abfahren, zumal, was die preisgebundenen Bücher angeht. Der Onlineeinkauf dauert dann länger als die Vor-Ort-Bestellung.
In einem elektronischen Katalog steht außerdem nicht drin, welche Bücher “in der Nähe” stehen, also auf “demselben Regal”. Das gilt auch für Leihbibliotheken, auch sogar für wissenschaftliche Bibliotheken.
Ein Regalspaziergang beim Buchhändler oder in einer Bibliothek kann unfassbar erhellend sein.