Viele Dienstanbieter im Internet waren nach der Offenlegung durch Edward Snowden รผber das MaรŸ an staatlicher รœberwachung ihrer Dienste รผberrascht. Das Misstrauen gegenรผber groรŸen Anbietern wuchs von Verรถffentlichung zu Verรถffentlichung in der Bevรถlkerung. Die Dresdner IT-Firma datenkollektiv.net startet im Oktober ihren regulรคren Betrieb und bietet neben E-Mails einen eigenen Cloud-Speicher an. Es ist einer von mehreren deutschen Anbietern, dem Datenschutz am Herzen liegt.

Die Daten jedes Internetnutzers schweben quer durch die Welt. Ob nun zu Kabel oder zu Luft melden sich Millionen Menschen tรคglich bei Anbietern im Internet an. Wo die Daten gerade gespeichert sind, wissen mitunter noch nicht einmal die Anbieter selbst. Die Nutzer schreiben E-Mails, tauschen Bilder aus, lesen Artikel.

Die IT-Firma datenkollektiv.net GbR aus Dresden will den frei umher schwebenden Daten mit ihrem neuen Angebot zumindest in bestimmten Bereichen Einhalt gebieten. โ€žDie meiste Kommunikation findet auch im Zeitalter der Globalisierung regional stattโ€œ, heiรŸt es in einer Pressemitteilung vom Dienstag. โ€žEs gibt keinen Grund, eine Mail รผber Finnland zu senden, wenn der Adressat im gleichen Bundesland wohnt.โ€œ

Das Angebot ist zu verstehen als Antwort auf die Enthรผllungen durch Edward Snowden. Wie bekannt wurde, existierten Rahmenvertrรคge von groรŸen US-amerikanischen Providern mit Geheimdiensten vor Ort. Der britische Geheimdienst GCHQ und die NSA unternahmen auch gezielte Angriffe, um international Daten abzugreifen. Das AusmaรŸ der deutschen Beteiligung an den รœberwachungsmaรŸnahmen ist bis heute nicht vollstรคndig aufgeklรคrt.

โ€žDie Dezentralisierung von Kommunikationsdiensten bringt natรผrlich keine absolute Sicherheit, aber erschwert die Massenรผberwachung durch Geheimdienste erheblichโ€œ, ist sich Florian Rasch gewiss. Er ist einer der Grรผnder des sogenannten Datenkollektivs. โ€žDas Datenkollektiv heiรŸt natรผrlich nicht so, weil es Daten sammeln wรผrdeโ€œ, gibt die Pressemitteilung Entwarnung und bezieht sich nur auf die Arbeitsweise, im โ€žKollektivbetrieb ohne Chef und Hierarchienโ€œ zu arbeiten.

Im Gegensatz zu Facebook oder Google, wo Einnahmen durch personenbezogene Werbung und statistische Erfassung des Nutzerverhaltens generiert werden, gibt es bei den Dresdnern keinerlei Werbung. Das Angebot kostet ab einen Euro pro Monat. Die Rechnung kann auf Wunsch per Post oder im Bรผro in der FrรผhlingstraรŸe 14 in Dresden beglichen werden.

E-Mail Made In Germany

GroรŸe deutsche Anbieter, wie Telekom, GMX, Freenet, etc., reagierten vor zwei Jahren bereits auf den รœberwachungsskandal mit der Initiative E-Mail Made In Germany. Wer sich vor Snowdens Verรถffentlichungen mit den quasi aktuellen Sicherheitsstandards von E-Mail Diensten befasst hatte, konnte dieses Projekt nur belรคcheln. Durchgรคngiger verschlรผsselter Datentransport wurde als besonders sicher vermarktet, obwohl es in der Branche durch viele Unternehmen bereits umgesetzt wurde.

Die Initiative versuchte ebenfalls eventuelle Angriffsmรถglichkeiten zu minimieren, indem beim Versand von E-Mails zwischen den Servern kryptografisch รผberprรผft wurde, ob diese die sind, fรผr die sie sich ausgeben. Eine gute Idee, allerdings zu kurz gedacht, denn jede E-Mail die an einen Anbieter auรŸerhalb dieser vertrauten Umgebung geschickt wird, unterliegt nicht mehr dieser expliziten Vertrauensprรผfung. Zudem existieren immer noch schlecht gewartete E-Mail-Dienste, die รผberhaupt keine Verschlรผsselung unterstรผtzen.

Die adรคquate technische Antwort wรคre eine sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlรผsselung gewesen. Hierbei wird in der Regel noch auf dem Endgerรคt die Nachricht verschlรผsselt, wird dann erst dem Anbieter รผbermittelt und landet zum Schluss beim Empfรคnger. Nur der Empfรคnger kann die Nachricht รถffnen, wenn sie fรผr ihn bestimmt ist.

Digitaler Selbstschutz

Dennoch muss man sich als Internetnutzer nicht unbedingt immer auf entsprechende Anbieter verlassen. Werkzeuge wie โ€žPretty Good Privacyโ€œ (PGP) โ€“ zu Deutsch โ€žZiemlich gute Privatsphรคreโ€œ โ€“ bieten bereits seit Jahrzehnten Ende-zu-Ende-Verschlรผsselung an. Frei und kostenlos verfรผgbare Software ist im Laufe der Jahre entstanden, die diesen Standard unterstรผtzt. Bei vielen freien Betriebssystemen aus dem Linux-Umfeld sind entsprechende Lรถsungen meist vorinstalliert.

Andere Anbieter setzten ebenfalls auf solche Systeme. Der E-Mail-Provider mailbox.org unterstรผtzt beispielsweise die Verschlรผsselung von E-Mails beim Empfang durch den Provider. Dadurch ist der Nachrichten-Transport zwar nicht zwangslรคufig verschlรผsselt, sollte allerdings durch unglรผckliche Umstรคnde jemand an die Anmeldedaten des Kontos kommen, wรคre es dieser Person nicht mรถglich, die E-Mails zu lesen. Dies kann nur der Besitzer, der die Verschlรผsselung eingerichtet hat.

Auch bei den immer beliebter werdenden Cloud-Diensten gibt es mittlerweile eine Vielzahl von freier Software. Hier wรคren beispielsweise die frei verfรผgbaren Open-Source-Lรถsungen Owncloud oder die Kolab-Groupware zu nennen, letztere wird fรผr die Stadtverwaltung in Mรผnchen im sogenannten LiMux-Projekt eingesetzt.

Allerdings kann und will nicht jeder seine eigenen Dienste von Zuhause oder von einem eigens angemieteten Server bereitstellen. Fรผr diese Nutzer sind die Angebote wie von datenkollektiv.net gedacht.

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